8/6/2004

Fantasy Filmfest: F.LM legt los

Mit Beginn des Kölner Fantasy Filmfest legt nun auch die personell Jump Cut sehr nahestehende Zeitschrift F.LM - Texte zum Film mit ihrer Online-Berichterstattung richtig los. Neben bereits etwas älteren Kritiken zu Filmen wie The Toolbox Murders von Tobe Hooper, dem bereits auf der Berlinale gelaufenen Miike-Film One Missed Call und einigen anderen, finden sich dort nun auch frische, tagesaktuelle Kritiken zu dem plottwistreichen Saw, dem grenzdebilen und leider kaum amüsanten Mucha Sangre, dem "leider völlig belanglos[en]" Evil Words und anderen. Hamburger und Berliner, die das Festival noch vor sich haben und bei der Kartenauswahl noch unsicher sind, sind gerne dazu eingeladen, sich unabhängige Meinungen einzuholen (schließlich ist auf das Programmheft, wie jeder spätestens nach seinem zweiten "FFF" weiß, in den seltensten Fällen Verlass).

Die Berichterstattung wird nach Möglichkeit täglich aktualisiert.

Polen, Tschechien in der NZZ

Informationen zum aktuellen Stand der polnischen Kinematografie:

Digitaltechnik und Selbstausbeutung - auf diesen gemeinsamen Nenner lassen sich all die «Verzweiflungstaten» junger Filmemacher bringen, wenn sie heute gegen die finanziell-strukturelle Misere der polnischen Kinematographie den Aufstand proben. Dabei sind es nicht nur Absolventen der Filmhochschulen in Lodz und Katowice, sondern auch Neulinge, die auf Umwegen zum Film kommen. Der Journalist Przemyslaw Wojcieszek, dessen Film «Besser als Amerika» («Glosniej od bomb») auch in deutschen Kinos lief, begann als Amateur. Die meisten von ihnen frönen der «Dogma»-Ästhetik. Weniger in ästhetischer als in produktionstechnischer Hinsicht innovativ, darf das Off-Kino in seinem Wirkungspotenzial nicht überschätzt werden.

Und der tschechischen:

Zu den Schattenseiten gehört, dass im tschechischen Verleih- und Kinogeschäft neben tschechischen und amerikanischen Filmen kaum mehr etwas anderes Platz hat. Unter den zwanzig erfolgreichsten Filmen des Jahres 2003 findet sich nur ein Film aus einem Drittland, die englische Produktion «Johnny English». Tschechiens Beitritt zum Media-Programm der EU zu Beginn des Jahres 2003 zeigt noch keine statistisch relevanten Erfolge bei der Verbreitung europäischer Filme. Pro Jahr werden in Tschechien rund 15 bis 20 Spielfilme produziert, wobei eine professionelle Produktion im Schnitt 800 000 bis 1 Million Euro kostet. Die tschechische Filmbranche lebt indes nur zu einem kleinen Teil von der Produktion eigener Filme. Gemäss Schätzung des Produzentenverbandes werden 80 Prozent der Dienstleistungen der tschechischen Filmbranche und Filmindustrie (von den Dreharbeiten bis zur Postproduktion) für ausländische Produktionen erbracht, die wegen der günstigen Preise für qualitativ hochstehende Leistungen ins Land kommen.

8/5/2004

Das Lied der Straße

Leider Gottes erst heute morgen drüber gestolpert. Und dann auch nur durch Zufall. Beim Abarbeiten mehrerer Feuilletons der Süddeutschen nämlich, die ich - Punk will never die - in der Tat aus dem Altpapiercontainer meines Hinterhofs gezogen habe. Soweit ich das überblicke hier auch noch nicht erwähnt, und auf der Website der Süddeutschen wohl auch kaum mehr auf die Schnelle greifbar: Dominik Graf jedenfalls am 22.Juli mit einem sehr schönen, fast seitenfüllenden Essay über das Genre des Polizeifilms, über dessen Implikationen, unterschiedlichen Spielarten, nationalen Eigenarten. Und warum "Großleistungen denkbar" wären, um "einzelne Filme [der Tatort-Reihe] vor dem Vergessen zu retten". Und natürlich viele Verbeugungen vor French Connection, Melville, den Klassikern aus den 70ern und den 80ern. Und warum es "der leidenschaftlich unpolitischen Dummheit" der 90er Jahre entspricht, dass in diesem Jahrzehnt nurmehr Bizarrerien gehirnkranker Einzeltäter aufgetisch werden (hier indes widerspreche ich).

Einziger Wermutstropfen: Der nicht-kanonisierte Pulp fehlt (und deshalb stimmt das mit den bizarren Morden und den 90ern auch nicht so ganz). Aber sei's drum, schön zu lesen ist der Text allemal. Vielleicht kennen Sie ihn ja schon. Vielleicht haben Sie ihn übersehen, dann lohnt sich der Blick in den Zeitungsstapel im Eck. Oder Sie haben eine Bibliothek in der Nähe. Oder aber Sie klicken, wie ich jetzt im Moment gerade hocherfreut feststelle, einfach auf diesen Link.

8/4/2004

Was macht Michael Moore richtig?

Und warum liebt ihn Europa so sehr? Diese Sommerloch-Fragen stellt das österreichische Wochenmagazin profil anlässlich der Österreich-Premiere von Fahrenheit 9/11 und widmet MM daher gleich mal die Coverstory. Lesen lass ich Sie selber.
Ihr Wien-Filter hat im August übrigens unverschämt viel zu tun, das sporadische Berichten daher bitte zu verzeihen.

8/1/2004

Moore im Dschungel

In schöner Tradition hält die Jungle World die gewetzten Klingen der Kritik hoch und widmet sich im Themeblock der noch aktuellen Ausgabe, natürlich, Michael Moores neuem Film Fahrenheit 9/11. Erfrischend dabei, dass die "linke Wochenzeitung" keineswegs auf Abnicken des Anti-Bush-Films aus ist, sondern den einen oder anderen kritischen Blick wagt. Wer Linkskonformismus erwartet, wäre bei den Dschungelkämpfern ohnehin fehl am Platze.

In Der Kreuzzug des kleinen Mannes gehen Teresa Schweiger und Tobias Ofenbauer hart mit Moore ins Gericht. Nach allen Regeln der Kunst werden die formalen und inhaltlichen Verführungen des Films aufgelistet und das politische Projekt dahinter selbst diskreditiert: "Nicht ob rechtstaatlichen Regeln genüge getan wird, zählt, sondern ob sich der eigene politische Wille durchsetzen lässt. Die Nähe zu antietatistischen Konzepten des Populismus, in denen nicht der blutleere Rechtsstaat, sondern das gesunde Volksempfinden herrschen soll, liegt hier offen zu Tage." Das Schlußwort - ein Zitat von Orwell - schlage zudem fehl.

Keine wirkliche Kontraposition, aber eine im Detail doch in eine andere Richtung zielende nimmt Andreas Hartmann in Echt nicht echt ein. Film im Allgemeinen, Dokumentarfilme im Besonderen seien grundsätzlich keine authentischen Wiedergaben von Wirklichkeit. Wer Moore nun Wahrheitsfälscherei vorwirft, ist selbst schon in die Dokumentationsfalle geraten. Moore habe "mit dem Glauben mit dem Wahrheitsanspruch, der an einen Film, einen Film, anscheinend immer noch gestellt wird, endgültig Schluß gemacht". Des weiteren sei der Film ohnehin eher stabilisierend und somit wohl, im Sinne Moores, nur als Schuß in den Ofen zu betrachten.

Cui Bono? titelt Ivo Bozics wie stets beißende Polemik. Er kommentiert die Kampagne zum Film und enttarnt Verschwörungstheoretiker vor allem als an Geschwätz interessierte Persönlichkeiten, die die Ausgangsfrage ihrer Überlegungen nach dem Nutzen einer Sache (etwa: des 11.Septembers) ohnehin nie zuende denken. Das wusste man zwar schon vorher, Spaß hat's trotzdem gemacht und wahre Worte dürfen ruhig auch mal wiederholt werden.

Aus New York skizziert Max Böhnel die Rezeption des Films in den USA und blickt dabei auch ins republikanische Lager. "Einen der wenigen Lichtblicke in der Aufarbeitung des Films" hat er in einem Text von Robert Jensen, Professor für Journalismus in Austin (Texas), aufgetan, der für das linke Blatt Counterpunch schreibt: "Das stupid white movie sei ein »schlechter Film, aber nicht aus den Gründen, für die er in der herrschenden Kultur angegriffen wird". Es sei "»ein konservativer Film, der am Ende die zentrale Lüge der USA übernimmt«: dass es den US-Militärs um Freiheit gehe und dass »die angeblich so glorreiche Tradition der Armee durch den Irakkrieg gebrochen worden« sei."

Dabei ist Moore doch so erfrischend! Das zumindest ist Günter Wallraffs Einschätzung, den man für ein Gespräch gewinnen konnte. In diesem ist Wallraff in erster Linie wieder nur er selbt, will heißen: Man kann schon vorher wissen, was er sagt und wie er's argumentiert.