Lukas Moodysson: !Zusammen!

(Schweden 2000)

Rezension von Ekkehard Knörer

Mitunter findet der Geist der Aufklärung seinen Weg auch durchs eher undurchdringliche Dickicht der Unvernunft. Diese Hoffnung wenigstens demonstriert !Zusammen! eindrucksvoll. An Unvernunft wird erst einmal eine Menge aufgeboten, versammelt in einer linken Stockholmer WG des Jahres 1975. Von humorlosen Fundis, die Pippi Langstrumpf verbieten wollen - ihres Interesses an materiellen Dingen wegen -, zum noch viel humorloseren kommunistischen Politmissionar, der mitunter auch Sex in Kauf nimmt, um sich hinterher den Wonnen der Diskussion hingeben zu können. Vom herzensguten, aber bis zur eigenen Demütigung konfliktscheuen Softie zu seiner die Vorzüge einer offenen Zweierbeziehung einzig in ihrem eigenen Interesse hinaustrompetenden Partnerin: Lukas Moodysson hat keinen der Typen und keines der Klischees ausgelassen, die man - eher zu Recht als zu Unrecht vermutlich - mit den 68ern und vor allem ihren sich langsam grün färbenden Nachfolgern in Verbindung bringt.
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Ebenso lässt er keinen guten - und auch nicht den einen oder anderen nicht so guten - Scherz aus, der sich mit einem solchen Arsenal treiben lässt. Wollte der Film nur darauf hinaus, auf die Verulkung von auf Borniertheit und alternative Spießigkeit heruntergekommenen Idealen vom anderen und richtigen Leben, dann wäre er eine allzu billige Komödie. Bald aber stellt sich heraus, dass Moodysson etwas ganz anderes im Sinn hat, eine Art Versuchsanordnung nämlich, ein Experiment in sozialer Chemie. Er konfrontiert die im eigenen Saft schmorende Zusammen-WG mit einem gänzlich fremden Element: einer vor ihrem Ehemann geflohenen Mutter mit ihren zwei Kindern. Von da an beobachtet der Film, was passiert, wenn !zusammen! kommt, was, sollte man wenigstens meinen, ganz und gar nicht !zusammen! gehört.
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Das angesichts der bis dahin demonstrierten Boshaftigkeit beinahe Erstaunliche ist, dass der Blick des Beobachters nicht kalt ist, sondern ganz im Gegenteil: die Wärmeentwicklung in der Reaktion der verschiedenen Elemente ist so enorm, dass der Film zuletzt auf eine veritable Utopie sozialer Gemeinschaft hinausläuft, wider jedes Erwarten und wider jedes Klischee. Im nachhinein wird klar, wie raffiniert Moodysson in seiner Sympathielenkung verfährt. Geschickt balanciert er zunächst auf dem Grat zwischen zu freundlichem Spott und schlichter Denunziation seiner Figuren, um dann auf dem Rücken der so etablierten mitunter nervtötenden Fehlbarkeit aller Beteiligten ihre Lernfähigkeit und grundsätzliche Gutartigkeit zu demonstrieren (die Unbelehrbaren freilich haben die WG da schon mal mehr, mal weniger freiwillig verlassen). Verblüfft stellt man fest, dass sich zuletzt nicht nur die erstaunlichsten Veränderungen in den zwischenmenschlichen Verhältnissen, gar in den sexuellen Orientierungen, eingestellt, sondern auch die Typen und Klischees in Menschen aufgelöst haben. !Zusammen! ist ein vom Glauben ans Gute im Menschen durchdrungener Film - und dass er daraus weder eine These noch einen Hehl macht, entwaffnet einen ganz und gar.

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