Jump Cut
Berlinale 2006

Startseite -  Inhaltsverzeichnis - Klassiker - Archiv - Links - Forum - Mail

 

Dominik Graf: Der rote Kakadu (D 2006)

Von Ekkehard Knörer

Bonbonbunt das Presseheft, schön bunt mit einem heftigen Stich in den Rotton die DDR kurz vor dem Mauerbau. Dies der Zeitpunkt, durch Zwischentafeln mit Mauerbau-Countdown unterstrichen, den "Der rote Kakadu" rekonstruiert. Der rote Kakadu ist eine Tanzbar in Dresden, in der man zu westlicher Musik westlich tanzt. Es sei denn, es taucht ein Bonze auf und verordnet die russische Orthodoxie. Man pisst ihm ins Sektglas, er schluckt und wir dürfen lachen. Dieser Art ist die Komik im Film, also plump. Mit der Politik verhält es sich kaum anders und auch mit der Liebe nicht.

Der Film folgt einem Drehbuch von Michael Klier und Karin Aström. Günter Schütter, der gerade im Verbund mit Dominik Graf oft großartig ist, hat es bearbeitet, aber – bei Gott – nicht genug. Der Film macht in Liebe und will doch Politik. Die plumpe Komik ermäßigt zur einen wie zur anderen Seite jeden Anspruch. Das Absurde, das verschärft und nicht mildert, das kontrapunktiert und nicht glättet, bleibt aus.

Dominik Graf setzt sich ins Verhältnis: zu diesem Drehbuch, zur DDR, die er reimaginiert. Grau, so viel steht vor bröckelndem Putz, den man in hinteren Winkeln noch auftreiben konnte, war sie nicht. Dynamisch der Einstieg, alles rennt und rettet und flüchtet, es ist ein Spaß, es ist doch Ernst, zwei finden sich, die zueinander nicht finden werden. So weit ist es gut. Eine weitere Szene gibt Hoffnung, zunächst. Die beiden, Luise (Jessica Schwarz) und Siggi (Max Riemelt), als Schatten in Schatten eines finsteren Hauses, man hört sie wohl, man sieht sie kaum. Dann aber werden ihre Gesichter zum Dialog in der Bildmitte postiert, von irgendwo fällt ein mildes Licht und macht aus der Dunkelheit elegantes Chiaroscuro. Zu Eleganz kommt es öfter, aber ist eine Eleganz ohne Funktion. Dominik Graf ist in "Der rote Kakadu", was er nie war: ein erzkonventioneller Regisseur, der seiner faden Geschichte bei Gelegenheit Glanzlichter aufsteckt. Reine Dekoration.

Die DDR in "Der rote Kakadu" ist Dekor. Es wäre verfehlt, mangelnde Authentizität zu beklagen, im Gegenteil, es fehlt vielmehr an Kraft zur gründlicheren Reimagination. Vermutlich stimmen die Details, umso falscher das Ganze. Der Film zerfällt in visuelle Verklärung und Politikdiskurs aus Kindermund. Dazwischen vermittelt nichts, es sei denn der Humor, der Tische rückt und Pisse trinkt. Die Liebes-Triangel schluckt als Klischee aus Klischees die Energie, die sie spenden sollte. Es ist ein Jammer und im Grund kaum zu fassen. Dominik Graf hat einen X-Film gedreht und es ist tatsächlich drin, was drauf steht.

zur Jump Cut Startseite

Suchen
 
Google
Web Jump Cut