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21st Century OZ: Neues Australisches Kino - vom 5.-9.12. in Berlin (Arsenal)
Von Ulrike Mattern

 

THE BANK - Keine Gnade für Banker, Rabatt für Globalisierungsgegner

Ein heißer Novembertag im australischen Sommer in Sydney. Robert Connolly, Regisseur und Drehbuchautor des Eröffnungsfilms "The Bank" residiert mit seiner Produktionsfirma Arena Film in einer Fabriketage im Stadtteil Surry Hill, einem trendig alternativen Bezirk im Südosten des Zentrums. Die Fox Studios Australia, Drehort erfolgreicher Big-Budget-Projekte wie "Matrix", Star Wars" oder "Moulin Rouge", sind nur rund 15 Minuten entfernt. Doch zwischen den Filmen auf dem Gelände im Moore Park und aus der Etage in der Devonshire Street liegen Welten.

An den Wänden der Büroräume von Arena Film hängen Plakate früherer Produktionen: Zum Beispiel "The Boys", 1998 ausgewählt für den Wettbewerb auf den Internationalen Filmfestspielen in Berlin. Ein Durchbruch nicht nur für den Produzenten, sondern auch für den australischen Film in Berlin, wie Connolly später bei einem Gespräch im Café erzählt. Danach war die Fixierung australischer Filmemacher auf Cannes beendet. Die Filmfestspiele im Februar in Berlin wurden zu einer attraktiven Option. 2002 nahm Australien mit sieben Filmen an derBerlinale teil, zwei von ihnen - "Beneath Clouds" und "Walking on Water" wurden prämiert.

Arena Film, die Produktionsfirma von Robert Connolly und seinem Partner John Maynard, der geraume Zeit als Produzent für den neuseeländischen Film tätig war, wurde vor 15 Jahren gegründet. Robert Connolly, Ex-Theaterdirektor, Absolvent der renommierten Australian Film Television and Radio School (AFTRS) und Produzent von Filmen wie "The Boys" (1998) und "Die Affenmaske" (2000) debütierte im Jahre 2001 zweifach: als Drehbuchautor und Regisseur von "The Bank".

Ausgezeichnet mit dem Award des Australian Film Institute (AFI) für Bestes Original-Drehbuch und mit den Preisen Bester Regisseur, Bestes Drehbuch auf dem Newport Beach Film Festival brachte der Genre-Thriller über eine David-und-Goliath-Story dem 34-Jährigen nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch ein beachtliches Einspielergebnis: ca. drei Millionen australische Dollar. Rund 400 000 Australier sahen den Film im Kino, der für einen breiten Markt konzipiert und in Multiplexen aufgeführt wurde. Etwa 600 000 Zuschauer erreichte die Video- bzw. DVD-Distribution.

In "The Bank" geht es um das große Geld. Um miese Banker, die um jeden Preis gewinnen wollen. Um kleine Anleger, die um ihr Erspartes gebracht werden. Dazwischen bewegt sich wie der clevere Außenseiter Jim (David Wenham), der an einer mathematischen Gleichung zur Vorhersage von Börsenschwankungen arbeitet.

Simon (Anthony LaPaglia), Boss der CentaBank, wird von seinem Vorstand mit der Forderung nach mehr finanziellem Erfolg unter Druck gesetzt. Er stellt Jim ein, da der für ihn den "Heiligen Gral der ökonomischen Theorie" knacken könnte. Mit seinem Programm "BETSE" (Simon: "He named it after a fucking cow") entwickelte Jim ein mathematisches System, um einen Aktiencrash vorherzusagen. Anfangs misstraut ihm Simon, lässt sich aber nach einem überrascht angesetzten, erfolgreichen Probelauf von der Effizienz des Systems überzeugen. Ein skrupelloses Spiel um Macht und Geld beginnt.

Die Synopsis von "The Bank" liest sich wie "Wallstreet" für Anfänger mit einem Hang zur Chaostheorie. Die ersten Bilder könnten aus einem beliebigen australischen Film stammen, an dessen Titel man sich nicht mehr erinnert. Landschaft, Kinderreime, ein Auto auf der staubigen Landstraße. Kindern in einer Schule auf dem Land wird erklärt, wie wichtig Banken sind. Ein erstes Gefühl der Beunruhigung stellt sich ein.

Dann eine Volte. Von den warmen, erdigen Farben Australiens ins eisig-kühle Bankenviertel einer Großstadt - Melbourne, bis zur Unkenntlichkeit stilisiert. Männer in Anzügen, Wolken, Wasser, Silhouetten von Gebäuden, die sich wie drohende Schatten fortbewegen, den Protagonisten wie Geister folgen. Das Einschütten von Wasser, das kräftige Zeichnen mit blauer Tinte auf weißen Tischtüchern wird zum Ritual, ertränkt die staubtrockene Landschaft und tupft auf die Dollar-Welt frostiges Blaugrau. Einer der üblichen Verdächtigen aus der unerschöpflichen Legebatterie der Hollywood-Studios, meint man. Ein Klon aus Australien. Einer, der sich mit geringen Mitteln aufbläht und für Magenbeschwerden sorgt.

Die zweite Volte. Der erste Faden, die warmen Erdfarben, werden wieder aufgenommen. Es mangelt an Erklärungen. Etwas Tragisches geschieht. Eine Familie wird zerstört und das verbleibende Paar tritt an, um gegen die Bank zu kämpfen. Der Film treibt dahin. Entrollt langsam seine Fäden, nimmt sich Zeit, reduziert sich nach der anfänglich ausufernden Bildsprache aufs Wesentliche und verliert in den Dialogen kein Wort zu viel. Mit einer ausgesprochenen Vorliebe für pointierte Zeilen, die in ihrer Simplizität vielleicht nicht jedermanns Geschmack treffen, aber zitierwürdig sind: "Bastards without Borders" - auf die Gruppe der Banker bezogen, "I'm like God, but with a better suit", so der Ober-Banker, oder: "That's new corporate feudalism, and we are the new princes".

Die dritte Volte. Die Liebesgeschichte zwischen Michelle und Jim. Der dritte Faden, der die warmen Töne der australischen Geschichte mit der aus dem Bankenmilieu verknüpft. Michelle verkörpert die Position des Zuschauers, erklärt Robert Connolly. Sie ist nicht zu orten. Ist Michelle Teil der Bank, Teil des Spiels oder Außenseiterin? Sie löst das Rätsel am Ende, wenn David gegen Goliath gekämpft und gesiegt hat. Die Bildschirme der Computer erlöschen. Bankfilialen schließen. Eine australische Familie ist um 700 000 Dollar reicher.

Die Schauspieler tragen - gemeinsam mit dem bis auf einige inhaltliche Schwächen ausgezeichneten Drehbuch - den Film bis zum Ende von "Public Enemy Number One: The Bank", um die Tagline zu zitieren. Anthony LaPaglia ("Lantana") gibt den Bösewicht, den Banker mit kräftigem Stiernacken, feisten Wangen und gierigem Blick, der alles und jeden aufsaugt und kontrolliert. David Wenham ("Herr der Ringe" Teil II und III), langjähriger Freund von Robert Connolly und Hauptdarsteller in "The Boys", den soften, sich langsam an das Banken-Milieu adaptierenden Outsider. Die australische Schauspielerin Sybilla Budd debütiert in "The Bank" und verleiht dem Film - unterstützt durch Make-up, Garderobe und akzentuierter Körperhaltung - die kontrastierende Film-Noir-Anmutung. Aus der erotisch aufgeladenen Beziehung zwischen ihr und David Wenham resultiert der Antikörper im Film. Wächst der Zweifel, der die Spannung erzeugt. Die Enttäuschung über den Spurwechsel Jims, der das ethische Dilemma benennt, aber vermeintlich darin umkommt (die Analogie zu Oppenheimer im Dialog mit Simon; die Täuschung vor Gericht, bei seiner Aussage zu Gunsten der Bank). Robert Connolly zitiert in dieser widersprüchlichen Paarkonstellation Alfred Hitchcock ("Vertigo", "North by North West"), ohne die Passivität von dessen Frauenbild aufzunehmen. Michelle, und damit der Zuschauer, übernimmt nach anfänglicher Ablehnung - und hier bietet das Drehbuch leider keine genaue Erklärung, warum es zu dieser veränderten Haltung kommt - die Suche nach der anderen Seite der Medaille. Aus reiner Neugier, wie der Regisseur im Gespräch erläutert. Weitere stilistische und genretypische Vorbilder sind - nach Connollys eigener Einschätzung - Polanski ("Chinatown"), die australischen Regisseure Peter Weir ("Picnic at Hanging Rock") und Fred Schepisi ("Six Degrees of Separation", "Last Orders" mit Michael Caine) und die Anlehnung an Kubricks "2001".

Die Bildsprache ist kongenial - mit Ausnahme einiger störend gewollter Momente, denen man ansieht, wie sehr Connolly um Tiefe im Mainstream und Großflächigkeit im Independent-Schema gerungen hat. Der Kontrast der Farben, der die Erzählstränge begleitet, verwirrt den Zuschauer und steigert durch den ständigen Wechsel die Spannung. Je klarer sich die Handlung entwickelt, desto stärker orientiert man sich an dem Kontrast, der mit einer jeweils angepassten Tonspur harmoniert (z. B. Choräle bei der Suche nach dem vermissten Jungen. Eine ähnliche Szene gibt es übrigens in "Exotica" von Atom Egoyan, wenn die Leute aus dem Dorf auf der Suche nach dem verschwundenen Mädchen gemeinsam ein Feld durchkämmen).

Das Ende kommt nach dem langsamen Vorspiel schnell und überraschend. Alle Fäden liegen übersichtlich nebeneinander. So abrupt sich die Entdeckung von Jims Geheimnis auch vollzieht - der Detektiv, der Michelle gefolgt ist, berichtet per Handy von der Enttarnung -, die sich daraus ergebende Beschleunigung trägt über den unschönen Schnitt im Drehbuch hinweg. Das am Ende die Guten siegen, wird nicht nur bei Globalisierungsgegnern Schadenfreude erzeugen. Der Regisseur wusste von Szenenapplaus an Stellen zu berichten, an denen die Bank und ihre gierigsten Vertreter vorgeführt werden.

Nach dem überzeugenden Bank-Bashing durch Robert Connolly darf man gespannt sein, wie er seine neuen Projekte auf der Leinwand gestaltet - zurzeit arbeitet er an einer "emotionalen Familiengeschichte", dem Drehbuch zu "Three Dollar", einem Roman des australischen Autors Elliot Perlman. Ab Sommer 2003 wird gedreht.

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