Seit wenigen Tagen ist eine neue Ausgabe des "Magazins für den unterschlagenen Film" erhältlich, und es ist mal wieder eine schöne Schatzhöhle für das Unterrepräsentierte im Filmgeschehen geworden (und nein, das schreibe ich jetzt nicht, weil ich da selber schreibe). Hier die offizielle
Website.
Im
Editorial ist, natürlich, die Beschlagnahmung von
Blood Feast Thema (
Presseschau|
Petition), und es werden erwartungsgemäß harte Worte gewählt: Ausgehend von der Tatsache, dass die Programmanbieter zu beschlagnahmender Titel im Verfahren noch nicht mal, trotz möglichen Freiheitsentzugs von bis zu einem Jahr, angehört werden, vermutet Thomas Schweer
"diktatorische Machtgelüste, in denen sich einige Ausgewählte anmaßen dürfen, dem minderwertigen Volk vorzuschreiben, was es gucken, genießen und erwerben darf."In der
Bücherstube bespricht Bodo Traber
Dirty Harry. Don Siegel und seine Filme von
Frank Arnold (
"schnörkellos, präzis und fesselnd"), das
Peter-Jackson-Buch der gelben
Schüren-Reihe (der Spagat zwischen kommerziellem Fanbuch und analytischem Ansatz
"gelingt nicht immer ganz") und den
2003-Ergänzungsband des "Lexikon des internationalen Film" (
"wenn Sie sich ohnehin nur ein Filmbuch im Jahr kaufen, dann ist es dieses"). Eine Seite weiter bespricht Traber das Hörspiel
Interview mit einem Monster von
Jörg Buttgereit, in dem ein ausführliches Interview mit
Haruo Nakajima, langjähriger
Godzilla-Darsteller, mit einem Überblick über die Geschichte der
kaiju eiga ("Riesenmonsterfilme") gekreuzt wird. Genau darunter dann Sven Regenstein mit einer Besprechung von
Kuru - Der lachende Tod (ein "Kunstkopfsplatterhörspiel" verrät das Cover,
hier Weiteres), das
"nahtlos an die filmischen Kannibalen-Klassiker der 80er Jahre" anknüpfe und
"somit nicht viel Neues" biete. Wenig Begeisterung also.
"Zugute halten muß man KURU allerdings, daß es recht aufwendig produziert wurde.".
Der erste ausführliche Artikel - und für solche muss man die S.I. einfach lieben - ist dann von
Arno Meteling:
Melancholie und Groteske - Vaterlose Gesellschaft in den Filmen Guillermo Del Toros nennt sich die angenehm breit angelegte Werkschau dieses Genre-Auteurs, der
"auch in Hollywood-Auftragsarbeiten [...] ein künstlerisches Projekt" verfolge. Meteling weist dies im Folgenden nach, auch Del Toros jüngster Film,
Hellboy, wird in der Beobachtung bereits berücksichtigt. Andreas Rauscher bespricht den Film zudem ausführlich.
Interviews mit Ikonen des B- und C-Movies sind zudem eine Spezialität des Magazins: Diesmal wurde
Brad Harris, Darsteller in Dutzenden von wilden 70er-Räuberpistolen und 80er-Tv-Serien, vor das Mikrofon gesetzt. Das Interview ist zweitgeteilt, im nächsten Heft geht's weiter. Wie immer zeichnen sich die Interviewer durch ausgezeichnetes Fachwissen aus, entsprechend erkenntnis- und inforeich das Gespräch.
Der Mainzer Filmwissenschaftler
Marcus Stiglegger beobachtet schließlich in seinem
Zur filmischen Reflexion der schwarzen Romantik untertitelten Aufsatz das
Gothic Cinema und konzentriert sich dabei auf jüngste Inkarnationen der
Gothic-Ästhetik in Filmen von
Tim Burton oder Blockbuster-Spektakeln wie
Königin der Verdammten,
The Crow und anderen. Wie stets eine lesenswerte Auseinandersetzung zwischen wissenschaftlicher Akkuratheit und mit philosophisch-bildungsbürgerlichem Kolorit angereichere Conaissance.
Keine Reise durch die Wunderwelten des vornehmlich italienischen Genrekinos diesmal mit
Christian Keßler, doch hält man sich dennoch im mediterranen Bereich auf: Bereits vor einigen Jahren hat er sich mit der italienischen Genre-Schauspielerin
Dagmar Lassander unterhalten, in der aktuellen Ausgabe findet sich das Interview nun endlich dokumentiert. Lassander hat mit allen namhaften Regisseuren des italienischen Pulp-Kinos zusammengearbeitet.
In den
Pornotions ist natürlich der Fall
Darius James primärer Aufhänger. Lenzl4 hat sich mit
Anita Rinaldi, Produzentin und Verfechterin der Safe-Linie, über das Biz und Kondome in Pornos unterhalten. Shamway bespricht einen obskuren Porno namens
Space Nuts, eine aufwändig ausgestattete
Star-Wars-Porno-Variante und
Loaded (
"Aufwändige Kamerafahrten, eine gute, interessante Story, brillante schauspielerische Leistungen und witzige Dialoge [...] ein wirklich exzellenter Pornofilm für alle, die nicht gleich beim Drücken der Play-Taste den Hosenschlitz öffnen, sondern sich in Sexszenen hineinführen lassen wollen"). Ausserdem ein Portrait von
Private (
"immer noch die größe Pornoproduktionsfirma der Welt").
Die
Baddie-Ecke beschäftigt sich diesmal mit dem, scheint's, außergewöhnlich debilen
Invasion of the Blood Farmers (US 1972), der in jeder Hinsicht Qualitätsstandards der Filmproduktion zu unterbieten scheint: Der Film
"fällt klar in die Rubrik "blöd und blutig" und macht - genügend Bierseeligkeit vorausgesetzt - richtig Spaß", so Thomas Schweer in seinem Fazit.
Neben kiloweise (!!) DVD-Besprechungen zu hiesigen Neuerscheinungen der letzten Wochen - vornehmlich, natürlich, andernorts kaum beachtete Titel - findet sich im
DVD-Scan ein ausführliches Special zur
Arkoff-Library, die
Icestorm derzeit auf den Markt bringt: Kiloweise Sci-Fi- und Horror-Trash von Produzent Samuel Arkoff mit Titeln wie
War of The Collosal Beast,
How to Make a Monster oder
Day The World Ended (Corman!).
Asian Fruits! Jens Niedzielski bespricht den Pang-Film
One Take Only (
"sehr ansprechendes, individuelles Kino, mit sehr eigenem Flair, Rhythmus und Ästhetik. Für Asienfans und alle, die es immer noch nicht sind.") und den südkoreanischen Horrorfilm
Into the Mirror von Kim Sung-Ho, der nicht auf der derzeit angesagten Welle des Japan-Horrors mitschwimme, sondern
"einige sehr eigenständige Ideen" entwickele. Nicht gefallen hat ihm der südkoreanische
Natural City von Byung-Chun Min, der ihm zum Anlass dient, Überlegungen zum derzeit wenig überzeugenden Status des koranischen Kinos anzustellen. Der Film selbst bleibe weit hinter seinem Potential zurück:
"Schade um das verschenkte, hochklassige Potential. Heiko Hanel stellt das
Duel-Project und dessen beiden Filme
2DLK (
filmz) und
Aragami (
filmz) vor, ein kurzes
Interview mit 2LDK-Regisseur
Yukihiko Tsutsumi gibt's auch noch. Ivo Ritzer bespricht den in Japan hocherfolgreichen
Battlefield Baseball, in seinen Augen jedoch eher eine
"filmische Arschbombe". Dirk Gerbode dann noch knapp zu dem Anmie
Cat Soup -
"Absonderlich, herzallerliebst und sehr, sehr seltsam."Film Reviews! Bodo Traber über den deutschen, von Spiegel-Kritiker
Lars Olav-Beier geschriebenen Thriller
Lautlos:
"Ein Genre-Film der A-Klasse [...] man kann den X-Filmern nur wünschen, daß sich dieser Versuch auch kommerziell lohnen wird.". A.C.Horn über
Wonderland, der sich als
"fiktionalisiertes True-Crime-Drama im Drogenmilieu Hollywoods" der Biografie von Porno-Legende
John Holmes (gespielt von
Val Kilmer) nähert: Unterm Strich bleibe viel
"belangloser Talkie Talkie ohne Wirkung" übrig.
Stefan Höltgen bespricht
Blueberry, der ihm ganz und gar nicht gefallen hat (
"sedierendes Filmerlebnis"), Dario Argentos allerorts als gründlich mißraten eingeschätzen
The Card Player, der ihn gar heilige Kühe schlachten lässt (
"mangelndes Talent, das meint, sich [...] nicht mehr länger verstecken zu müssen"), Tobe Hoopers Remake von
The Toolbox Murderers, der ihm sehr gut gefallen hat (
"sehr ansprechende(n) Optik") und das Remake von
Dawn of the Dead, dem er sich, wenngleich begeistert, eher analytisch nähert. Andreas Rauscher war von
Kill Bill 2 zwar angetan, doch bliebe ein Nachgeschmack zurück: Wer den einen Teil liebt, wird den anderen kaum mögen können - es bliebe, je nach Facon, immer nur ein halber Film.
Ich selbst habe
The Punisher besprochen (und einige DVDs): Mir hat's im wesentlichen gefallen und ich freue mich schon auf ein Sequel, das den Regeln des Sequels gehorcht.
Übliches in den obligatorischen Kategorien
Die Angst sitzt neben Dir (Ergänzungen zu
Frank Trebbins Horror-Lexikon),
Jungmutationen (Amateurfilme) und
News (News).