Ein Geisterfilm, in dem sich die Rückkehr des
Verdrängten als Drängen in täuschender Gestalt kindlicher
Unschuld manifestiert. In "Dead Calm" von Phillip Noyce, dem Film, der Nicole
Kidman auch außerhalb Australiens bekannt machte, musste die Figur,
die sie spielt, das tote Kind, das wiederkehrt, auf hoher See wieder und
wieder töten. (Das ist die Wendung, die den Thrillerplot des Buches
zum Psychothrillerplot des Films macht.) Auch in "Birth", der Star Nicole
Kidman ist die Hauptdarstellerin des Films, geht es um den endgültigen
Abschied von einem Toten. Der Film geht dabei weniger rabiat, sehr viel
schleichender und unheimlicher zur Sache als "Dead Calm". Allerdings gilt
es hier auch zwei Untote zu vermitteln, genauer gesagt: die phantasmatische
Version des Toten und die reale. Da das Phantasma durch Aufklärung
über das Reale löschbar ist, kann im komplizierteren Prozess
der Trauerarbeit - die Tötung ausbleiben. Wie in "Dead Calm" aber wird
der melancholisch harrende Wunsch nach Wiederkehr gespenstische Gestalt,
an der der Abschied durchzuarbeiten ist. Dabei geht es tief hinein in den
Abgrund der erneuten phantasmatischen Fehlidentifikationen.
Der entscheidende und kühne Kniff von "Birth" ist die Wahl des Gespenstes.
Sean, das Kind, das zur Verkörperung des abgespaltenen Wunsches wird,
kann nur als Kind, mit der sexuellen Unschuld des Kindes, in Stellvertretung
handeln und leiden und nicht verstehend verstehen. "Ich bin nicht Sean"
das Ich, das hier spricht, erkennt sich als "Ich" nicht wieder und auch nicht
als "Sean". In diesem Satz entfaltet müsste er lauten "Ich, der
ich Sean bin, bin nicht Sean" enthüllt und verhüllt sich
zugleich das Reale. Noch die Wahrheit über diesen Satz und damit die
Erkenntnis des Verkennens spricht das Kind Sean, das sich als Nicht-Sean
erkennt, aus: "Ich kann es nicht anders sagen." Und so löst das Phantasma
sich auf, obwohl die reale Wahrheit (der Betrug) in einem entscheidenden
Sinn verkannt bleibt. Das Kind kennt - und erkennt - die imaginäre Situation
der Mutter-Kind-Dyade, die im Phantasmatischen der Liebe sich in
glücklicher Verkennung wiederholt. Das Register des Symbolischen ist
ihm fremd, die ausgebuddelten - anders als die vergrabenen! - Liebesbriefe
sind eindeutig im Bereich des Imaginären angesiedelt, folglich erlebt
und erkennt es die Störung, die das Auftreten der Geliebten bedeutet,
es erfährt sie als Störung der Ich-Imago ("Ich bin nicht Sean")
- aber es begreift sie nicht, kann sie nicht ins Register des Symbolischen
übertragen. (Dabei ist es ganz egal, ob das orthodoxer Lacanianismus
ist oder nicht: Es ist die Konstruktion des Films.)
Die Heilung erfolgt über eine bittere Wahrheit, der die Trauernde noch
im Moment des Abschieds nur über die Vermittlung des
kindergespenstgestalthaft abgespaltenen Wunsches inne wird und deshalb
auch gerade nicht. Die Abspaltung macht vielmehr die Heilung ohne Innewerden
und Verinnerlichung der Wahrheit möglich. In der Abspaltung des Phantasmas
als unschuldiges Kind bleibt auch die Wahrheit abgespalten und unerkannt.
Das Phantasma wird - in der blinden Erkenntnis des Kindes - überwunden,
ohne als Erkenntnis der Wahrheit als solcher eingeholt zu werden. Wir bekommen
das zu sehen. Dass eine solche Löschung des Phantasmas ohne Erkenntnis
möglich ist, können wir glauben. Oder auch nicht. Die letzten Bilder
zeigen die Hochzeit am Meer. Das Wasser, das alle Spuren im Sand
überspült, wird zur Metapher der Löschung. Aber womöglich
lauern die Untoten weiter, sous le sable, unter dem Sand.
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