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small soldiers

(r: joe dante usa 1998)

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Joe Dante ist so etwas wie der Mr. Hyde zu dem Dr. Jeckyll, der Steven Spielberg
ist. Da Spielberg aber ein so guter Mensch ist, reicht's auch bei Dante nie so ganz
zu wirklicher Abgründigkeit. SMALL SOLDIERS ist eine Variante des Gremlins-
Motivs, nur daß die Aufspaltung in die Guten und die Bösen hier von vorneherein
feststeht und das zentrale Bedrohungspotential der willkürlichen Metamorphose des
Haustierlichen ins Zerstörerische damit vereindeutigend wegfällt. Die Spielzeugpar-
teien Commando Elite (vernichtungskriegerische Soldaten) und Gorgonites (bizarre,
aber liebenswürdige Gegner) sind in Carl-Schmittscher Manier in Feindschaft um
der Feindschaft willen aneinandergekettet. Die Gorgonites sind der Feind und fertig,
es bedarf dazu keiner weiteren ideologischen Begründung.
Die interessantere Frage
ist allerdings, was mit der Berufung auf eine einleuchtende Begründung zu
rechtfertigen ist. Darauf hat der Film eine reichlich totalitäre Antwort. Sehr gegen diese Reinheit der Unterscheidung steht übrigens das Kampfprinzip beider Parteien, das das grotesker Bricolage ist - man bedient sich aller Gegenstände, die zu greifen sind und funktioniert sie um zu Waffen.

Der Film gibt sich als großangelegte Allegorie der us-amerikanischen Gegenwart.
Schon deshalb plaziert er sich im amerikanischen Kleinstadt-Heartland, das vom
kapitalistischen Globotech-Konzern bedroht wird, der die gewachsenen Strukturen
des Landes, die sich hier auf zwei Alternativmodelle des Familienlebens allegorisch
abbilden, zu zerstören droht. Gegeneinander stehen, so schematisch wie es klingt,
hirn- und sinnlose Technikbegeisterung, die sich gegen die Natur richtet, einerseits
und ein ökonomisch desaströses Verweigern des Erwachsenwerdens. Beiden Fa-
milienvätern ist die Kontrolle über den Nachwuchs entglitten. Die Tochter des Tech-
nikfreaks zieht es zu den Außenseitern, der Sohn des Ökoromantikers birgt ein
beachtliches Aggressionspotential (und auf dieser Ebene tritt auch das Gremlins-
Motiv wieder auf). Er wird zum Einfallstor des Kapitalismus, der im blinden Chip-
verbund mit dem Militär den beinahe nicht mehr zu bändigenden Krieg ins nach
außen hin so friedliche Kleinstadtleben bringt. Innerhalb der Globotech-Binnen-
Handlung wird farcenhaft, aber hellsichtig der fatale Folgen zeitigende Zusammen-
hang von Realitätsfremdheit des genialen Nerds (der in Spielberg-Filmen in der
Regel besser wegkommt) und Karrieregeilheit des genialen Vermarkters vorge-
führt, die nur noch der Unterstützung des skrupellosen Kapitalisten bedürfen, um
die große Katastrophe herbeizuführen.

Die große Katastrophe, zu der es kommt, ist der Kontrollverlust des Menschen
über die von ihm geschaffene Spielzeug-Kreatur, die sich als lernfähig erweist und
ihr kriegerisches Potential perfektioniert. Während also die Commando-Elite für
die gefährliche Seite neuester Technikentwicklungen steht (Computer sind allgegen-
wärtig in dem Film), sind die Gorgonites die Hoffnungsträger. Zwar sind sie die ge-
borenen, d.h. programmierten Verlierer und auf ihre Weise heillose Nerds, wie
auch der Junge, mit dem sie sich anfreunden (klare E.T.-Reminiszenz, so wie der Film
ohnehin einen ganzen Kometenschweif von Anspielungen hinter sich herzieht, von
den Gremlins über 2001 und Apocalypse Now bis, meta-historisch korrekt, ganz
am Ende Titanic. Nur selten aber haben diese Anspielungen auch einen funktionalen
Mehrwert) - an der entscheidenden Stelle aber tun sie einen evolutionären Sprung,
dessen Bedenklichkeit der Film systematisch ignoriert.

Als alles aussichtslos erscheint, werfen sie nämlich ihren aufs Versteckesuchen pro-
grammierten Pazifismus über Bord und werden selbst kriegerisch. Sie ziehen, zur
Selbstaufopferung bereit, in die Schlacht. Von diesem Punkt an kennt der Film
keine Bedenken mehr und schwenkt ganz auf die patriotische Linie etwa von Inde-
pendance Day ein. Angesichts des Feindes gibt es nur mehr Patrioten, die sich zur
Neuen Gemeinschaft zusammenfinden - und da sind nun wirklich alle einbezogen.
Es sind nicht zuletzt die Freaks, die die Welt retten werden. Das ist die Lektion,
die Independance Day ebenso wie Mars Attacks (der aber vielleicht doch in ent-
larvender Übertreibung) gelehrt haben. Klingt ja nicht unsympathisch, erst mal.
Dahinter aber steht eine ungemütliche Form von Versöhnungskitsch, die vor Zwangs
vereinnahmung nicht halt macht. Das Programm all dieser Filme, die die Außenseiter
zu feiern scheinen, lautet in Wahrheit: Es darf keine Außenseiter mehr geben, alle
gehören zur Familie.


Im Umkehrschluß heißt das aber: wer sich weigert dazuzugehören, ist der wahre Feind
und wird gnadenlos ausgemerzt.

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