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Robert Bresson: Affaires Publiques (F 1934)
Von Ekkehard Knörer
In der Folge von "tit" for "tat" gewinnt noch das Chaos des Slapstick Struktur;
kindisch gewiss, das sagen schon die Wörter in Babysprache, primitiv
gewiss, wie Auge um Auge und Zahn um Zahn. Aber noch von dieser Minimal-Ordnung
des "tit" und des "tat" gibt es in Robert Bressons Debüt, der
Slapstick-Komödie "Affaires Publiques", keine Spur. Es beginnt mit
Marschmusik, es geht - durchaus vergleichbar der "Duck Soup" der Marx Brothers
- um Staatsaffären, diese aber werden getanzt und gesungen und alles
klingt aus mit einem schrillen Schrei, einer Flasche, die nie und nimmer
zerbricht und einem Vorhang, der ein Ende macht, wo die Logik keines fände.
Vielleicht könnte man sagen, es geht in "Affaires Publiques" ums
In-Unordnung-Geraten. Der Marsch kommt aus dem Takt. Die Soldaten tanzen
vor davonrutschender Kulisse torkelnd eine Art Menuett. Die Flasche, die
nicht zerbricht, trifft diesen und jenen, aber ohne die Struktur der Vergeltung.
Am Ende versenkt sie, in den Rumpf geschossen, das ganze Schiff. Der Film,
im Umfeld des Surrealismus entstanden, nimmt keinerlei Rücksicht und
überlässt sich selbst einem Gleiten und Rutschen der Schnitte und
Bilder, das keinen Halt kennt und - in gewisser Weise - kein Ziel. Im Chaos,
das er anrichtet, sucht der Film nicht die Form der Kritik an politischen
Verfehlungen. Vielmehr zerstört er mit Lust das Politische, vielmehr:
das Öffentliche, schlechthin als Auftritts- und Darstellungsform. (Gewiss
ist das kindisch und primitiv, aber radikal doch darin, dass es sich dieser
Absicht ohne Rücksicht und Halt überlässt.)
Im Zentrum der militärisch-politischen Feierlichkeiten, die "Affaire
Publiques" zelebriert und zerlegt, steht die Enthüllung einer Statue.
Ein sitzender Mann, der den linken Arm von sich streckt - und gähnt.
Erst wird der Politiker, der das Denkmal enthüllt, angesteckt, imitiert
die Pose des Gähners und gähnt und steckt so alle anderen an. Nicht
"tit" for "tat", sondern das Gleiten und Rutschen einer epidemischen Infektion.
Alle gähnen, alle fallen in Schlaf und das Flugzeug trudelt vom Himmel.
Die Schnitte, die wie ein Wischen sind, Wischblenden entsprechend nicht selten,
fallen wie Dominosteine, "tit" und "tit" und "tat" und "tat". Mit List und
Tücke werden in Einzelbildern Subjekte und Objekte lädiert und
lächerlich gemacht. Aufs Ganze gesehen aber inszeniert Bressons Debüt
das Rutschen und Entgleiten von Ordnung als Form.
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