Scherpunkt Asien: Dante Lam: The Triad Zone (2000)

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The Triad Zone

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Regie: Dante Lam

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Dante Lam: Jiang Hu - The Triad Zone
Kritik von Steve Erickson

zum Asien-Schwerpunkt

Unsere Massenkultur mag so global werden, wie sie will, Kipling könnte dennoch recht behalten mit seiner Ansicht, dass der Osten und der Westen sich nie begegnen würden. Als amerikanische Kinofans das Hongkong-Action-Kino der 80er und 90er Jahre entdeckten, fühlten sie sich sofort von seiner Rücksichtslosigkeit, seiner Anything-goes-Mentalität angezogen; Filme wie Tsui Harks Peking Opera Blues und Johnnie Tos The Heroic Trio mischten Stimmungen und Stile mit einer vergnüglichen Sorglosigkeit, die der Action-Ware aus Hollywood entschieden fehlte. Das gelang ihnen, ohne wirkliche Gefühle oder ernsten moralischen und politischen Inhalt dafür zu opfern - Elemente, mit denen wir hier oft nichts anfangen konnten. John Woos in Hongkong gedrehte Filme sind dafür ein gutes Beispiel. In Amerika wurden ihr Sentiment und die exzessive Gewalt als ironisch wahrgenommen. Wie jedoch der Filmtheoretiker David Bordwell schreibt, "haben Hardcore-Fans des Hongkong-Kinos kein Interesse an Spott. Statt sich an der Ironie zu weiden, die von der Postmoderne zu unser aller Schicksal erklärt wurde, (erkennen diese Fans) eine naive, nonkonformistische Aufrichtigkeit, die den Produkten für den Massenmarkt fehlt." Die Genre-Experimente des Hongkong-Kinos sind seither von auf Süffisanz setzenden amerikanischen Filmen wie Neil LaButes Nurse Betty aufgegriffen worden, aber Jiang Hu - The Triad Zone, eine Gangstersaga des Newcomers Dante Lam aus dem Jahr 2000, erinnert uns daran, wie effektiv die Formel sein kann. Sein Ton springt wild von alberner Komödie zu ernsthafter Nachdenklichkeit, aber irgendwie löscht das eine nie das andere aus - ja, das schroffe Nebeneinander von beidem macht die Emotionen des Films nur bewegender.

Jim Yam (Tony Leung Ka-fai aus The Lovers) ist der Anführer der Hung-Bo-Gang, einer der vier wichtigen Triaden Hongkongs. Er hat sich mit Vertrauten umgeben: seiner Frau Sophie (Sandra Ng), seinem Bodyguard Yue (Roy Cheung), seiner Geliebten Jo Jo (Lee San-san) und seinem Anwlat Wai (Chan Fai-hung). Der Film beginnt mit einer Szene in einem Restaurant, in der Jim einen jungen Punk attackiert, der ihm Vorträge über IPOs und die sich auftuende Kluft zwischen den Generationen hält, statt seine Schulden zurückzuzahlen. In Zeitlupe segelt Wein durch die Einstellung und Jim feiert seinen Triumph in einem Tanz auf dem Tisch. Seine Selbstzufriedenheit währt jedoch nicht lange: jemand hat geschworen, ihn innerhalb der nächsten 24 Stunden zu töten und beim Versuch, den mysteriösen Attentäter ausfindig zu machen, muss er feststellen, dass er die Menschen in seiner Umgebung weniger gut kennt als er gedacht hat.

Der Film reflektiert eine Reihe von Entwicklungen im Hongkong-Kino: das neue Interesse an der Liebesgeschichte (weiteres Beispiel: Wilson Yips Juliet in Love), die Wendung des Gangsterfilms zu Jugendlichen (Young and Dangerous, der eine Menge Fortsetzungen, Prequels und Spin-Offs zur Folge hatte) und, vor allem, ein stärkeres Bewusstsein für die eigene Genre-Zugehörigkeit. Amerikanische Regisseure wie LaBute und die Coen-Brüder verwenden gerne Genre-Referenzen, um sich über ihre Charaktere lustig zu machen und ihre eigene kulturelle Überlegenheit zu bestätigen, aber der Humur in Jiang Hu ist sanfter und liebevoller - und mit der Synthese von Romanze und Gangsterfilm erschafft Lam einen Genrefilm, der von der Sterblichkeit und von der Desillusionierung durch das Älterwerden handelt. Auf seiner Jagd nach dem Attentäter zeigt sich, dass Jim zwischen einer älteren Generation von Männern, die nun dem natürlichen Verfall erliegen (einer seiner Rivalen stirbt an Lungenkrebs, eine Szene, die Lam gekonnt mit einer extremen Nahaufnahme einer Zigaretten-Rauchfahne einführt) und einer jüngeren Generation von Möchtegern-Gangstern, die sich um Ethik noch weniger bekümmern als er selbst.

Das Drehbuch von Chan Hing-kar und Amy Chin nimmt viel unterschiedliches Material in sich auf, von einer Parodie auf Johnnie Tos The Mission (1999) bis zu einem buchstäblichen Deus ex Machina. Auf ein bewegendes und intensives Gespräch zwischen Jim und Sophie folgt die blutigste Szene des Films, ein Schusswechsel, den das Paar mit Mühe und Not überlebt. Und nach einer Folge von ungewöhnlichen Kameraperspektiven und schnellen Schnitten gibt es eine Szene, die in einer einzigen Einstellung aus der Distanz aufgenommen ist, fast wie bei Edward Yang.

Einige dieser raschen Wechsel sind verwirrend, aber der Film ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein taoistischer Gott, Master Kwan (Wong), erscheint in einer Allee, um Jim vor dem Attentäter zu bewahren, aber was als Gag beginnt, bekommt im weiteren Fortgang der Geschichte tiefere Bedeutung. In einem blauen Kopfschmuck und einem Mantel, der Liberace peinlich gewesen wäre, begleitet Kwan Jim nach Hause, erklärt, dass er Gebete nach Lust und Laune erhört (gerade oft genug, dass die Leute noch an ihn glauben), sieht sich Softporno im Fernsehen an und nimmt an einem Treffen der Hung Bo teil. Schließlich bekommt dieser Nebenstrang eine Wendung ins Nachdenkliche: nachdem Sophie entdeckt hat, dass Jim eine Geliebte hat, klagt Kwan darüber, wie sehr ihn die Welt enttäuscht hat. Auf wunderbar komische Episoden (eine romantische Montage von Jim und Sophie, die Leute in London ausrauben) folgt eine Stimmung des Bedauerns in letzter Minute. Anfangs erscheint Sophie wie die Männerfantasie einer eiskalten Geschäftsfrau und Sexgöttin, aber am Ende des Films wird der Schmerz ihrer Konzessionen an das Eheleben und das Gangsterdasein fühlbar. Einmal hält sie Jim ein Messer an die Kehle, um ihn von der Rückkehr nach Hongkong abzuhalten; jetzt bleibt ihr nur noch ihre traurige Resignation angesichts seines Verhältnisses zu einer anderen Frau.

Lam verwendet das visuelle Vokabular des Hongkong-Kinos - schiefe Perspektiven, irre Zooms, freeze frames, Jump Cuts - aber der virtuose Stil gründet auf dem Fundament echten menschlichen Dramas, wenn er seine Charaktere im Kampf mit dem Altern und der Erkenntnis, dass, wie in Jims Fall, ihre Zeit zuende geht, zeigt. Mit seinen Schluss-Wendungen beweist uns Lam, dass die Liebe zum Kino nicht in ein Spiegelkabinett führen muss. Wenn er dieses Geheimnis nur anderen Filmemachern verraten könnte.

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Übersetzung: Ekkehard Knörer

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