6/5/2004

Interview mit Herschell Gordon Lewis

Das Punkrockmagazin OX hat sich ausführlich mit Herschell Gordon Lewis (Website), Regisseur des (Sie wissen es ja bereits) kürzlich hierzulande beschlagnahmten Blood Feast, unterhalten. Leider nicht online einsehbar, aber ein hilfsbereiter Mensch hat die Seiten einfach eingescannt (bandbreitenintensiv!):

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Neu: Splatting Image #58

Seit wenigen Tagen ist eine neue Ausgabe des "Magazins für den unterschlagenen Film" erhältlich, und es ist mal wieder eine schöne Schatzhöhle für das Unterrepräsentierte im Filmgeschehen geworden (und nein, das schreibe ich jetzt nicht, weil ich da selber schreibe). Hier die offizielle Website.

Im Editorial ist, natürlich, die Beschlagnahmung von Blood Feast Thema (Presseschau|Petition), und es werden erwartungsgemäß harte Worte gewählt: Ausgehend von der Tatsache, dass die Programmanbieter zu beschlagnahmender Titel im Verfahren noch nicht mal, trotz möglichen Freiheitsentzugs von bis zu einem Jahr, angehört werden, vermutet Thomas Schweer "diktatorische Machtgelüste, in denen sich einige Ausgewählte anmaßen dürfen, dem minderwertigen Volk vorzuschreiben, was es gucken, genießen und erwerben darf."

In der Bücherstube bespricht Bodo Traber Dirty Harry. Don Siegel und seine Filme von Frank Arnold ("schnörkellos, präzis und fesselnd"), das Peter-Jackson-Buch der gelben Schüren-Reihe (der Spagat zwischen kommerziellem Fanbuch und analytischem Ansatz "gelingt nicht immer ganz") und den 2003-Ergänzungsband des "Lexikon des internationalen Film" ("wenn Sie sich ohnehin nur ein Filmbuch im Jahr kaufen, dann ist es dieses"). Eine Seite weiter bespricht Traber das Hörspiel Interview mit einem Monster von Jörg Buttgereit, in dem ein ausführliches Interview mit Haruo Nakajima, langjähriger Godzilla-Darsteller, mit einem Überblick über die Geschichte der kaiju eiga ("Riesenmonsterfilme") gekreuzt wird. Genau darunter dann Sven Regenstein mit einer Besprechung von Kuru - Der lachende Tod (ein "Kunstkopfsplatterhörspiel" verrät das Cover, hier Weiteres), das "nahtlos an die filmischen Kannibalen-Klassiker der 80er Jahre" anknüpfe und "somit nicht viel Neues" biete. Wenig Begeisterung also. "Zugute halten muß man KURU allerdings, daß es recht aufwendig produziert wurde.".

Der erste ausführliche Artikel - und für solche muss man die S.I. einfach lieben - ist dann von Arno Meteling: Melancholie und Groteske - Vaterlose Gesellschaft in den Filmen Guillermo Del Toros nennt sich die angenehm breit angelegte Werkschau dieses Genre-Auteurs, der "auch in Hollywood-Auftragsarbeiten [...] ein künstlerisches Projekt" verfolge. Meteling weist dies im Folgenden nach, auch Del Toros jüngster Film, Hellboy, wird in der Beobachtung bereits berücksichtigt. Andreas Rauscher bespricht den Film zudem ausführlich.

Interviews mit Ikonen des B- und C-Movies sind zudem eine Spezialität des Magazins: Diesmal wurde Brad Harris, Darsteller in Dutzenden von wilden 70er-Räuberpistolen und 80er-Tv-Serien, vor das Mikrofon gesetzt. Das Interview ist zweitgeteilt, im nächsten Heft geht's weiter. Wie immer zeichnen sich die Interviewer durch ausgezeichnetes Fachwissen aus, entsprechend erkenntnis- und inforeich das Gespräch.

Der Mainzer Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger beobachtet schließlich in seinem Zur filmischen Reflexion der schwarzen Romantik untertitelten Aufsatz das Gothic Cinema und konzentriert sich dabei auf jüngste Inkarnationen der Gothic-Ästhetik in Filmen von Tim Burton oder Blockbuster-Spektakeln wie Königin der Verdammten, The Crow und anderen. Wie stets eine lesenswerte Auseinandersetzung zwischen wissenschaftlicher Akkuratheit und mit philosophisch-bildungsbürgerlichem Kolorit angereichere Conaissance.

Keine Reise durch die Wunderwelten des vornehmlich italienischen Genrekinos diesmal mit Christian Keßler, doch hält man sich dennoch im mediterranen Bereich auf: Bereits vor einigen Jahren hat er sich mit der italienischen Genre-Schauspielerin Dagmar Lassander unterhalten, in der aktuellen Ausgabe findet sich das Interview nun endlich dokumentiert. Lassander hat mit allen namhaften Regisseuren des italienischen Pulp-Kinos zusammengearbeitet.

In den Pornotions ist natürlich der Fall Darius James primärer Aufhänger. Lenzl4 hat sich mit Anita Rinaldi, Produzentin und Verfechterin der Safe-Linie, über das Biz und Kondome in Pornos unterhalten. Shamway bespricht einen obskuren Porno namens Space Nuts, eine aufwändig ausgestattete Star-Wars-Porno-Variante und Loaded ("Aufwändige Kamerafahrten, eine gute, interessante Story, brillante schauspielerische Leistungen und witzige Dialoge [...] ein wirklich exzellenter Pornofilm für alle, die nicht gleich beim Drücken der Play-Taste den Hosenschlitz öffnen, sondern sich in Sexszenen hineinführen lassen wollen"). Ausserdem ein Portrait von Private ("immer noch die größe Pornoproduktionsfirma der Welt").

Die Baddie-Ecke beschäftigt sich diesmal mit dem, scheint's, außergewöhnlich debilen Invasion of the Blood Farmers (US 1972), der in jeder Hinsicht Qualitätsstandards der Filmproduktion zu unterbieten scheint: Der Film "fällt klar in die Rubrik "blöd und blutig" und macht - genügend Bierseeligkeit vorausgesetzt - richtig Spaß", so Thomas Schweer in seinem Fazit.

Neben kiloweise (!!) DVD-Besprechungen zu hiesigen Neuerscheinungen der letzten Wochen - vornehmlich, natürlich, andernorts kaum beachtete Titel - findet sich im DVD-Scan ein ausführliches Special zur Arkoff-Library, die Icestorm derzeit auf den Markt bringt: Kiloweise Sci-Fi- und Horror-Trash von Produzent Samuel Arkoff mit Titeln wie War of The Collosal Beast, How to Make a Monster oder Day The World Ended (Corman!).

Asian Fruits! Jens Niedzielski bespricht den Pang-Film One Take Only ("sehr ansprechendes, individuelles Kino, mit sehr eigenem Flair, Rhythmus und Ästhetik. Für Asienfans und alle, die es immer noch nicht sind.") und den südkoreanischen Horrorfilm Into the Mirror von Kim Sung-Ho, der nicht auf der derzeit angesagten Welle des Japan-Horrors mitschwimme, sondern "einige sehr eigenständige Ideen" entwickele. Nicht gefallen hat ihm der südkoreanische Natural City von Byung-Chun Min, der ihm zum Anlass dient, Überlegungen zum derzeit wenig überzeugenden Status des koranischen Kinos anzustellen. Der Film selbst bleibe weit hinter seinem Potential zurück: "Schade um das verschenkte, hochklassige Potential. Heiko Hanel stellt das Duel-Project und dessen beiden Filme 2DLK (filmz) und Aragami (filmz) vor, ein kurzes Interview mit 2LDK-Regisseur Yukihiko Tsutsumi gibt's auch noch. Ivo Ritzer bespricht den in Japan hocherfolgreichen Battlefield Baseball, in seinen Augen jedoch eher eine "filmische Arschbombe". Dirk Gerbode dann noch knapp zu dem Anmie Cat Soup - "Absonderlich, herzallerliebst und sehr, sehr seltsam."

Film Reviews! Bodo Traber über den deutschen, von Spiegel-Kritiker Lars Olav-Beier geschriebenen Thriller Lautlos: "Ein Genre-Film der A-Klasse [...] man kann den X-Filmern nur wünschen, daß sich dieser Versuch auch kommerziell lohnen wird.". A.C.Horn über Wonderland, der sich als "fiktionalisiertes True-Crime-Drama im Drogenmilieu Hollywoods" der Biografie von Porno-Legende John Holmes (gespielt von Val Kilmer) nähert: Unterm Strich bleibe viel "belangloser Talkie Talkie ohne Wirkung" übrig. Stefan Höltgen bespricht Blueberry, der ihm ganz und gar nicht gefallen hat ("sedierendes Filmerlebnis"), Dario Argentos allerorts als gründlich mißraten eingeschätzen The Card Player, der ihn gar heilige Kühe schlachten lässt ("mangelndes Talent, das meint, sich [...] nicht mehr länger verstecken zu müssen"), Tobe Hoopers Remake von The Toolbox Murderers, der ihm sehr gut gefallen hat ("sehr ansprechende(n) Optik") und das Remake von Dawn of the Dead, dem er sich, wenngleich begeistert, eher analytisch nähert. Andreas Rauscher war von Kill Bill 2 zwar angetan, doch bliebe ein Nachgeschmack zurück: Wer den einen Teil liebt, wird den anderen kaum mögen können - es bliebe, je nach Facon, immer nur ein halber Film. Ich selbst habe The Punisher besprochen (und einige DVDs): Mir hat's im wesentlichen gefallen und ich freue mich schon auf ein Sequel, das den Regeln des Sequels gehorcht.

Übliches in den obligatorischen Kategorien Die Angst sitzt neben Dir (Ergänzungen zu Frank Trebbins Horror-Lexikon), Jungmutationen (Amateurfilme) und News (News).

6/4/2004

Trigon Film

Der großartige Schweizer Weltkino-Verleih Trigon hat auch ein Magazin. Leider ist nichts davon online nachzulesen (online abonnierbar aber ist das Heft). Hier die Zusammenfassung von Nummer 24:

Dem bosnischen Publikumsliebling «Gori vatra» von Pjer Zalica widmet sich das Magazin 24. Es enthält neben einer Filmbesprechung von Walter Ruggle auch einen Beitrag zum Kino in der Region von Bernd Buder und ein Gespräch von Julia Kospach mit dem Schriftsteller Dzevad Karahasan zum Thema Grenzen. Aus Anlass von Yoji Yamadas «The Twilight Samurai», der 2004 als japanischer Beitrag im Oscarrennen stand, und weiteren Filmen, die die Figur des Samurais ins Zentrum rückten, betrachtet Nathalie Bao das Genre des Samurai-Films und die Hintergründe zur Kriegerkaste etwas genauer. Walter Ruggle zeigt in seinem Beitrag zu «Narradores de Javé», wie die brasilianische Regisseurin Eliane Caffé in ihrem witzigen und klugen Spielfilm gekonnt an die lateinamerikanische Erzähltradition knüpft. Darüber hinaus ist in der Nachlese die Rede von Joschka Fischer auf Fernando Solanas zu lesen, dem an der Berlinale 2004 der Goldene Ehrenbär für sein Lebenswerk verliehen wurde.

Die Geschichte des Joe Eszterhas

In der SZ am Wochenende erzählt Tobias Kniebe die Geschichte des Joe Eszterhas, der einst ein mächtiger Mann in Hollywood war:

Dies ist eine traurige Geschichte. Sie handelt unter anderem davon, wie ich mal gemeinsam mit meinem Freund Richard Pleuger den bestbezahlten Drehbuchautor der Welt besuchte. Einen Mann namens Joe Eszterhas, von dem Hollywood nie wieder ein Drehbuch kaufen wird, der beinah vergessen ist, der inzwischen in Cleveland/Ohio lebt, weder raucht noch trinkt, der zu Gott gefunden hat. Dass alles so enden würde, war damals, im Sommer 1995, nicht abzusehen.

Wir erfahren, dass Estzerhas seine Autobiografie - "Hollywood Animal" - geschrieben, dass er Sharon Stone gevögelt hat (aber nur einmal), und wir erfahren, warum er einst für seine Chuzpe bewundert wurde:

Es gab mal eine Zeit, da galt Joe Eszterhas als mutiger motherfucker. Weil er in dem Moment, als ganz Hollywood unter der Terrorherrschaft des so genannten Superagenten Michael Ovitz litt, als einziger den Mumm hatte, offen gegen diesen Mann zu rebellieren. Er schrieb ihm einen Brief, der mit "Fuck You, Mike" endete. Und sorgte dann dafür, dass dieser Brief in der Stadt kursierte. Kein millionenschwerer Schauspieler hatte diesen Mut, kein Superproduzent. Aber eben Joe Eszterhas. Er hatte ein kämpferisches linkes Immigrantenherz. Er dachte sich stets: Du mich auch!

Merkwürdige Pointe des Ganzen: Auf der Titelseite der jüngsten Variety-Ausgabe wird über Michael Ovitz eine ganz ähnliche Geschichte erzählt. Der Mann ist verschwunden, sang- und klanglos. In Hollywood vergeht der Ruhm der Welt schnell und brutal.

Die SZ ist online, als E-Paper, für das man sich registrieren muss, das nicht verlinkt werden kann. (Richtig, die spinnen, die Münchner.)

Freitag: Walid Raad: Atlas Group, Die Spielwütigen

Max Glauner stellt heute den listigen Medienkünstler Walid Raad und die zuletzt unter anderem auf der Documenta 2002 prominent vertretene Atlas Group vor:

Das beschriebene Pressefoto stammt aus einem Archiv des 1967 im Libanon geborenen und in New York und Beirut lebenden Walid Ra´ad. Es ist Teil des 1999 von ihm initiierten Projektes Atlas Group, das kollaborativ die neuere Geschichte des Libanon, insbesondere des 15-jährigen Bürgerkriegs zwischen 1975 und 1991, in Bild- und Fotoarchiven, Videodokumentationen und Lecture-Performances kritisch rekonstruiert. Die Atlas Group legt damit ein verstörendes Palimpsest postkolonialer Konflikte frei. Ihr gelingt das überzeugend, indem sie gängige Dokumentationsformen durchbricht. Sie reflektiert die medial-politischen und sozialen Implikationen ihrer Rekonstruktion: Was repräsentiert das Dokument? Welche Macht setzt es? In welchem Kontext wird es wie und von wem gelesen?

Heute und morgend Abend [Korrektur: Morgen und übermorgen Abend, E.K.] gibt es im Berliner "Haus der Kulturen der Welt" die Gelegenheit, Walid Raad bei einer Lecture Performance zu erleben.

Außerdem: Matthias Dell besprichtAndres Veiels diesjährigen Panorama-Publikumspreis-Gewinner "Die Spielwütigen" (filmz), und zwar sehr freundlich:

Diese Ambivalenz des Rechthabens, die das existentielle Ringen um sich selbst der vier Spielwütigen umgürtet, macht den Reiz von Veiels Film aus. Der liefert so reichhaltige Indizien für die Entwicklung eines Lebenslaufs, dass man gar nicht mehr aufhören möchte, zuzusehen, um sich daraus Urteile zu formen. Für die Lust des Zuschauers spricht auch, dass Die Spielwütigen den Panorama-Publikumspreis auf der diesjährigen Berlinale erhielt - eine passendere Auszeichnung kann man sich nicht denken.

Liberation: Porno

Olivier Seguret macht sich Gedanken zum Porno und stellt gleich mal fest, dass die neuesten Kunstfilm-Ambitionen in diese Richtung mit dem Genre wenig zu tun haben:

D'abord parce que le statut de «porno» se mérite : il répond à des critères d'exigence précis qui vont bien au-delà de la simple image sexuelle. Quelques plans à caractère pornographique dans un film d'auteur (comme chez Bertrand Bonello, Catherine Breillat...) ne font pas un porno, loin de là. Le porno est un vrai genre, peut-être le dernier à être si catégorique dans sa définition, et il repose à ce titre sur une transaction implicite avec le spectateur.

Libération: Raymond Depardon

Der französische Dokumentar- und Spielfilmregisseur Raymond Dépardon ("Vom Westen unberührt", unsere Kurzkritik) hat mit "10e Chambre, instants d'audiences" eine Art Fortsetzung seiner vor zehn Jahren entstandenen Justiz-Dokumentation "Délits fragrants" gedreht:

De mai à juillet 2003, Raymond Depardon et son équipe ont obtenu l'autorisation, hors norme, de filmer le déroulement des audiences de la 10e chambre du tribunal correctionnel de Paris. Dix ans après Délits flagrants, c'est un nouveau témoignage sur le fonctionnement de la machine judiciaire, sa manière de révéler, de normer, voire de broyer, des vies ordinaires ­ de la conduite en état d'ivresse aux déférés de la nuit.

Libération hat dazu ein ausführliches Interview mit Depardon.

Bergfilm

Die wunderbare Website Mastersofcinema.org kooperiert seit kurzem mit dem britischen DVD-Produzenten Eureka. Das erste gemeinsame Angebot ist, curiouser and curiouser, Arnold Fancks "Der heilige Berg: Ein Heldenlied aus ragender Höhenwelt" mit Leni Riefenstahl. Hier die Website des Anbieters. Und hier ein (als Bilddatei gescanter) Essay dazu von Doug Cummings, aka Betreiber des filmjourney-Weblogs.

tp: Ende des Films, wie wir ihn kennen

Die Tage des Films sind gezählt, meint Wolf-Dieter Roth. Und zwar endgültig:

Im Kino laufen Filme – aber nicht mehr lange: Digital auf hochauflösendem Video (HDTV) zu drehen und das Material dann am Computer zu bearbeiten, ist längst nicht nur einfacher, sondern auch kostengünstiger als sich mit klassischem Film und Schnitt herumzuplagen. Nur der Speicherplatz ist noch ein Problem.

[via filmz]

NZZ: Britisches Kino

Von den wenn nicht immer, dann schon sehr lange währenden Problemen des britischen Films in seiner Heimat berichtet ein sehr langer Artikel von Georges Waser. Zunächst stellt er Deprimierendes fest:

Eine vom British Film Council im Sommer 2003 veröffentlichte Studie schien Erfreuliches zu vermelden: Noch nie seit 1971 hatten die Kinos Grossbritanniens in einem einzigen Jahr so viele Eintritte registriert. Und im Vergleich allein mit dem Vorjahr bedeuteten die an der Kasse bezahlten 755 Millionen Pfund eine Zunahme um 13 Prozent. Doch was haben sich diese Briten im Kino angesehen? Waren 1971 noch britische Filme wie «The Railway Children» und «Up Pompeii» unter den ersten zehn gewesen, schaffte es jetzt keine einzige britische Produktion unter die «Top 20». Schlimmer noch: Volle zehn Jahre lang war kein britischer Film auf der Top-20-Liste gewesen.

Jetzt aber gibt es Hoffnung, von eher unerwarteter Seite:

Zum unerwarteten Wohltäter am britischen Film scheint sich mittlerweile, das heisst mit der Bekanntgabe des neuen Budgets am 17. März, der Schatzkanzler der Regierung Blair gewandelt zu haben. Er nämlich verkündete, dass er die Streichung des Gesetzes für private Geldanleger mit einer neuen und direkten Begünstigung der Filmproduzenten wettmachen werde.

6/3/2004

Jeff Bridges Homepage

jeffbridges.com

Die Seite ist handgeschrieben, was zwar nicht unbedingt optimale Usability bringt, aber doch eine ganz hübsche Idee ist. Bridges' neuestes Projekt ist "Moguls" mit Regisseur Mike Traeger. Der Film soll ein "Porn meets Capra kind of thing" sein, wie man hier lesen kann.

[Via Prolific-> Quicklinks]

Fassbinders "Götter der Pest"

...wird heute um 00:10 auf Vox gesendet [TVInfo]. Ein verspäteter, aber vielleicht für manche der hier Mitlesenden nicht zu später Hinweis.

Nachtrag: Ich habe gerade gesehen, daß dieser TV-Tip(p) ohnehin auch Jump Cut-intern zu finden ist.

Dead fucking Presidents

"Dead Presidents" (Hughes & Hughes, USA 1995), von dem weiter unten gesagt ist, dass Hias Wrba ihn in der aktuellen SPEX für eine "akkurate Zustandsbeschreibung" hält, wird am 6.6. um 1.30 Uhr auf MDR ausgestrahlt. Die Programmzeitschrift weiss zu melden, dass der Film den unrühmlichen Rekord hält, 247 mal - which means 2,138 times a minute - das F-Word vorkommen zu lassen.

See for yourself.

In eigener Sache

Eine URL mit einem Slash drin ist immer so eine Sache. Sowas mag man eigentlich selten eintippen. Auch wenig effektiv ist es, erst eine Website anzusurfen, um anschließend dort den passenden Link anzuklicken.

Deshalb von uns für Sie ein kleines Entgegenkommen: Mit www.filmfilter.de.vu kommen Sie in Zukunft direkt auf unser kleines Serviceangebot. Die etwas unschöne Extension bitten wir zu übersehen, dafür ist's immerhin (für uns) gratis.

Film in der Spex

Vorgestellt wird von Oliver Tepl der Kölner "Raum für Projektion":

Der von Georg Graw und Ursula Böckler initiierte "Raum für Projektion" ist ein mobiler Ort, der die Atmosphären von Kino, Galerie, Kneipe, Plattenladen und Wohnzimmer in sich birgt. Das gleichnamige Label bietet ausserdem Space für verschiedene Projekte.

Space, so so. Jedenfalls: Zwei Kurzfilme sind auf dem Label erschienen, Wolfgang Burats Foto-DVD "80% Flash" und Céline Kellers Comicfilm-DVD "Turnaround" (wird demnächst auch bei Jump Cut besprochen; falls ich einen DVD-Player finde, der sie abspielen mag). Dies zu "Turnaround":

"Turnaround" ist ein bezaubernder Comicfilm, halb Bildsequenz, halb animiert, über Wendepunkte in Biographien, genetische Experimente und Verschiebungen sozialer Klischees. Traum und Alptraum in der Großstadt aus Bars, Clubs und Laboratoiren. Eine Geschichte mit Science-Fiction-Elementen, die Célin Keller zusammen mit Graw Böckler erdachte und dann zeichnerisch umsetzte.

Manfred Hermes widmet sich lang, breit, familienanalytisch der jetzt auch bei uns (Dienstag Nacht bei Vox) zu sehenden US-Begräbnisinstitutsserie "Six Feet Under":

"Six Feet Under" ist trotz seines ironischen Glanzes eigentlich gar nicht so weit vom Pathos des Pflichtbewusstseins und der Freudlosigkeit entfernt, die Corot an den "innigen" Familienszenen eines Greuze so sehr schätzte. Viele Jahrzehnte vor der Französischen Revolution erschienen ihm dessen tugendsame Gegenbilder zu den allein mit ihrer Liebesfähigkeit beschäftigten Menschenknäueln des Rokoko als Modell der Zukunft. Heute sieht das sicher wieder anders aus. "Six Feet Under" zeigt, dass vieles machbar und Sexualität längst in den Katalog der bürgerlichen Tugenden aufgenommen ist.

Vorgestellt werden zudem Filme auf DVD (von Hias Wrba): Blake Edwards "The Party" (1968), als der "ulitmative Eskalationsfilm"; "Dead Presidents" der Hughes-Brothers (1995) wird als "akkurate Zustandsbeschreibung" gelobt. "On the Beach" von Stanley Kramer (1959): "ebenso visionär wie schräg".

taz: oral/digital

Ute Hermanns interviewt Eliane Caffé, Regisseurin des Films "Geschichten aus Javé" (filmz):

Von einem Staudammbau in der brasilianischen Provinz erzählt der Spielfilm "Geschichten aus Javé". Ein Gespräch mit der Regisseurin Eliane Caffé über Lautmalereien und den Übergang von mündlicher zu filmischer Überlieferung

taz: Frau Caffé, wie kamen Sie dazu, einen Film über den Ort Javé zu drehen?

Eliane Caffé: Wir wollten nachzeichnen, wie die orale Kultur in eine Schriftkultur übergeht. Als wir am Drehbuch saßen, stellte sich die Frage, was ein Dorf dazu bringen könnte, seine Geschichte aufzuschreiben, obwohl eine orale Erzähltradition vorherrscht. Wir suchten nach einem plausiblen Grund. Ein Staudammbau wäre ein so heftiger Schicksalsschlag, dass er die Bewohner dazu bringen könnte. Denn nur mit einer geschriebenen, wissenschaftlich belegten Geschichte könnte das Dorf unter Denkmalschutz gestellt werden. Das böte die Möglichkeit, das Dorf zu retten.

FR: Fred Kelemen in Riga

Der deutsche Kunstfilmer, na sagen wir: KUNSTfilmer Fred Kelemen, in der Welt berühmter als zu Hause für seine Werke mit heftiger Osteuropa-, na sagen wir: Bela-Tarr-Wahlverwandtschaft, bietet in Riga einen Filmworkshop an. Thomas Medicus war da und berichtet.

Die Moskauer Straße ist Thema eines Workshops, den Fred Kelemen mit deutschen und lettischen Filmstudenten derzeit in Riga veranstaltet. Der unter Cineasten vor allem wegen seines Films Verhängnis international bekannte deutsche Filmregisseur ist nicht zum ersten Mal hier. Schon vor zwei Jahren hat er in der lettischen Hauptstadt einen Workshop angeboten, damals waren Die sieben Todsünden das Sujet. Teilnehmer sind wieder dieselben achtzehn Filmstudenten, die fünf Deutschen studieren an der Filmhochschule Konrad Wolf in Berlin-Babelsberg. Bis Mitte Juli, wenn der Workshop mit einer öffentlichen Vorführung offiziell endet, werden drei Dokumentationen entstehen, die Mehrzahl der Beiträge sind Spielfilmprojekte.

Kein gutes Haar lässt Anthony Kaufman in indiewire am italienischen Film der 90er Jahre (jedenfalls an dem, was die USA erreichte). Inzwischen sieht's wieder ein bisschen besser aus, meint er.

Blame Miramax, Giuseppe Tornatore, or the tourism industry for the mostly bland Italian cinema seen on U.S. screens in the 1990s. From "Cinema Paradiso" to "Il Postino," "Mediterraneo" to "Malena," Italian cinema has been synonymous with sun-dappled seas and young men ogling buxom beauties -- safe matinee fare catering to the graying baby-boomer specialized audience. In the last couple years, however, Italian cinema is looking less like a glossy travel brochure and more like a viable art-film industry.

Der Anlass ist eine New Yorker Serie, die neuere italienische Filme vorstellt. Einer davon hat es Kaufman ganz besonders angetan:

The unease of Italy's selfishness is more subtly and beautifully evoked in "The Miracle," a terse, captivating drama from Edoardo Winspeare ("Pizzicata"). After a 12-year-old boy survives a hit-and-run accident on his bicycle, he believes he may have special healing powers. Bathed in the golden light of southern Italy and the celestial highlights of Paolo Carnera's exquisite cinematography, "The Miracle" is far less spiritual than its title suggests, instead focusing on the down-to-earth, intimate transformations that take place between ordinary people. As the down-and-out father tries to sell his son's story to the media (echoing the desperate, exploitive Dad of "Caterina"), the boy develops a bond with the callous young woman who struck him.

[via Greencine]

FAZ: Kinotag

Dirk Schümer stellt das italienische Fernseh-Historien-Projekt "La meglio gioventù" als die italienische Version von "Heimat" vor (schon eine Weile in unserer Unsichtbarer-Film-Liste, hier etwas mehr dazu).

Ein mehr als sechsstündiges Epos, das vierzig Jahre italienischer Geschichte in Form einer Familienchronik nachzeichnet - das klingt nicht gerade nach einem Publikumsrenner. Und doch hat sich 'La meglio gioventù' (Die beste Jugend) von Marco Tullio Giordana mit Beharrlichkeit zu einem Kultfilm entwickelt, einem Schlüsselwerk mit Fangemeinde, Mammutvorführungen in Programmkinos und einer Sturzflut von Preisen - völlig außergewöhnlich für eine Fernsehproduktion, die in Italien jüngst zur besten Sendezeit ausgestrahlt wurde.

Der Trick des Ganzen, laut Schümer: Die Mittel des Melodrams werden hier in den Dienst des Porträts einer zerrissenen Gesellschaft gestellt. Dazu kommt, dass der einstige linke Aktivist Giordana (Jahrgang 1950) genauestens über die in seinem Film dargestellte Epoche Bescheid weiß.

Kein Geringerer als Dominik Graf (unser Porträt) stellt DVD-Editionen von Claude Sautets Film "Mado" ("eine seiner allerbesten Arbeiten") mit Michel Piccoli und Romy Schneider vor. Die französische Version von Studio Canal enthält zwar Extras, aber nur eine verstümmelte Fassung des Films - und keine englischen Untertitel. Sehr viel besser - zu Grafs Überraschung - die Version von Universal, ohne Extras zwar, aber zweisprachig und in der ursprünglichen Verleihfassung.

Andreas Kilb meldet kurz, dass die Filmstudios Babelsberg immer noch rote Zahlen schreiben und dass Universal Vivendi dringend verkaufen will - fragt sich nur, an wen.

Besprochen wird natürlich Cuaróns Potter-Variation. Michael Althen ist, auch wenn er nicht genau zu sagen vermag, was genau er nun als Leistung dem Regisseur zuschreiben soll, einigermaßen angetan.

Junge Welt: Kinotag?

Für den Filmfreund nicht gerade ergiebig, die Junge Welt diese Woche. Heute gar kein Artikel und gestern nur eine knappe Besprechung des bereits letzte Woche angelaufenen Die Mitte, einem, wie's scheint, recht amüsanten Dokumentarfilm über die Mitte Europas und wo man diese zu suchen habe (mit verschiedenen Optionen, versteht sich).

Interview mit Andres Veiel

Zum heute (vermutlich nicht allzu flächendeckend) anlaufenden Die Spielwütigen (filmz.de) hat sich die Jungle World ausführlich mit Regisseur Andres Veiel unterhalten.

Zuletzt schaffen Ihre Figuren alle den Schritt auf die erste Stufe der Unabhängigkeit, wenn sie einen Job finden. Trotzdem bleibt ein letztendlich ambivalentes Gefühl, wenn der Abspann läuft.

Das ist auch schön, dass man sich mit einem Dokumentarfilm auch noch mal anders unterstreichen lässt, dass das Leben halt nicht so ist, dass am Ende einfach die Belohnung kommt. So wie es oft in Spielfilmen erzählt wird. Das ist ja auch das Spannende, dass da, wo wir das Glück hinprojizieren, es eben gerade nicht ist. Davon muss ein Dokumentarfilm unbedingt erzählen. Das Leben ist ja kein Sozialkitsch, wo dann die Träume in Erfüllung gehen. Man hätte das aus dem Material gut schneiden können, aber ich habe ja bei der Auseinadersetzung wieder ganz klar gemerkt: Es ist gelogen, es stimmt einfach nicht.

Berliner Zeitung: Kinotag

Nach der klimabedingten Dürrewoche von letzter Woche kommen diesen Donnerstag nun wieder mehr Filme ins Kino, entsprechend mehr Artikel im wöchentlichen Kulturkalender: "Du bist aber groß geworden", staunt Wolfgang Fuhrmann zwar nicht wortwörtlich, aber sinngemäß über den neuen Harry Potter. Dem neuen Regisseur der Reihe, Alfonso Cuarón (man kennt ihn eigentlich von der jenseitigen Seite des Kinobetriebs, von dem mexikanischen Arthouse-Film Y Tu Mama También etwa), sei der Blick aufs britische Wetter geschuldet, der den Potter-Film in Zusammenspiel mit der Kameraarbeit und der ohnehin düsteren literarischen Vorlage dem Gothic Horror nahe bringe. Auch weiterhin nur lobende Worte. Christina Bylow bespricht Andreas Veiels "großartige[n] Dokumentarfilm über das Erwachsenwerden" Die Spielwütigen, der bereits auf der Berlinale der Kritik viel Wohlwollendes abdrücken konnte. Hier portraitiert der Regisseur von Black Box BRD vier Schauspielschüler, der Text dazu gibt sich vor allem mit viel Beschreibung zufrieden. The Road to Memphis nennt sich ein weiterer Film aus Scorseses Blues-Reihe. Auch Frank Junghänel belässt seine Besprechung weitgehend deskriptiv. Catherine Newmark geht da in ihrer Besprechung des dänischen Films Alt, neu, geliehen & blau schon etwas ambitionierter zu Werke: Natasha Arthys Film bemühe sich "aus den mehr oder weniger absurden Verwicklungen [...] komödiantisches Kapital zu schlagen." Doch wirke das alles "schwerfällig." "Nicht nur die Personenpsychologie, sondern auch die Dramaturgie" bliebe "auf der Strecke." Newmark ist verwirrt: "Worum es geht", wisse man oft nicht - "warum nur, warum tun die Personen in diesem Film, was sie tun?" Doch "einiges" sei auch "nett" (sie zählt allerdings nur weniges auf).

Zwei Artikel beschäftigen sich mit Film abseits des Kinobetriebs: Thomas Klein - ambitionierte Berliner Videothekenkunden mögen ihn vielleicht kennen - beobachtet das Verhältnis des us-amerikanischen Films zur arabischen Welt im eigenen In- und Ausland und betreibt überblicksartige Ursachenforschung. Und als hätte Bert Rebhandl letztens meinen Wunsch erhört, findet sich eine zugegeben nicht allzu umfangreiche Besprechung der DVD von The Manchurian Candidate. Schade vielleicht nur, dass man sich nicht eingehender mit der Qualität der Ausgabe auseinandersetzt.

6/2/2004

Starship Troopers 2: Hero of the Federation

Bei einer IMDB-Bewertung von 3.9 ist die ernsthafte Möglichkeit gegeben, dass es sich beim fürs US-Fernsehen produzierten Starship-Troopers-Sequel nicht gerade um ein Meistwerk handelt. Den Kollegen bei Greencine ist das freilich egal. Jonathan Marlow hat ein Interview mit dem Regisseur (und hauptberuflichen Stop-Motion-Special-Effect-Designer) Phil Tippett geführt und unter anderem dies erfahren:

Actually, to backtrack even further, I worked with Jon Davison in the mid-1970s on a couple Roger Corman pictures, one of which was Piranha. I did some stop motion work on it. Jon is a huge movie fan and loves stop motion work. We've been trying to make movies together for a long time. He was really the one that got some interest at Sony to do a sequel because the original Troopers didn't do well at the box office. We were having trouble floating a number of projects in Hollywood because they were too weird. This turned out to be the project where Jon and Ed Neumeier and I could be reunited. Because the budget was so low, that really was what had driven us to go the conventional horror route. It's the most convenient thing, if you don't have any money and you need to tell a story, it's got to be relegated to the horror gulag. We had to engineer the story to fit the budget.

PAL Speedup

Das ist eine schlichte Tatsache:

Movies are projected in the theatre at the well-known rate of 24 film frames per second. The PAL TV system (used in Europe, Australia and other places) projects images at a rate of 25 film frames per second. A problem thus arises when attempting to transfer a movie (24 fps) to PAL video (25 fps). The way this is normally done is to simply display 25 images from the film every second. That is, 25 frames from the film are being shown during a time interval within which 24 frames were supposed to be shown. The film is thus being projected 4% faster than intended by the director (25/24 = 1.04).

Es scheint nur keinen zu kümmern. Wir (Europäer) sehen also Filme, die wir im Fernsehen oder auf Video sehen, schlicht zu schnell. Und zwar um vier Prozent. Die Filme sind, auch ungekürzt, zu kurz und haben ein Bild pro Sekunde zu viel. Es ist nicht so, dass man das nicht merken kann, schon gar auf der Tonspur.

Das alles erklärt, an einem Bresson-Beispiel und aus der Sonderperspektive eines US-NTSC-Normal-Geschwindigkeits-Gewohnten Trond S. Trondsen. Ihn empört, dass US-DVDS oft von PAL (25 Bilder pro Sekunde) und nicht vom Film auf NTSC (24 Bilder pro Sekunde) transferiert werden und dadurch diesen Effekt - völlig unnötigerweise - übernehmen oder - auch nicht viel besser - der Transfer digital korrigiert und das Ganze dadurch gleich doppelt verfälscht wird. Dringend empfohlener Artikel.

[via filmjourney]

6/1/2004

Tagesspiegel, 02.06.

Herlinde Koelbl hat einen Dokumentarfilm zum Geständnis zur Bucherscheinung gemacht. Der Tagesspiegel hat sich mit ihr über das fertige Werk unterhalten: "Über den Film wollte er, wie er sagte, wieder mit sich selbst ins Gespräch kommen. Er hatte damals den Bezug zu sich verloren." Seine Wohnung sei zudem dreckig gewesen, schließlich war er ja drogensüchtig. (Stichwörter für google: stuckrad arschloch )

Zum 100. Geburtstag von Johnny Weissmüller ein kurzer Abriss über die Geschichte der Tarzan-Figur. Ist offenbar auch weit spannender als eine eigentlich naheliegendere Biografie Weissmüllers: "Weissmüller selbst, der zuletzt in einem Hotel in Las Vegas am Empfang arbeitete und seinen Lebensabend in Acapulco verbrachte, soll vor seinem Tod im Juni 1984 im Zustand zunehmender Umnachtung in der Klinik dröhnende Tarzanschreie ausgestoßen haben." Eigentlich blöder Abschluss sogleich darauf: "Jene Schreie, trotziger Einspruch gegen die Entfremdung der Moderne, bleiben im Gedächtnis der Popkultur."

Outlook India: Bollywood-Revolution

Outlook India hat mal wieder nichts Besseres zu tun, als das halbe Heft mit Texten über Bollywood vollzuschreiben. Aufregende Neuigkeiten gibt es:

The Hindi film industry is experiencing a new heady surge of adrenaline. A new generation of filmmakers, scriptwriters, actors, technicians and music directors are drastically amending the constitution of the Hindi film, and much of the time, getting away with it. Of course, they are still in a minority, but they are an increasingly visible and vociferous bunch of dissidents.

Der Titel, den man dem neuen indischen Kino geben will: "Convergent Cinema". Vorgestellt werden der junge Regisseur Tigmanshu Dhulia und die Independent-Regisseurin Ruchi Narain, der hoch politische, dieses Jahr in Locarno laufende Film Black Friday von Anurag Kashyap. Vieles, so das Resümee ist inzwischen möglich, im Mainstream und außerhalb, Dinge, das vor allem, von denen vor zehn Jahren noch gar nicht zu träumen war.

Wie zum Beispiel auch: eine Art Softporno-Genre (das ist freilich alles relativ in einem Land, in dem im Film noch immer keine Küsse zu sehen sein dürfen.)

New York Times: Movie Update

Viele neue Filmartikel in der Times! Sehr ausführlich stellt Marcel Clements die DVD von Altmans 3 Women vor, die Criterion vor kurzem veröffentlicht hat. Genauer gesagt stellt er eigentlich den Film und seine Geschichte insgesamt vor, vergisst aber auch keine Anmerkungen etwa zu Altmans Audiokommentar - sehr schön, eine solche Beachtung der Filmkonservenwelt würde man sich in den hiesigen Feuilletons auch mal wünschen. (weitere, knappe DVD-News in der Times hier)

A.O.Scott hebt nochmals zu Cannes an: Überall Hunde auf der Leinwand, so er. Und es wäre ja auch viel gegessen worden. Ganz netter Coffee-Talk für nebenher also, aber auch nicht weiter erhellend.

Nancy Ramsey bespricht Die Geschichte vom weinenden Kamel (filmz.de|angelaufen.de), der am Freitag in New York anläuft. Dabei konzentriert sie sich vor allem auf die Hintergründe der Produktion.

Die Stanley-Kubrick-Ausstellung in Frankfurt ist auch in New York Thema: Mark Landler ist zunächst Kubricks Sammelleidenschaft aufgefallen: "Kubrick seems to have saved almost everything from his half-century career, stuffing 10 rooms of his rambling estate north of London with thousands of artifacts: scripts, letters, drawings, photographs, costumes, props, scale models and even technical equipment." Ferner zeigt er sich von Kubricks Archiv zu Napoleon sehr beeindruckt und findet für sich darin eine Antwort auf die Frage: "What took him so long?" Alles in allem Begeisterung: "There are many highlights."

Etwas Aufholarbeit (in der Tat hatte ich das letztens alles schon mal zusammengefasst, aber blöderweise das Eingabefenster vor dem Absenden geschlossen - Sie können sich meine Freude darüber gewiss vorstellen, denke ich): A.O.Scott bespricht "The Day After Tomorrow, a two-hour $125 million disaster — excuse me, I mean disaster movie". Ganz so harsch fällt seine Besprechung dann doch nicht aus: Hier und da gibt es gewiss was zu bemäkeln, auch Susan Sontags morbide Katastrophenfilmtheorie aus den 60ern wird mal zitiert, sein Fazit lautet dann aber: "In fact, it looks kind of cool." (gemeint sind die Bilder der Zerstörung) Und ich möchte meinen, nicht mehr sollte man von einem Blockbuster-Katastrophenfilm erwarten. Außerdem bespricht er The Five Obstructions, in dem Lars von Trier den von ihm hochverehrten Dokumentarfilmer Jorgen Leth in fünf Remakes seiner Dokumentation The Perfect Human mit immer perfideren Auflagen gängelt. Scott hat's gefallen, vor allem wohl weil Leth eine Souveränität an den Tag legt, die von Trier in seinem Vorhaben, Perfektionist Leth einen wenig perfekten Film zu drehen, alt aussehen lässt. Von Saved!, einer Jesus-Freaks-Satire, war Scott nur wenig angetan, da haben wohl mehrere Körnchen Salz gefehlt. Dave Kehr bespricht Baadasssss! von Mario van Peebles (unsere Kritik). Enthusiastisch fällt die Kritik nicht gerade aus, aber irgendwie hat es ihm wohl schon gefallen. Dafür hat The Mother (Kritik|DVD-Info|filmz.de) Stephen Holden sehr begeistert und rangiert seitdem auch an vorderster Stelle seiner recommendations für den New Yorker Kinogänger: "The sight of a dilapidated woman in her late 60's besotted with a careless young god in his mid-30's may be uncomfortably taboo-busting. But "The Mother," an extraordinarily clear-sighted and psychologically balanced British drama, stares as calmly at May's perilous leap into churning emotional rapids as a medical show does when keeping its gaze fixed on a tricky surgical procedure." Nicht weiter erwähnenswert scheint erwartungsgemäß Raising Helen, der bei uns demnächst als Liebe auf Umwegen ins Kino kommt: Entsprechend durchwachsen Holdens Kritik.

5/31/2004

"von der Gattung her eher ein journalistisches Format"

Nicht wirklich filmrelevant, aber ein zuweilen doch recht amüsantes Interview mit der Kiesbauer im Spiegel aus Anlass der letzten Arabella-Sendung. Auszüge:

"Was ich tu das will ich / Und was ich will - je nu das tu ich manchmal nicht." | Der Rest ist Schweigen. | Andererseits haben wir das Fernsehen demokratisiert. | Aber meine Talkshow war von der Gattung her eher ein journalistisches Format | Es war eine Art antiautoritäres Fernsehen | Das heißt aber nicht, dass ich das jetzt als Kunst ansehe. | Aber wie beim Talk will ich die moralische Instanz bleiben, die gewisse Werte vertritt und dafür sorgt, dass am Ende der Gute gelobt und der Böse gescholten wird.

Nun denn.

Ralph Bakshi Interview

...bei Filmforce. Zitat:

From "Fritz the Cat" to "Heavy Traffic", "American Pop" to his influential adaptation of "Lord of the Rings" (just ask Peter Jackson), Ralph Bakshi has – at the very least – proved himself to be an artist with a decided independent streak, even if it wasn't always commercially viable.

Fox Home Video has just released his future fantasy "Wizards" on DVD, complete with an audio commentary from the director himself. We had a chance to chat with Mr. Bakshi about this, that, and a few other things.


[Via Comics Journal Messageboard]

5/30/2004

The Mind of Alan Moore

Am Montag, den 7.Juni 2004 hat der Dokumentarfilm "The Mind of Alan Moore" seine England-Premiere im "Institute of Contemporary Arts". (Überhaupt zum ersten Mal wurde der Film wahrscheinlich bei einer Moore-Ausstellung in Charleroi gezeigt. Der "Indepedent" hat den Künstler damals interviewt.)

Auf der Homepage des ICA kann man lesen:

A unique opportunity to go one-on-one with Alan Moore, writer, artist, performer, shaman and critically-acclaimed creator of comic books and graphic novels. Premiere and Panel Discussion with Alan Moore's collaborators. This extended filmed interview invites the viewer deep into Moore's world, with the writer himself guiding us from his Northampton childhood, through a career which revolutionised the comic-book medium and into his private world of magic, spirituality and science.

Premiere and Panel Discussion with Alan Moore's collaborators.

Director: DeZ Vylenz
UK, 2003, 80 mins


[Via Alan Moore Mailingliste]

Instant Lights: Tarkovsky Polaroids

So der Titel eines Bandes mit Polaroidaufnahmen des Regisseurs Andrej Tarkowskij, der nächste Woche in Großbritannien erscheint. Im Guardian einige vom Sohn (der das Buch auch herausbringt) kommentierte Samples.

Donnie Darko, Southland Tales

Ein Phänomen eigener Art ist Richard Kellys Debütfilm "Donnie Darko" (unsere Kritik und unsere DVD-Kritik). In den USA ging der Film ohne viel Werbung und mit wenigen Kopien zunächst unter - und eroberte sich erst nach der DVD-Veröffentlichung eine Kult-Anhängerschaft. Die sorgt nun dafür, dass der Film, in einem leicht veränderten Director's Cut noch einmal in die Kinos kommt. Bei uns ist er leider - außerhalb des Fantasy Film Fests jedenfalls - auch nicht auf der Leinwand zu sehen gewesen. Hier nun ein sehr ausführliches Interview mit dem Regie-Wunderkind Kelly, auch zu seinem neuen Film "Southland Tales" (Website), in dem unter anderem Kevin Smith, Tim Blake Nelson und Sarah Michelle Gellar mitspielen werden. Er beschreibt den Film wie folgt:

Well, it’s tough to describe the genre of the film. The best way I can describe it is it’s 30% comedy, 30% musical, 30% thriller, and 10% science fiction. And those percentage levels could fluctuate, to some degree, as we finish the final cut of the film. There are musical sequences in the film, but it is not purely a musical. It is just as much a thriller, it is just as much a comedy, and it’s arguably just as much a science fiction film. It’s definitely a genre hybrid but somehow the musical thing got kind of blown out of proportion, and people just printed that it’s a musical.

[via Greencine]

"Marseille" in Le Monde

Und noch eine Hymne auf Angela Schanelecs von der deutschen Kritik kaum zur Kenntnis genommenen "Un Certain Regard"-Beitrag "Marseille". Diesmal in "Le Monde", mit Dank an Volker Pantenburg für den Hinweis:

Marseille est au demeurant au quatrième long métrage d'Angela Schanelec ce que Cannes ne devrait pas cesser d'être pour le monde du cinéma : un ailleurs, un possible, une ligne de crête, un espace d'exigence et de liberté. Deux voyages successifs amènent dans la cité phocéenne Sophie, une jeune photographe allemande. Entre les deux s'insère un retour, aussi décevant que glacial, dans son pays natal.