Teknolust (Lynn Hershman Leeson, USA 2002)

.

Jump Cut Filmkritik
__________________
Magazin für Film & Kritik:
Rezensionen und News.

Impressum



.

Videos bei Amazon
Videos & DVDs bei Amazon

BERLINALE 2003

FORUM

Teknolust (Lynn Hershman Leeson, USA 2002)

Regie: Lynn Hershman Leeson

Darsteller: Tilda Swinton, Jeremy Davies, Karen Black, James Urbaniak

USA 2002, 83´

 

Schwesterseiten

Auteur.de - Lexikon der Regisseure
Comix-Corner - die Comic-Website
Crime-Corner - die Krimi-Website
Literatur-Corner - die Seite für Literaturkritik
SciFi-Corner - die Science-Fiction- Website

Theater-Corner - die Theater-Seite
 

Archiv

Filmkritik
Filmbuchkritik
Filmklassiker
Alle alten Kritiken in der Übersicht
.

Interaktiv

Forum
Diskutieren Sie über Filme und/oder unsere Kritiken!

Mail
Was immer Ihnen an uns passt oder nicht passt.

.

Teknolust (Lynn Hershman Leeson, USA 2002)
Kritiken von Thomas Reuthebuch & Ekkehard Knörer

 [Image]

Lynn Hershmans "Teknolust" gehört einer Spezies Film an, die man immer wieder ausgestorben glaubt, für die ein Leben außerhalb des Festivalbetriebs nicht vorstellbar ist, und die dennoch Jahr für Jahr aufs neue produziert werden. Immer stellt man sich in so einem Fall die Frage, mit wessen Geld das ganze bezahlt wurde, und meist verschafft ein Blick auf den Abspann, vorausgesetzt man hat so lange ausgeharrt, Klarheit. Nicht selten tauchen dort vertraute Namen auf. Aber gut, über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten. Fakt ist, dass Lynn Hershman die Handlung lediglich als Trägermaterial für existentielle Fragen, philosophisch angedachtes oder (meist) bemüht konstruiertes dient. Sie interessiert sich nur am Rand für ihre Figuren, denn ihr Kino ist ein anderes: zitierend, ironisierend, immer auf ausreichend Abstand bedacht, in seinen besten Momenten auch dekonstruierend. Die Oberfläche ist hip, mächtig durchgestylt und nimmt derart großen Raum ein, dass die Vermutung aufkommt, man habe bei der Auswahl des Sujets vor allem auf eine hohe Designverträglichkeit geachtet.

Die Geschichte ist kurz erzählt: Rosetta Stone, Bio-Genetikerin, entwickelt aus ihrer eigenen DNA mit Unterstützung eines Computerprogramms drei Klone (Ruby, Marine und Olive). Um zu überleben müssen die Klone Injektionen männlicher Spermien erhalten, die Ruby auf ihren Streifzügen durch die Nacht besorgt. Durch Rubys Kontakt zur Außenwelt und die Beziehung zwischen ihr und dem Nachbarn Sandy wird sie zunehmend eigenständiger. Angetrieben von Neugier und Verlangen ziehen Marine und Olive nach.

Klingt eigentlich ganz spannend, könnte man sich auch schön trashig vorstellen, erinnert in seiner Haltung auch ansatzweise an New Yorker Undergroundfilme der frühen Achziger (was Antistruktur und einen gezügelten Anarchismus anbelangt). Auch Punk Rock Fanzines und deren wilde Fotostorys kommen einem in den Sinn, Debbie Harry als junges Glamourgirl hätte Rosetta Stone verkörpern können, was wäre das wohl geworden? Der Underground von dem hier die Rede ist, ist aber lange tot und hier scheint mir das Problem zu liegen. "Teknolust wirkt in jeder Szene hoffnungslos überkommen, bis zur Schmerzgrenze, wenn das Leben, draußen, mit Ausstellungs- und Konzertbesuchen gleichgesetzt wird. Konsequenterweise besteht der Film dann auch, neben einer sich auch noch der unverfänglichsten Melodramatik entziehenden Leere, die durch die formale Geschlossenheit noch unterstützt wird, im Kern aus der Sehnsucht nach Abgrenzung (wieder die 80er). Das ist doppelt verwunderlich, da im Film wiederholt Szenen eingestreut werden, die sich explizit damit beschäftigen und ganz dreist das Gegenteil behaupten. Kein Zufall, dass gerade diese Szenen im Ton herausfallen und merkwürdig platt wirken. Ein Kunstverständnis wird freigelegt, dass im konservativen Sinn bei dem bleibt, was man kennt und überprüfbar ist. Tilta Swintons Spiel ist in seiner Künstlichkeit die Entsprechung dessen und durch ihr faszinierendes, androgynes Äußeres die Idealbesetzung für dieses Konzept. Sie ist hauptverantwortlich dafür, dass man sich trotz allem für die Bilder interessiert. Beneiden um diesen Kraftakt möchte man sie dennoch nicht.

Thomas Reuthebuch

------------------------------------

Ich möchte nicht den Film verteidigen, sondern seine Ästhetik. Von Gedanken auszugehen und nicht von der Handlung, von Versatzstücken und nicht einem drehbuchdramaturgischen Ganzen, in dem sich ein homogener Spielraum psychologischer Kontinuität herstellt, ist das Konzept von Teknolust. Film kommt hier von Kunst und nicht von Kino, gewiss, aber das bringt neben der Kopfgeburten meist eigenen Prätention gerade Freiheit von den Zumutungen der realistischen Konvention. Nur müsste man solche Freiräume auch nutzen - an der Konsequenz, die dazu nötig ist und die etwa Hal Hartley in seinem artverwandten, wenig geliebten Henry Fool aufbringt, fehlt es Hershman dann leider.

Das liegt daran, dass sie, scheint's, mit ihrer Künstlichkeit zuletzt auf Natürlichkeit hinauswill, welch Widersinn. Vom Ende her wird das Klon-Projekt Rosetta Stones, einer altjüngferlichen Karikatur der weltfremden Wissenschaftlerin, mit allem Ernst, der in den mitunter ganz schön schlechten Scherzen des Films steckt, lesbar als verschobene Sehnsucht nach sexueller Zweisamkeit, vulgo Liebe. Ihr eigenes Begehren wird verschoben auf den Ruby-Klon, der auszieht, die Männer um ihren Samen zu erleichtern; Nachschub für die X-Chromosomen-hungrigen Menschmaschinen mit den extralangen Fingernägeln. Ins Spiel gebracht wird ein Zoo von weiteren Figuren: ein Nerd, der das Kopieren von Flugblättern als schöne Kunst betrachtet, eine Detektivin namens Dirty Dick, von Karen Black mit schöner Würdelosigkeit gespielt und der Polizist, dem ein Pflaster durchs Gesicht wandert. Hinaus läuft's auf Herstellung meist heterosexueller Paare und die Erweckung zum wahren Gefühl. Hier fügen sich die zuvor bloß wie wahllos über die stilisierte Oberfläche streunenden Puzzle-Teilchen zur Geschichte, zur Botschaft zusammen. Man kann nur hoffen, dass auch darin noch eine Ironie steckt, sichtbar wird sie nicht. Und natürlich ist Ironie als letzte Hoffnung von Verzweiflung so weit nicht entfernt.

Ekkehard Knörer

zur Jump Cut Startseite

.

Suche


powered by crawl-it
.

Newsletter

Anmelden zum Jump Cut Newsletter mit wöchentlichen News und Updates

Powered by KBX7

.

Jump Cut Partner

DVDs & Videos
Suchbegriffe:



In Partnerschaft mit Amazon.de

.

Jump Cut Partner

www.BlackStar.co.uk - The UK's Biggest Video Store
.

Internet Movie Database


Filmtitel Person
Powered by www.IMDb.com