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solo für klarinette

(R: Nico Hofmann D 1998)

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Handwerklich gibt es an dem Film nichts auszusetzen. Kamera, Regie und Schauspieler sind,
falls man Götz George grundsätzlich ertragen kann, weit über Durchschnitt. Bewundernswert
ist auch die Sorgfalt, mit der dieser Film, ohne ins Pittoreske zu verfallen (das ist etwas, das
man in starkem Maße etwa 'Jenseits der Stille' vorwerfen kann, ein wenig aber auch dem sonst
hoch geschätzten 'Das Leben ist eine Baustelle'), ein Berlin der etwas anderen Art entwirft. Es
gibt hier keine Anschlußwillkürlichkeiten wie etwa in 'Lola rennt' und daran könnte man  so
manches über den Unterschied zwischen Realismus und imaginären Realitäten lernen. Dabei ist
auch das Berlin dieses Films höchst artifiziell, nämlich weit über die Alltagserfahrung düster,
trostlos und regnerisch (mitunter darf man allen Ernstes an Blade Runner denken), aber wegen
seiner Genauigkeit bis ins Detail außerordentlich stimmig. Mit großer Präzision hat Nico Hof-
mann an der Tonspur gearbeitet, die, unauffällig genug, Atmosphäre transportiert.

Stellt sich die Frage, warum es dann doch kein großer Film geworden ist. Die Antwort liegt auf
der Hand und ist die fürs deutsche Kino übliche: das Drehbuch. Hier hat mal wieder jemand
einfach zuviel gewollt, und zwar alles auf einmal. Der Film ist ein Thriller, eine milieugenaue
Psychostudie, die Geschichte einer amour fou, nicht zu vergessen Eheprobleme , Päderasten
und psychisch gestörter Sohn. Als Ergebnis eine Melange aus Schimanski und 'Engelchen', deren
Verdaulichkeit trotz der großartig geheimnisvollen, beängstigend instabilen weiblichen Hauptfigur,
die Corinna Harfouch mit großer erotischer Ausstrahlung spielt, immer wieder in Frage steht.

Insgesamt bereitet das Sorge. Nico Hofmann ist neben Dominik Graf gewiß der handwerklich
beste deutsche Regisseur und muß seine Talente wie dieser meistens fürs Fernsehen verschenken
(sehenswert bleibt natürlich immer, was die beiden inszenieren). Mit George und Harfouch hat
er die zwei vielleicht charismatischsten deutschen Schauspieler zur Verfügung und doch kann
der Film am Ende, und ich meine das ernst, nicht mit der oberen Mittelklasse vergleichbarer
Hollywood-Produkte mithalten. Bei welcher Gelegenheit nur haben die deutschen AutorInnen
das Geschichtenschreiben verlernt? Und, wichtiger: wer kann es ihnen wieder beibringen?

Interview mit Nico Hofmann bei Spielfilm.de

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