. .

.

. .

schweinchen babe in der großstadt

r: george miller usa 1998


Die Dreistigkeit, mit der die Fortsetzung des großen Erfolgs aus Australien dem Schweinchen alle
Possierlichkeit austreibt, verwundert und hat, wie zu erwarten war, ins kommerzielle Desaster ge-
führt. Ein schlechter Film ist 'Schweinchen Babe in der Großstadt' deswegen aber noch lange nicht.

Wenn man erst einmal vergißt, daß der erste Teil die optimistische Lektion von der gesellschaftlichen
Konstruiertheit sozialer Rollen, wie etwa und beispielhaft des Schafehütens  (Aufnahme und Wendung
der gender-Debatte) mit der noch optimistischeren von deren diskursive Überwindbarkeit im und als
herrschaftsfreier/n Diskurs (Habermas) verbunden hat, kann man auch an Babe in der Großstadt sein,
wenngleich sehr viel boshafteres Gefallen finden. Aus der ländlichen Idylle cum progressiver Gesell-
schaftstheorie sieht man sich in eine konglomerathaft idealtypische Großstadt versetzt, in der keine
anderen Gesetze als die des Sozialdarwinismus herrschen. Friedliebende und wenig wehrhafte, des-
wegen aber noch lange nicht durchweg herzensgute,Tiere haben, unter der Obhut einer merkwürdigen,
aber doch gutherzigen Frau und Hotelbesitzerin eine Nische gefunden, in der auch das Schweinchen
landet. Dieses bedrohte Tierasyl ist optisch eindrucksvoll - und erinnert, auch von der Geschlossenheit
seines abweichenden Kosmos, an das Schloß der Addams Family.

Schwung kommt in die Geschichte, als die Herrin aus dem Haus ist und die Tiere, um nicht zu verhun-
gern, einen Ausflug in die böse Welt wagen müssen. Das Schweinchen wird beinahe von einem Pitbull
getötet, rettet ihm zuletzt aber sogar das Leben. Hier ist sie wieder: Babes moralische Vollkommenheit -
nur daß sie in diesem Film sogleich ins politisch Bedenkliche umschlägt: der Pitbull wird zum tyrannischen
Unterstützer von Babe, der/die/das (?) zum naiven Regenten eines plötzlich ziemlich monarchisch
strukturierten Tiervolks avanciert. Leider verfolgt der Film diese interessante Wendung nicht weiter,
sondern verliert sich in eine allzu konventionelle Tierlabor-Befreiungsgeschichte, die erst am Ende noch
einmal einen turbulenten Höhepunkt recht komischer Trapeznummern findet. Der Rückweg in die Idylle
gelingt ganz zum Schluß nur mit durch Ironie etwas gemilderter Mühe. Das Happy-Ending von der
Rückkehr ins Paradies ist ein sich selbst durchsichtiger (falscher) Märchenschluß.

P.S.: Es lohnt sich, bis ganz zum Ende des Abspanns zu warten, es gibt eine reizende Belohnung.

Besucher Nr.

seit dem 16.3.1999