Jump Cut Kritik

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Carmelo Bene: Salome (Italien 1969)

Von Ekkehard Knörer 

Die Bibel, im Hintergrund der Mond, im Vordergrund Tausendundeine Nacht. An Kopfes Statt: eine Melone, vom Krummsäbel halbiert. Der Ort: unbestimmt drinnen, mit Ausnahme weniger Szenen. Das womöglich theatrale Drinnen aber löst die Kamera auf, die hier, Krummsäbeln gleich und fliegenden Äxten, durch den Raum schneidet und Gesichter, Gesten, Masken, Münder, Körper findet, erfindet, schafft und zerlegt. Von Körper-"Kristallen" schreibt Deleuze, aber mit Verfestigung hat es nichts zu tun, denn für keinen Moment kommt das Setting aus Licht und Dunkelheit, aus Gestalten und Ungestalten zur Ruhe.

Es ist keine Ordnung und es gibt keine Hierarchie. Die Sprache zerfällt in modrige Deklamationen, Wiederholungen, pfeilschnell schießen Sinnstückchen durch den Raum, aber sie landen im Off. Das Off ist vielversprichend hier, weil schon das, was man sieht, so randvoll ist. Man rechnet die Fülle der Ausschnitte zusammen zu einem Ganzen, das freilich niemals geboten wird: ein Irrtum, eine versprochene und in der Erfüllung immer wieder entzogene Fülle. Das Geschehen, ohne Ordnung, ohne Hierarchie: Ein römisches Gastmahl in einem sternenüberwölbten Drinnen, der Mond, die nackte schwarze Schönheit Salome. Gefressen wird wie bei Petronius und mit vollem Mund geredet. Cäsar ist anwesend in Worten und an der Realpräsenz Christi ist nicht zu zweifeln. Er geht übers Wasser, die Sterne am Theaterhimmel blinken, farbverliebte Bilder, grotesk überausgestattet der Raum, von dem es Ausschnitte gibt, manchmal auch Ausschnitte, die eine Totale antäuschen. Ganz fundamental aber bleibt gerade die Totale Stückwerk

Aufforderung zum Tanz, aber kein Tanz. Schlagermusik. Die Haut, die in Fetzen vom Körper geht. Die Worte, die in Fetzen sich abschälen von möglicher Bedeutung. Die Kamera im Getümmel und Christus am leuchtenden Kreuz, an das er sich selber schlägt mit Hammer und Nagel aus Licht. Verzweifelt komisch das Rudern des linken Arms, der sich selbst den Nagel nicht durch den Handteller treiben kann. Das wäre ein wahres Wunder, so bleibt es groteskes Leiden.

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