Dziga Vertov: Kino-Glaz (Sowjetunion 1924)

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Dziga Vertov: Kino-Glaz (Sowjetunion 1924)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Das Kino-Auge rückt in die Subjekt-Position. Schon in der Grammatik der Zwischentafeltexte, in denen es immer wieder heißt: Kino-Glaz zeigt..., Kino-Glaz erklärt .... Das Auge ist - die Metapher aufs Organische täuscht - keineswegs nur der dokumentarische Blick der Kamera, sondern es ist die Montage, der Umgang mit verschiedenen Kasch-Formen und der Einsatz besonderer Effekte zugleich. Das Auge nimmt auf, was vor der Kamera ist, und es gestaltet es um, nach Belieben. Am auffälligsten hier: Das Rückwärts-Laufen-Lassen des Films. Vom Hamburger folgt so das Kino-Auge der Produktion zurück bis aufs Feld. Fraglos eines der Faszinosa der neuen Technik, diese Möglichkeit zur Umkehrung des Ablaufs, von Meliès bis zu den ungezählten Amateurfilmchen, die sich an diesem ersten aller Spezialeffekte des Mediums, dem, um den Begriff aus der Musik zu leihen, Krebs der Bilder ergötzten.

Vertov reizt gewiss der Anti-Naturalismus und darüber hinaus der Verweis aufs Hergestellte des scheinbar unvordenklichen Endprodukts. Im Hamburger steckt die Arbeit von Händen ebenso wie das Fleisch: dies macht die Umkehr sichtbar. Aber natürlich hat das Kino-Auge auch seine kindliche Freude an der Wiederbelebung des Toten: der Ochse erhält seine Haut zurück und rappelt sich, ausgeweidet und mausetot, wie er soeben noch war, zurück ins Leben. Die schiere Lust am Schauen verbindet sich mit der faszinierten Einsicht in die Zerlegbarkeit der Ablaufslinearität in den Bildern vom Turmspringen, die Riefenstahl zu antizipieren scheinen. Nur dass Riefenstahl auf Naturalisierungen aus ist (die ihr ideologisch bis heute Schönheit heißen); Vertov will das Gegenteil.

Erstaunlich auch, welche Rolle die Schrift spielt im vermeintlichen Bildermedium. Das Kino-Auge zeigt eine deutliche Affinität zu den Anschlägen, Plakaten, auch Zwischentafeln - das Streben der Kunstform Stummfilm nach der reinen Bilderfolge ohne Text macht Vertov nicht mit. Er betrachtet das Kino als eine Kunst des Heterogenen. So geht das, was man sieht, in Affirmation des Sowjetischen nicht auf. Er zeigt die jungen Pioniere in Reih und Glied, und verfällt den Reizen des Mediums in einer jedenfalls nicht unmittelbar zu entschlüsselnden Überblendung mit dem gestauten Wasser. Alle Didaxe wird von der Verfremdung eingeholt. Das Kino-Auge ist, könnte man sagen, in zwei Richtungen offen: voller Neugier auf die Wirklichkeit (es gibt nicht nur die jungen Pioniere, sondern auch das Elend der Städte) und unbändig in seiner Lust an den Möglichkeiten zur Desillusionierung. Das Kino-Auge zeigt eine belebte Verkehrsstraße einmal von oben, aus "natürlicher" Perspektive. Die nächste Einstellung wählt, wie es kommentierend heißt, einen anderen Winkel. Wohl wahr: die Kamera ist um 45 Grad gedreht. Hier dokumentiert die Kamera nicht mehr die Wirklichkeit, sondern sich selbst, ihr Wirken. Sie ist nicht - wie in "Der Mann mit der Kamera" - im Bild zu sehen. Eingetragen aber wird sie als sein blinder Fleck.

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