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Schwerpunkt Australien, Ozeanien

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Filme aus der Südsee auf dem Freiburger Film Forum :
The Land has Eyes (2004), O Tamaiti (1996), Two Cars, one Night (2003)

Von Ulrike Mattern

zum Schwerpunkt Australien, Ozeanien
zum Interview mit Vilsoni Hereniko

The Land Has Eyes
The Land has Eyes
copyright Freiburger Film Filmforum 

Eure Bilder, unsere Bilder

„Wir müssen unsere eigenen Geschichten erzählen”, sagt Regisseur Vilsoni Hereniko in einem Interview am Rande des Film Forums Freiburg, und er macht es vor. Sein Spielfilmdebüt „The Land Has Eyes” hatte letztes Jahr auf dem Sundance-Filmfestival Premiere. Fast ausschließlich mit Laienschauspielern auf seiner touristisch unerschlossenen Heimatinsel Rotuma gedreht, schildert der Film die Geschichte des Mädchens Viki während der britischen Kolonialherrschaft. Ihr Vater, der kein Englisch spricht, wird von einem habgierigen Nachbarn des Diebstahls von Kokosnüssen beschuldigt. Ein korrupter Dolmetscher übersetzt vor Gericht zu seinen Ungunsten. Viki, die in der Schule zu den Besten gehört, kämpft um den Ruf des Vaters und vertraut dabei einer Legende. Durch die spirituelle Macht der „Kriegerin”, nach der Mythologie erste Bewohnerin der Insel, klärt sie den Betrug auf und findet ihren eigenen Weg innerhalb der Familie sowie der Inselgemeinschaft.

Der Film überzeugt durch seine fantasievolle Visualität, kreiert in seinen einführenden Szenen, dem Rekurs auf eine Legende, aber gerade bei dem durch Südsee-Klischees geprägten westlichen Publikum ein doppeltes Dilemma: Einerseits folgt es der aus einheimischer Perspektive erzählten authentische Story, sieht aber andererseits in der eigenen Wahrnehmung die mit der neuseeländischen Schauspielerin Rena Owen („Die letzte Kriegerin”) prominent besetzte Figur der „Warrior Woman” auf einer einsamen Insel im Baströckchen durch den Dschungel streifen. Hier greifen die Stereotypen, und der Zuschauer fühlt sich entweder im als ursprünglich empfundenen Ambiente (wieder einmal viel zu) wohl oder lehnt es befremdet als „Ethno-Kitsch” ab. Ein Zwiespalt, der sich auf kurze Sicht nicht lösen lässt, weil eine entfremdete Bildsprache der Inseln Ozeaniens keine Kriterien zur Verfügung stellt, um zwischen Projektion und Realisation zu unterscheiden.

Monotonie in der Südsee


Romeo und Ed in Two Cars, One Night
copyright: Freiburger Film Forum

So wie in „The Land Has Eyes” bedienen sich auch zwei neuseeländische Kurzfilme von Maori-Filmemacher des jugendlichen Blickwinkels: „O Tamaiti” (Die Kinder) von Sima Urale, 2003 mit dem Silbernen Löwen in Venedig ausgezeichnet, und „Two Cars, One Night” von Taika Waititi, Berlinale-Gewinner 2004 und im Jahr darauf für den Oscar nominiert. Im Schwerpunkt „Faszinierendes Ozeanien” während des Festivals an einem Nachmittag direkt hintereinander auf die Leinwand projiziert, entwickeln die beiden in Schwarzweiß gedrehten Filme eine bemerkenswert synchrone Ikonographie: Ihre jungen Protagonisten rücken durch die Perspektive der Kamera, die sie immer auf Augenhöhe begleitet, ins Zentrum. Die Erwachsenen werden zu Randfiguren. Durch die soziale Not in der Familie sind die Kinder auf sich allein gestellt. Die Geschwister in „O Tamaiti” rücken zusammen, halten sich aneinander fest. Auch der neunjährige Romeo und die elfjährige Polly, die sich eines Abends in „Two Cars, One Night”* auf dem Parkplatz treffen, sind für einige Stunde allein. Sie warten in jeweils einem Auto auf ihre Eltern, die sich in der Kneipe betrinken. Die Kinder imitieren coole Gesten der Erwachsenen, maulen sich erst gegenseitig an und fordern sich verbal heraus, bevor sie sich später einträchtig nebeneinander in einem der Autos die Zeit vertreiben. Direkt hintereinander gezeigt, wirkten beide Kurzfilme in der formalen Strenge als monochromer Antipode zum kunterbunten Südseebild aus zweiter Hand.

*Als Bonusfilm auf der DVD Dark Tales, Die besten Kurzfilme aus Neuseeland, enthalten. Zu bestellen über KFA Hamburg.

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