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Stefan Schwartz: Ein Trauzeuge zum Verlieben (USA 2005)
Ben Younger: Couchgeflüster (USA 2005)

Frisches und Abgestandenes aus dem Pool romantischer KomödienVon Ulrike Mattern

Diese Woche starten zwei romantische Komödien, in der die Liebe (fast) alle Hindernisse überwindet, aber nur in einem Fall die Hochzeitsglocken läuten

Mit der Liebe ist es so eine Sache. Entweder sucht man nach ihr, hat sie gefunden oder will sie möglichst schnell wieder aus den Augen verlieren. In dem mit dichterischer Freiheit gesegnetem Universum des Kinos verlaufen diese emotionalen Phasen ungleich spektakulärer als in der realen Welt. Das belegen in dieser Woche zwei neue Komödien: "Couchgeflüster" fährt mit Meryl Streep und Uma Thurman zwei Stars im Doppelpack auf, und "Ein Trauzeuge zum Verlieben" setzt mit weniger bekanntem Ensemble am Drehort London auf britischen Charme à la "Vier Hochzeiten und ein Todesfall".

Dass die Liebe zwischen zwei Menschen, sei sie nur groß genug und reinen Herzens empfunden, alle Hindernisse überwindet, gehört zu den universellen Mythen, von denen das Genre der romantischen Komödie lebt. Dass gerade das, was so gar nicht zusammenpasst, in Wahrheit zusammengehört, nährt die Illusion, dass jeder Topf seinen Deckel finden könnte. So stehen Filme, die sich als frische Fische in dem randvollen Mythen-Pool tummeln, immer wieder vor der Herausforderung, dem Genre Neues hinzuzufügen oder Bekanntem wenigstens eine andere Interpretation abzuringen.

Wenn einem Film weder das eine noch das andere gelingt, sieht er wie jetzt im Fall von "Ein Trauzeuge zum Verlieben" wie ein trauriges Abziehbild seiner erfolgreichen Vorbilder aus und - bleiben wir bei den Fischen im Pool - müffelt abgestanden. Der Plot klingt schon vertraut: Ein unter einer Schreibblockade leidender Schriftsteller verliebt sich auf einer Party in eine Unbekannte. Die Dame ist aber vergeben. Sie wird einen Kumpel von ihm heiraten. Und Olly, so heißt der gescheiterte Autor, soll dessen Trauzeuge sein.

Regisseur Stefan Schwartz und Produzent Neil Peplow haben Erfahrung mit Komödien. Ihr Debüt "Shooting Fish", eine temporeiche, skurril ausgestattete Dreiecksgeschichte mit Kate Beckinsale und Stuart Townsend, war 1997 ein Achtungserfolg. Die schwarze Komödie "Lang lebe Ned Devine!", die Peplow ein Jahr später produzierte, entwickelte sich mit ihrem schrulligen Ensemble überraschend zu einem Hit. "The Abduction Club - Entführer & Gentlemen" (2002), bei dem erneut Stefan Schwartz Regie führte, reichte daran nicht mehr heran und nahm vorweg, was bei der aktuellen Arbeit des Duos zu Tage tritt: Die beiden kennen sich im Genre aus und räubern bei filmischen Vorbildern.

Das führt dann dazu, dass "Ein Trauzeuge zum Verlieben" wie ein Klon von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" wirkt und einen Geschmack hinterlässt wie eine Kräckermischung aus "Notting Hill" und "Bridget Jones", aber niemals deren kapriziösen Biss erreicht. Jeden Moment erwartet man, dass Hugh Grant durchs Bild stolpert und sieht als Nebenfiguren Anna Chancellor und Simon Callow, die kleine, feine Schlüsselrollen in "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" inne hatten. Stuart Townsend verkörpert den schusseligen Softie Olly als Grants alter Ego und gibt alle guten Gags an den quietschfidelen Murray ab. Seth Green, der diesen schrägen Vogel überzeugend spielt, ist der einzige Lichtblick in dem lieblos zusammengeschusterten Film.

Es wäre also eine traurige Woche für Liebhaber romantischer Komödien, wenn nicht zugleich "Couchgeflüster" starten würde. Darin verliebt sich die 37-jährige Karrierefrau Rafi (Uma Thurman) Hals über Kopf in den 23-jährigen David (Bryan Greenberg). Nicht nur die Differenz an Jahren ("Meine T-Shirts sind älter als du") führt zu Komplikationen. In allen Details schildert die frisch Verliebte ihrer Therapeutin (Meryl Streep) ihren sagenhaften Sex mit dem Jungspund, ohne zu ahnen, dass sie vor dessen Mutter sitzt. Mit Sprachwitz, Speed und gutem Timing für abwegige Verwicklungen saust die Komödie auf ihr ambivalentes Ende zu und sucht sich, mit dickem Schmunzeln, eine wohl temperierten Nische bei den frischen Fischen im Mythen-Pool des Genres.

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