Die Kunst dieses Films ist keine des Einsatzes eleganter und raffinierter Kunstmittel. Es ist
eine Kunst der Simplizität, die sich auf die Wirkung ihrer Reduktionen verläßt und verlassen
kann. Die Kunst dieses Films ist also jene Form der Kunst, die Realismus heißt und aus
der überzeugenden Kombination der Grundelemente jeder Narration entsteht.
Diese Grundelemente sind Figuren, Schauplätze und plot. Der Plot: eine in den 70ern er-
folgreiche Band will nach 20 Jahren eine Reunion wagen. Erzählt werden so zwei Geschichten.
Alle Erzählgegenwart ist überlagert von der Rekapitulation des Vergangenen - und das
heißt vor allem - vergangener Konflikte, die, nachholend, nun erneut ausgetragen und,
die Wiederbegegnung ist als erfolgreiche Therapie inszeniert, überwunden werden. Der
Schauplatz ist England (mit Tourausflügen nach Belgien) und so reiht sich der Film in
eine Kette, die schon beinahe ein Genre konstituiert, aus realistischen englischen Filmen,
von Stephen Frears frühen Arbeiten (und 'The Snapper') über Ken Loachs insistent
politische Filme bis zum nächsten Verwandten unter den Vorläufern, 'The Commit-
ments'. Wie dieser funktioniert 'Still Crazy' in erster Linie seiner Charaktere wegen,
die zu gruppendynamischer Unvorhersehbarkeit zusammengezwungen werden.
Die gängigen Rockmusikerklischees - der Sänger als Diva, das verrückte Genie, der
unterschätzte und zurückgedrängte Gitarrist - werden sowohl bedient als auch unter-
laufen. Die Pointen verdanken sich dabei dem Alter der Protagonisten, die als reife
Männer ihre zur Gloriosität verklärte Vergangenheit einerseits wiederaufleben lassen
wollen, alle pubertären Wiederholungszwänge der Lächerlichkeit preisgegeben sehen.
Witz, Sentimentalität und eine ganze Menge Liebe zu den Charakteren kommen
dazu - und so entsteht keine große Kunst, aber jene Form der kleinen Kunst, die
eine große ist.