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Jacques Tourneur: The Leopard Man (USA 1943)

Kritik von Ekkehard Knörer 

Der Leopard entläuft aus der Komödie und taucht aus dem Schatten des Horrorfilms, in dem er verschwindet, nicht wieder auf. Der Leopard ist das Latente schlechthin. Der Whodunit-Plot, die Leiche des Tieres, der Mörder, all das nichts als ein manifester Rest, genauer: das Resthafte, auf das bei Tourneur das Manifeste reduziert wird. Die Kraft liegt in der Latenz, die alles Manifeste, kraftlos geworden, nur ausspuckt. Weil die Latenz die Dunkelheit ist, die Verschattung, wird die Latenz zum Horror. Zwei Bewegungen: Einbrechen, Ausbrechen. Spürbar wird dabei die Bewegung - das gewaltsame Hinein in die Schwärze, das jähe Heraus aus dem Schatten –, die aber niemals die Gestalt eines "Etwas" erhält.

Diese Bewegung ist daher Geräusch eher als Bild. Das Klappern der Kastagnetten löst sich von seinem Objekt, entortet sich, wird die figurlose Gestalt des Schreckens schlechthin, wie der Leopard, der sich auch ins Rascheln der Zweige transfigurieren kann. Ein Beinahe-Nichts, ein Gerade-nicht-Etwas von großer Gewalt. Die Räume: Das Innen, das Sicherheit konnotiert, das Außen, das in Latenz gehüllt ist. Dazwischen geschlossene Türen, die nicht verbinden, sondern trennen, hinausstoßen, nicht hereinlassen. Der Friedhof dann als invertierter Oikos: Einsperrung statt Aussperrung. In diesen Innenraum bricht der Schrecken nicht ein, er taucht aus ihm auf, naturwüchsig, Schatten aus Schatten.

Es kollabieren, gegen den in vernünftige Auflösungen drängenden Whodunit-Plot, im Leopardenmann der Unterschied von Menschlichem und Animalischem, von Zivilisation und Natur. Intensitäten, die das Opfer anfallen. Der Zug, ein Licht, ein Lärm aus dem Nirgendwo, der hineinfährt ins verschattete Bild wie ein Raubtier. Das Raubtier, das kein Raubtier ist. Die wissenschaftliche Rationalität, der das Animalische innewohnt. Das Klappern der Kastagnetten wie das Klappern einer Schlange, über den Tod hinaus.

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