Die Truman Show

USA 1998
Regie: Peter Weir

Rezension von Ekkehard Knörer

Die Truman Show ist eine durchaus philosophische Meditation zur Frage nach der Möglichkeit eines richtigen Lebens im falschen. Truman Burbanks Leben, um das es dabei geht, nämlich ist so falsch wie ein Leben nur sein kann. Er ist der einzige, der in der riesigen Fernsehserie, die Truman Show heißt, kein Schauspieler ist und der Soap-Opera, in der er mitspielt, einen Hauch von Reality-TV gibt. Dabei ist freilich sein Leben von Anbeginn nicht nur von Kameras begleitet und auf der ganzen Welt ein Quotenhit, sondern auch inszeniert vom Schöpfer der Serie, der gottgleich in einem Kontrollzentrum von NASA-Ausmaßen sitzt und Christof heißt. Was ein wenig in die Irre führt, denn eigentlich ist er Gottvater selbst, der seinen Sohn Truman in eine Welt ohne Heil geschickt hat, und sogar, seiner Rechtfertigung zufolge, zu Erlösungszwek- ken. Es soll die Menschheit lernen, was Wahrheit, Aufrichtigkeit und Güte ist, und das ausgerech- net von Truman Burbank, der hinten und vorne, oben und unten, belogen, betrogen und an der Nase herumgeführt wird, in einer amerikanischen Alltagshölle, die Seahaven heißt und in der es Zeitschriften zu kaufen gibt, die Dogfancy heißen.

Seahaven ist eine  singapurische Puppenstube, offensichtlich gesäubert von allem, was nicht hygienisch, hell und durchschnittlich ist (man kann dabei zum Beispiel an Tim Burtons Edward mit den Scherenhänden denken). Das Produkt dieser Welt, Truman, ist echtes Fleisch von ihrem künstlichen Fleische. Das ist vielleicht das Infamste und erinnert zugleich an Andrew Niccols Gattaca mit seiner Hauptfigur, die den Namen Vincent Freeman trägt - wenn auch nicht klar ist, ob das, was am Film durchsichtig wird, auch seine Machern durchsichtig war. Denn Trumans Wünsche und Träume passen eigentlich bestens in diese von politischer Korrektheit durchsetzte Hölle der Durchschnittlichkeit. Seine einzige Utopie, in einem sehr ironischen Sinne, da ja der Ort, an dem er lebt, der Utopos schlechthin ist, besteht im Traum vom Urlaub auf den Fidschi-Inseln und er jagt einer Traumfrau hinterher, die man einst aus der Serie streichen mußte, weil sich dummerweise die Schauspielerin als so dilettantisch erwiesen hat, sich wirklich in Truman zu verlieben und ihm die Wahr- heit zu erzählen.

Truman taugt zum Idol dieser voll und ganz infantilisierten Welt, die sich , wie man in immer wieder eingestreuten Zwischenschnitten sehen kann, nahtlos jenseits der Bildschirme fortsetzt. Und Jim Carrey ist eine großartige Besetzung. Er gibt den ahnungslosen Truman als netten und naiven Toren, dessen größter Ehrgeiz in der Anpassung besteht, im Mitspielen aller Gesellschaftsspiele und läßt dann, als Truman zu dämmern beginnt, was sich ereignet, eine Ausdruckslosigkeit und Leere auf seinem Gesicht Platz greifen, die allem aufklärerischen Pathos, das sich mit solchen Helden sonst gerne verbindet, sofort allen Wind aus den Segeln nimmt (man vergleiche mal mit Dark City, ein Film, der so etwas wie einen Gegenentwurf darstellt und auf den einsamen Helden, der die Welt am Schluß vom Kopf auf die Füße stellt, nicht verzichtet).

Die Wahrheit ist, daß Trumans Welt nichts ist als die Mise en Abyme der großen wirklichen Welt und so gibt es nicht nur kein richtiges Leben im falschen. Es ist sogar die Utopie eines Gegenentwurfs verloren gegangen. Es gibt nicht einmal mehr die Idee eines richtigen Lebens. Hinter der Tür, die aus Trumans Welt hinausführt (besser sollte man wohl sagen: herausführt), lauert nichts als eine kitschige Liebesgeschichte, wie sie sich Christof nicht abgrundloser hätte ausdenken können.

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