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Es gibt eine Sorte Komödien, bei der man zwei Dinge am besten sofort vergißt: Geschmack und
Niveau. Man kann sich nur ohne sie amüsieren (aber vielleicht dennoch besser, wenn es da was
zu vergessen gibt). Ohne Zweifel gehört 'Verrückt nach Mary' zu dieser Sorte Komödie. Wer
also Geschmack und Niveau sucht, wird, vergleichbar den (nur in dieser Hinsicht) ähnlichen Zucker/
Abrahams/Zucker-Komödien, diesen Film nur für bodenlos halten, und sonst für gar nichts.
Bleibt also zu klären, warum der Film einer der komischsten US-Filme der letzten Jahre ist. Zuerst
die ernüchternde Botschaft an alle Anhänger Kritischer Theorie (falls es noch welche gibt): entlarvt
wird hier nichts. Zwar werden bestimmte Milieus (Highschool, Golfclub) in unfreundlicher Überzeich-
nung dargestellt, das Potential gesellschaftskritischer Wendung ist aber denkbar gering, was man spä-
testens dann merkt, wenn ganze Verarschungs-Breitseiten auch gegen Behinderte geschossen werden.
Woran man sieht, daß das ganze gewiß nicht politisch korrekt ist, aber auch das reicht ja noch nicht,
um komisch zu sein.
Wie allen guten Komikern sind die Milieus, in denen sie sich auskennen, den Farrellys nur Material
und Hintergrund für das einzige was zählt: gelungene Gags. Und die verstehen sie zu basteln. Neben
einem Sinn für absurde Pointen verfügen sie auch über den für die Dramaturgie eines Gags. Natür-
lich ist es nur mäßig witzig, wenn sich ein zahnspangentragender High-School-Absolvent vor dem
Abschlußball im Badezimmer seiner Angebeteten seine wertvollsten Teile im Reißverschluß ein-
klemmt. Witziger wird es, wenn sich erst der Vater der Angebeteten, dann die Mutter (weil sie
Zahnärztin ist), dann ein Feuerwehrmann, der zum Fenster hereinspaziert kommt, dann beinahe
eine weitere Schwadron von technischem Hilfsdienst seiner annehmen.  Nur bedingt komisch ist
es, wenn derselbe Held vor dem Besuch derselben Angebeteten zwecks Spannungsabbaus mastur-
biert. Witziger ist es, wenn nach erfolgreichem Abschluß das Sperma verschwunden ist, um von der
Freundin dann am linken Ohrläppchen wiederentdeckt und für Haargel gehalten zu werden.
Ziemlich komisch ist es dann, fünf Minuten lang die derart gestylte Haartolle bewundern zu können.
Hier von Tabuverletzung zu reden und eine Freudianische Entlastungstheorie des Komischen anzu-
setzen, verfehlt den Punkt. Was die Farrellys benötigen, sind nicht Tabus, sondern Peinlichkeiten -
und wem (unter den Zuschauern) das, was passiert, nicht peinlich ist, also auch, wer sich mit den
Figuren nicht identifizieren kann, der hat das Pech, sich in einer distanzierten Haltung wiederzufin-
den, von der aus alles nur noch albern ist. Zwingend notwendig ist die Wiedererkennung von Situ-
ationen (in die zu geraten man eher nicht wünscht) und von Typen (denen man schon immer die Pest
an den Hals wünscht).Die Komik resultiert dann aus der paradoxen Mischung dessen, was man er-
wartet (Stichwort: running gag), in diesem Fall immer das denkbar peinlichste, und dem Überraschen-
den und Absurden.
Die Kette, auf der diese Gags gereiht werden, ist die einer romantischen Liebesgeschichte. Seiner
Universalität wegen taugt ein solcher Plot natürlich bestens als Hintergrund - vor allem im Identifika-
tionspotential. Erstaunlich ist, daß auf gewisse Weise (dank auch der exzellenten Schauspieler)
diese Liebesgeschichte sogar funktioniert und man den bescheuerten Helden am Schluß alles
erdenklich Gute für ihr weiteres unerträgliches Leben wünscht. Subversiv in irgendeinem aufkläre-
rischen Sinne ist der Film nicht, will er nicht sein. Komisch will er sein. Und das ist er.

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