Dankenswerterweise mal ein Film, der seine eigene Poetologie gleich vollinhaltlich mitliefert; nur leider ist's eine Denunziation. Es spricht der Dichter und erläutert (einem kleinen albanischen Jungen, der aber genau versteht, worum es geht), was das ist, ein Dichter. Einer der Wörter kauft, unver- traute, unbekannte, aber edle und wohlklingendeWörter,  einer, der seine eigene Sprache als fremde wiederentdeckt, und dann Gedichte aus diesen Wortpreziosen macht. Oder, ist zu vermuten, Filme.

Denn das scheint das Verständnis Angelopoulos' von Filmkunst zu sein: die Aneinanderreihung pre-ziöser Bilder, ja Tableaus, durch die als vollbärtiger Rübezahl der Dichter Bruno Ganz stapft und langsam, allzu langsam, vor sich hin stirbt. Nun war Angelopoulos immer schon jemand, der am Individuellen nicht das mindeste Interesse hatte, dem alle auftretenden Personen und Orte in erlesen inszenierten Arrangements zu bedeutungsschweren Symbolen gerannen. Die Bilder strebten immer danach, mehr zu zeigen, als man sehen konnte, und das Wunder war, daß ihre Evidenz oft genug so groß war, ihre Schönheit so überwältigend, daß man alle Symbolik und Botschaft und Verhandlung der ganz großen Fragen getrost im Hintergrund lassen und einfach nicht weiter beachten durfte. Die Rätsel dieser Bilder waren faszinierend (ähnlich wie bei Tarkowskij), solange sie sich nicht erschlossen - und ähnlich wie bei Tarkowskij ab Nostalghia verwandelt sich vieles in sauren Kitsch, sobald man den Schlüssel aufs nachdrücklichste in die Hand gedrückt bekommt und Erlesenheit zum Selbstzweck wird.. Und in 'Die Ewigkeit und ein Tag'. erschließt sich von der ersten Minute an alles, als große Todeselegie, deren schlimmste Krankheit die Wörter sind, in denen Lebende, Tote und Sterbende penetrant von Leben, Liebe, Sterben und, wie schon erwähnt, Dichtung sprechen. Durch schleierartige Vorhänge besucht Alexandros, der Dichter, von Zeit zu Zeit die Vergangenheit, seine tote Frau, da scheint dann die Sonne, man ist am Meer und tanzt und feiert und Bruno Ganz' Spiel ist von bleischwerem Ernst, seine Gestik von ambivalenzlosester Bedeutungshaftigkeit: er ist schlicht nicht zu ertragen.

Angelopoulos hat bei alldem das Inszenieren opulenter Bilder nicht verlernt - nur wirkt es mittlerweile nur noch wie Wiederholung, ja Karikatur seiner selbst und, im Kunstwillen, prätentiös oder, schlimmer noch, in der optischen Veredelung des merkwürdigen Albanerkindersubplots, wie Elendschic und ästhe- tizistische Ausbeutung von Not und Angst. Anders als vom Filmkünstler Angelopoulos erwünscht sein kann, taugt der Film als Allegorie: auf das erst recht sterbenslangweilige Dahinsiechen einer Vorstellung vom Film als Äquivalent einer Idee von Dichtung und Kunst, die selbst schon unsagbar verschmockt ist. Es gibt da keine Rettung mehr, man kann sowas (Wenders z.B. auch in seinen letzten Filmen) nur in den Orkus wünschen und Tarantino kucken und John Woo und sich auf den nächsten Schwarzenegger freuen.