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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Robert Young: Circus der Vampire (GB 1972)

 

VÖ: 10.12.2003

Anbieter: KochMedia

Regie: Robert Young

Darsteller: Elizabeth Seal, Anthony Corlan, Lynne Frederick, Laurence Payne, u.a.

 

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DVD-Informationen
Circus der Vampire (Vampire Circus, Großbritannien 1972)

Was für den im Jahr zuvor produzierten und hier bereits besprochenen Draculas Hexenjagd gilt, gilt natürlich auch für diesen Film aus der britischen Hammer Schmiede: Inmitten der Krise und den Zeiten des Umbruchs mussten neue Wege erschlossen werden, um das satte Publikum bei Laune, vor allem aber im Saal zu halten. So nimmt sich auch Circus der Vampire als experimentierfreudige Neuinterpretation klassischer Horrorstoffe unter veränderten Vorzeichen in der Bilddarstellung aus. Schon die bildgewaltige Exposition, in der es binnen weniger Minuten viel nackte Haut, spritzendes Blut, offen ausgetragene Gewalt, Folter, Scheiterhaufenverbrennungen und derlei Unsittliches mehr zu sehen gibt, kündet davon: Auf dem Anwesen des Grafen Mitterhouse, nahe dem kleinen Örtchen Schettel, gibt man sich gerne den fleischlichen Genüssen hin. Der Aristokrat, natürlich: ein Vampir, zieht nicht nur die jungen Damen der nächsten Ortschaft in seinen Bann, er macht sich auch, ganz sardonischer Hedonist, über den jüngsten Nachwuchs her. Bevor der (gewissermaßen genrekonstituierende) mit Fackeln und Mistgabeln bewehrte Lynchmob dem lasziven Treiben ein für allemal ein Ende bereiten kann, verflucht der Vampir die Gemeinde noch für die nächsten Generationen und schwört baldige Wiederkehr. Dies macht sich eine ihm bis zum Ende hörig gebliebene Frau, die sich auch von den Gürtelriemen der ländlichen Bevölkerung nicht eines Besseren belehren lassen will, im Folgenden zur höchsten Ehrenaufgabe. Schnitt, 20 Jahre später: Die Pest liegt über der Stadt, benachbarte Dörfer stellen das Areal unter mit Waffengewalt sichergestellte Quarantäne. Da kehrt ein bizarrer Zirkus mit allerlei zwielichtigem Gesindel in das kleine Schettel ein, unter der Bevölkerung häufen sich daraufhin die mysteriösen Todesfälle. Die damaligen Fackelschwinger bekommen es, zwar ins Alter gekommen, doch des Fluchs des Grafen noch wohl gewahr, zunehmend mit der Angst zu tun! Der Graf sei zurückgekehrt, heißt es, und man müsse erneut um seine Frauen und Kinder fürchten.

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Circus der Vampire ist ein kleiner Glücksgriff für das Horrorgenre, der B-Liga obendrein: Mit Lust zum schwülstigen, gerne auch surrealen Bild formuliert der Film den grundsätzlich vorhandenen sexuellen Subtext des Draculastoffes für die damalige Zeit auffallend unbekümmert direkt im Bildkader schon aus. Sicher, vom Gebahren der etwa zeitgleich entstehenden ersten Sexfilme ist man noch weit entfernt, die Implikationen aber sind überdeutlich. Reiz entwickelt der Film dementsprechend vor allem auf visueller Ebene: Hier wird sich, gerade und besonders weil man bis zum gewissen Grad auch den Bruch mit der eigenen Tradition sucht, beinahe von erster Minute an förmlich ausgetobt. Die bizarren und lang dargebotenen Performances des Zirkus etwa, mit wildem Tier und nackten, am ganzen Körper angemalten Amazonen, erfüllen in der Narration zwar nur wenig Zweck, erzielen aber durchaus atmosphärische Wirkung, und dann drücken sich auch schon echte Fledermäuse laut kreischend durch leere Augenhöhlen gammliger Totenköpfe, überall sprudelt es nur so allegorisch vor Blut, wie man überhaupt einen deutlichen Hang zur affektierten (und somit durchaus lustvoll lesbaren) Theatralik aufweist. Und wann bekommt man schließlich schon mal Muskelmann David Prowse ohne jene Maske zu sehen, hinter der er sich nur wenige Jahre später in der Rolle des Darth Vader anonyme Prominenz erspielen würde? So ist Circus der Vampire (natürlich) vor allem für Genrefans ein echtes Fest: Mit seiner Bilderkraft, dem fadenscheinigen Pathos und der offensichtlichen Sorglosigkeit gegenüber narrativer Plausibilität reicht der Film beinahe schon an die besseren, hypnotischen Filme des spanischen Viel- und Schmuddelfilmers Jess Franco ran. Wer - wie der Autor dieser Zeilen - für solch wilde Kost ein Herz hat, wird in Circus der Vampire reich belohnt werden.

Erfreulicherweise ist auch diese Veröffentlichung aus dem Hause KochMedia rundum geglückt. Bild und Ton sind aufgrund des zugrundeliegenden Materials und eines sorgfältigen Transfers nahezu exzellent. Das Bild hätte vielleicht noch eine kleine Nuance mehr Kontrast vertragen können und im Originalton ist auch ein leichtes Grundrauschen zu vernehmen, beides aber bleibt eher Detail am Rande und fällt an sich kaum störend ins Gewicht. Deutsche Untertitel wären zwar eigentlich wünschenswert gewesen, doch sollte es für Menschen mit halbwegs soliden Englischkenntnissen kein Problem darstellen, dem Originalton auch ohne Untertitel folgen zu können. Sehr schön ist, neben der stimmungsvollen Verpackung versteht sich, wie stets auch die Extraecke geraten: Hier gibt es eine kleine, aber feine Sammlung mit altem Aushangmaterial und Covermotiven, die wieder bildschirmfüllend und in entsprechend guter Qualität aufbereitet wurden. Auch eine kleine Sammlung mit Trailern aus den Filmen der Classic Horror Collection ist wieder dabei, wie natürlich auch der Comic zum Film, der vom Computer aus eingesehen werden kann. Alles in allem eine runde Veröffentlichung einer schönen, kleinen B-Movie-Entdeckung aus alten Tagen. Man hat, zumal als Genrefan, wohl jeden Grund, auch auf weitere Titel der Reihe gespannt zu sein.

Technische Details

Bild: 1,85:1 16:9
Ton: Deutsch, Englisch (jew Mono 2.0)
Laufzeit: 87 Min.
Regionalcode 2

Zusatzmaterial

Trailer, Bildergalerien, Comic zum Film

(Thomas Groh)