Filmbuch: Annette Kilzer (Hg): Bruce Willis

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Autorin

Annette Kilzer, geboren 1966. Filmkritiken unter anderem für tip, Berliner Zeitung, taz und Splatting Image. Zahlreiche filmanalytische und -historische Buchbeiträge, unter anderem über den Moment des Sterbens im Kino, über Jack Arnold, Robert Mitchum, Jane Russell, Gregory Peck, Sophia Loren, Alain Delon, Jack Lemmon, Kim Novak, Shirley MacLaine. Mitbegründerin und -herausgeberin der Filmzeitschrift Gaffer. Co-Autorin des Buches Das filmische Universum von Joel und Ethan Coen (1998). Mitarbeit an Arthur Penn (1998), Alfred Hitchcock (1999) und Stanley Kubrick (1999).

REZENSION

Annette Kilzer (Hg.): Bruce Willis


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Der Filmstar ist eine Figur, die viele Autoren hat, und also zuletzt keinen. Er ist der Kreuzungspunkt von Darstellerkörper und Regiekonzept, von Erfolgsspekulation und Massenprojektion, von filmischer Intertextualität und Klatsch, von Marktwert und Zeitgeist, von Festlegung und Variation des Bildes vom Star. Der Action-Held ist der auf die Spitze getriebene Star: Wiederauflage des mythischen Heros, seit den 80er Jahren unter den Bedingungen der immer ironischer werdenden Postmoderne. Bruce Willis, im Vergleich zu Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger der wandelbarste unter den Action-Helden der letzten Jahre, hat seine Schauspieler-Laufbahn in der bereits von Selbstreflexivität angekränkelten Fernsehserie "Das Model und der Schnüffler" begonnen, bevor in John McTiernans "Stirb Langsam" die Star-Figur geformt wurde, die in der weiteren sehr wechselhaften Leinwandkarriere von Bruce Willis rekonfiguriert wird.

All dies wären Erwägungen, die es sinnvoll erscheinen lassen, einmal eine seriöse Monografie nicht einem Regisseur, sondern einem Schauspieler, bzw. dem eigentlich interessanten Aggregatszustand des Schauspielers, nämlich der Hybrid-Figur Star zu widmen. Variationen, Wiederholungen, Zitate, Meta-Kommentare, alles, was das postmoderne Hollywood-Kino ausmacht, ließe sich an, zum Beispiel eben: Bruce Willis hervorragend aufzeigen. Der vorliegende Band aber bleibt leider weit unter diesen Möglichkeiten. Ein schlüssiges Konzept wird nicht nur nicht genannt. Es gibt keines. Statt eines Vorworts hat man einfach einen bereits veröffentlichten Artikel über einen Interviewtermin mit Bruce Willis nachgedruckt. Je weiter man dann liest, desto schmerzlicher vermisst man die ordnende Hand der Herausgeberin Annette Kilzer. Den umfänglichen ersten Teil hat sie sich selbst vorbehalten. In chronologischer Abfolge und in einem fortlaufenden Essay werden alle Film- und Fernsehauftritte von Bruce Willis vorgestellt und kommentiert. Der Begriff Essay tut dem Text freilich eine Ehre an, die er nicht verdient. Gelegentliche Anflüge von analytischem Ehrgeiz werden sofort wieder unter Klatsch und zusammenhanglos eingefügten Detailinformationen begraben. Unerträglich ist der impertinent kumpelhafte Ton, der wohl eine Art Mimikry ans derart gründlich unterschätzte Objekt sein soll.

Der zweite Teil verdoppelt den ersten in einem erneuten chronologischen Durchlauf: nun werden die Filme in einzelnen Artikeln verschiedener Autoren vorgenommen. Auf formale Vorgaben wurde offenbar verzichtet - und so schreibt hier jeder, wie er mag und kann. Am besten kann, wie kaum anders zu erwarten, der allgegenwärtige Georg Seesslen, dem die Analyse der "Stirb Langsam"-Serie übertragen wurde. Brillant ist der Essay zu Teil eins geraten, in dem Willis' Spiel als Hysterisierung des Action-Genres beschrieben und der Held raffiniert gegen die Ideologie des Films interpretiert wird. Die Qualität der restlichen Texte schwankt, allzu selten aber wird der dünne rote Faden von Bruce Willis' schierer Mitwirkung einmal zu einer einheitlichen Fragestellung oder anspruchsvolleren Thesen gesponnen. Gerade im Vergleich mit Clint Eastwood oder Arnold Schwarzenegger hätte sich manches über die ideologischen Zusammenhänge von Ungebrochenheit oder Gefährdung des Helden im Zeitalter seiner Ironisierbarkeit lernen und herausfinden lassen. Interessante Ansätze dazu bietet Christoph Haas' Beitrag zu "Mercury Rising", in dem treffend auf die Verwandtschaft der Willis-Figur mit den B-Movies der vierziger und fünfziger Jahre hingewiesen wird. Darüber hätte man gerne mehr erfahren, aber jede Vertiefung fällt dem sinnlosen Vollständigkeitswahn des Buches zum Opfer. Noch zu den schlechtesten Willis-Filmen muss konstatiert werden, dass es dazu eigentlich nichts zu sagen gibt.

So kommt insbesondere Walter Hills "Yojimbo"- und "Eine Handvoll Dollar"-Remake "Last Man Standing" entschieden zu kurz, ein Film, der ungefähr das leistet, was man in diesem Band schmerzlich vermisst: Herausarbeitung der Essenz des mit Willis verbundenen Helden-Diskurses, Überblendung mit der Helden-Figur des frühen Clint Eastwood und dadurch zugleich Kommentar des Diskurses. Für die Meta-Ebene zwischen Apotheose und Parodie, auf der sich Hills Film bewegt, fehlen dem Beitrag von Eckhard Vollmar ganz symptomatisch die Begriffe und Kriterien.

Begleitet werden die Texte von den klug ausgewählten Bildstrecken, die das Markenzeichen des Bertz-Verlages sind. Mitunter wird man aus ihnen schlauer als aus den Beiträgen, denen sie beigeordnet sind. Und wenngleich einige der Artikel lesenswert sind, der Band als ganzer ist es eher nicht.
(Die Rezension erschien zuerst, in leicht gekürzter Form, in der FAZ)



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