Arlington Road

USA 1999
Regie: Mark Pellington

Rezension von Ekkehard Knörer

Wie das blutige Symptom eines verdrängten Traumas taucht zu Beginn ein kleiner Junge mit schweren Verbrennungen an der Hand aus dem Nebel der überbelichteten Aufnahme auf und wird von Michael Faraday, dem einen Protagonisten des Films, ins Krankenhaus gebracht. Dort sieht man zum ersten Mal Oliver Lang und seine Frau, die Eltern des Kindes, die Nachbarn von Faraday, als Schattenriß, schwarze flache Konturen.

Faraday trägt sein Trauma, den Tod seiner Frau, einer FBI-Agentin, offen zur Schau und überkompensiert den Verlust durch Identifikation mit seiner toten Frau, als Vollender ihrer Aufgabe. Er lehrt Zeitgeschichte an der Universität, ist Spezialist für Terrorismus und verstrickt sich im insistenten Beharren auf der Aufarbeitung des Vergangenen, eines terroristischen Anschlags wie des Todes seiner Frau, in Verschwörungszusammenhänge, die paranoid scheinen, aber, das macht den Schrecken des Films aus, nicht sind. In der Aufdeckung von Langs düsterer Vergangenheit kommt es nicht etwa zur Katharsis, zur Überwindung des eigenen Traumas, sondern im Gegenteil zu seiner scheinbar unausweichlichen Wiederholung.


Die raffinierteste Wendung des Films ist die Überführung von Tiefenpsychologie und Vergangenheitsbewältigung in die tückischsten Plotstrukturen, die man seit langem gesehen hat. Die Bloßlegung der terroristischen Vergangenheit Oliver Langs, seiner Vertuschungsversuche, führt nicht zur Erlösung, sie klärt das Muster, die Strukturen eines Handelns, in denen Faraday, ohne es zu merken, bereits selbst gefangen ist. Hinzu kommt, daß der Zuschauer zu keinem Moment klüger ist als Faraday (oder seine Verbünete Brooke), daß die Bedrohung, suggestiv inszeniert, stets fast mit Händen zu greifen ist, sich der Konkretion aber so lange entzieht, bis man, gemeinsam mit Faraday, in der Falle sitzt. Pellington setzt diese Zuspitzung in ihrer Ausweglosigkeit durch Tempoverschärfung, unterstützt von Angelo Badalamentis treibender Musik, effektbewußt in Szene, er ist in seinen handwerklichen Mitteln, Schnitt, Kameraarbeit, Chiaroskuromalerei des Lichts, nicht immer subtil, aber nie maniriert, scheut das Grobe nicht, ohne
doch je über das Ziel hinauszuschießen.

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