bube, dame, könig, gras

(r: guy ritchie gb 1998)

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Was für ein geschmackloser Film! Er hat alles zu bieten, was 13jährigen Jungs Spaß macht: Gewalt
(inklusive einer unübersehbaren Zahl von Leichen), Gewehre, Geld, Drogen, drastische Sprache,
laute Musik. Es macht ganz den Eindruck, als habe sich der Drehbuchautor die Frage, wie man einen
Film aus diesen vorgesehenen Ingredienzien zusammenrührt, erst als zweites gestellt. Erstaunlich ist,
daß er dabei unbestreitbar einige clevere Einfälle gehabt hat, die das Ganze zu etwas mehr als einer
schamlosen britischen Tarantino-Version werden lassen.

Von Tarantino-Qualität ist zum Beispiel die Idee, in einer Parallelmontage, ziemlich gegen Ende, je-
weils so zwischen verschiedenen sich auf einen seltsamen Showdown zubewegenden Gangstergrup-
pen hin- und herzuschneiden, daß man der einen Gruppe beim Witzemachen zusieht, aber entschei-
dende Partien immer verpaßt. Das ist ein Scherz ohne tiefere Bedeutung, aber es ist witzig.

Scherze ohne tiefere Bedeutung bietet der Film zuhauf. Es gibt zum Beispiel zwei zirkulierende Ob-
jekte, eine Tasche voller Geld (viel Geld) und zwei Gewehre, die die erwähnten, sich aber im Laufe
der Geschichte mehr oder minder vollständig gegenseitig niedermetzelnden Gangstergruppen, sehr
in Trab halten. Mit der ständig neuen Positionierung der Objekte hält der Regisseur auch seinen Film
in Gang und es gelingt ihm, mit einem sicheren Gespür für Timing das Tempo immer weiter zu steigern,
zugleich mit den Verwirrungen, die die Beziehungen, in die die Figuren durch die zirkulierenden Objek-
te treten, immer wieder verschieben. Die Verwirrung und Komplexität bleibt dabei aber eine rein
strukturelle Frage. Weder gerät einer der Charaktere zu mehr als einer Comic-Figur noch tun sich
irgendwo irgendwelche Fragen nach sozialer Realität, Verantwortung oder Zwischenmenschlichem auf
(Frauen bleiben vorsichtshalber gleich -so gut wie - ganz aus dem Spiel).

Alles bleibt bloße Funktion der Geschichte, die laufen muß wie geschmiert. Das tut sie schließlich auch
und man muß damit kein Problem haben. Ein Problem aber habe ich damit, wie, nicht daß!, sie über
Leichen geht. Das Vergnügen, das der Film an sich selbst hat, ist vollständig bedenkenlos, vergleichbar
etwa Danny Boyles 'Kleine Morde unter Freunden'. Er weidet sich an den eigenen Effekten, egal ob
es solche der (mitunter arg originellen) Kameraführung sind oder solche, aus denen nichts als Zynismus
spricht. Der Film hat Spaß an der Verletzung und Verstümmelung von Menschen, er macht sich gnaden-
los lustig über seine Figuren, ordnet sie wahlweise der Story, dem Soundtrack oder dem Bild unter. Das
ist eine Form von blindwütigem Spaß, der sich in sich selbst erschöpft, nichts zu sagen hat und zu nichts
führt. Weniger moralisch, mehr ästhetisch ausgedrückt: der Film hinterläßt nichts als eine große Leere,
er ist ein virtuoses Feuerwerk, von dem, nachdem es einmal hochgegangen ist, nichts übrig bleibt außer
Schall und Rauch. 

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