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Rezensionen: Cormac McCarthy: All die schönen Pferde (All the Pretty Horses)

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Autor
Cormac McCarthy
Cormac McCarthy
wird 1933 in Rhode Island geboren. Er wird katholisch erzogen, geht 1951 auf die Universität, verlässt sie für vier Jahre und geht zur Air Force. 1957 geht er zurück an die Universität, schreibt erste Geschichten, heiratet, macht nie einen Abschluss. 1965 erscheint sein erster Roman The Orchard Keeper, er trennt sich von seiner Frau,erhält Stipendien, reist, heiratet wieder und kehrt nach Amerika zurück. Er schreibt weitere Romane, ein Drehbuch, veröffentlicht 1979 das Buch, das ihn seit Jahrzehnten beschäftigt: Suttree. Das macht ihn nicht berühmt, aber er bekommt den Mac-Arthur-Grant, das berühmteste Stipendium der USA. 1985 folgt der Roman Blood Meridian, der erste jener Reihe von Western, zu der auch All the Pretty Horses gehört, der Roman, der ihn in den USA endlich zur literarischen Sensation macht - und sich mehr als 190.000 mal verkauft.
Website

Cormacmccarthy.com

REZENSION

Cormac McCarthy: All die schönen Pferde

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John Grady ist gerade 16 und da er mit seinem Leben in Texas nichts anzufangen weiß, macht er sich mit seinem Freund Rawlins auf den Weg nach Süden, dort, wo Mexiko liegt, aber auch die nicht näher definierten Träume von einer ereignisreichen Zukunft. Unterwegs liest man einen weiteren jungen Mann auf, auch er auf der Suche nach einem Ziel, und reitet weiter südwärts. Diesem Dritten aber, Jimmy Blevins, wird sein Pferd gestohlen und der Versuch, es zurückzubekommen führt buchstäblich in Teufels Küche. Die beiden Freunde aber ziehen weiter, auf eine Farm, wo John Grady sein unübertroffenes Talent im Zureiten von Pferden vorführen kann. Dann ist da aber noch die Tochter des Großgrundbesitzers - die Begegnung nimmt die Wendung, die sie nehmen muss, und das führt erneut in Teufels Küche.

Die Handlung von Cormac McCarthys Roman (der erste Band einer Trilogie) folgt klar den Mustern des Westerns. Es ist, als würde Versatzstück auf Versatzstück aufgenommen, vorgeführt und durchgespielt. Nur an am Rande liegenden Details wird einem immer wieder klar, dass dies die 50er Jahre dieses, nicht des letzten Jahrhunderts sind. Jedes der spärlich auftauchenden Autos hindert einen wenigstens vorübergehend daran, die üblichen Western-Imaginationswelten vor dem mitlesenden Auge aufzubauen. Die ständige Tendenz in den Anachronismus, den Rückfall in die Zeit, in der richtige Abenteuer noch möglich waren (was wir natürlich aus all den Western wissen, die wir gesehen haben), unterstützt zugleich die mythische Überhöhung der Figuren, verleiht ihnen einen heroischen Glanz, der sich allerdings in erster Linie einem anderen Element verdankt.

Dieses Element ist Cormac McCarthys Sprache. Wie Ernest Hemingway (oder William Gaddis, sonst aber kaum ein amerikanischer Autor dieses Jahrhunderts) hat sich Cormac McCarthy einen eigenen Stil erfunden, der mehr ist als nur Stil: es ist tatsächlich so etwas wie eine eigene Sprache, ein unverkennbarer Sound. Die Einfachheit der Sätze, die Mischung aus Poesie und Lakonik erinnern an Hemingway, ohne doch je den Eindruck des Epigonalen aufkommen zu lassen. Es ist die perfekte Sprache für die Abenteuer, die erzählt werden, die perfekte Sprache auch für die wortkargen, aber immer wieder über die großen Fragen nachsinnenden Helden, für einen zurückgenommenen Erzähler-Beobachter, dessen Aufmerksamkeit in die Poesie der Sprache eingelassen ist, der aber keine Neigung zu Reflexion oder Kommentar hat. Cormac McCarthys Sprache passt seinen Figuren, aber auch den Dingen, die sie erleben, wie angegossen. Beinahe unübertrefflich sind die Dialoge, die einen ans Authentische angelehnten Südstaaten-Slang erfunden haben, in denen kein Wort zuviel (oder zuwenig) ist.

Eine der Folgen dieser homogenen Sprachwelt ist es, dass die Charaktere zweidimensional bleiben, dass der Eigenwert, die Eigenbewegung der Sprache allen psychologischen Realismus unter sich begraben - wogegen nichts zu sagen ist. Etwas problematischer ist gerade der Sog, den diese Sprache mit der Zeit entwickelt. Ein wenig hat man das Gefühl, dass sie stark um sich selbst kreist, so sehr, dass ihr Autor selbst ihren Reizen erlegen ist und zuviel des Guten und Gekonnten tut. In „All the Pretty Horses" ist Cormac McCarthys Stil auf dem Weg zur Manier, zum etwas eitlen Kunsthandwerk - was einem freilich nur dann auffällt, wenn man kurz einmal dem Sog widersteht, den der Roman, den die Sprache dieses Romans, unzweifelhaft entwickelt.

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