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Robert Aldrich: Vor uns die Hölle (Ten Seconds to Hell, GB 1959)

Kritik von Ekkehard Knörer 

Ein Hammer-Film, gedreht in den UFA-Studios und on location. Das Studio hat Robert Aldrich ins Handwerk gepfuscht, für den das Werk in die vier Jahre von 1958-1962 fällt, in denen er nichts als "vier schlechte Filme und das Ende einer Ehe" zustande gebracht hat. Die Location ist das Berlin der unmittelbaren Nachkriegszeit. Eine Erzählerstimme gibt den Rahmen und führt sechs Deutsche ein, die aus dem Zug steigen, aus einem Lager kommen, in das man sie, als Gegner des Regimes gebracht, in dem man sie das Bombenentschärfen gelehrt hat. Dazu sind sie nun in Berlin, zum Lohn der Angst ein gut bezahlter Job, wenngleich ein gefährlicher. Als die Stimme verklungen ist, wetten sie um ihr Leben. Die Hälfte des Gehalts wird eingezahlt, wer nach drei Monaten noch lebt, erhält das ganze Geld. Der erste stirbt, der zweite, und so weiter, nur auf zwei aus diesem dreckigen Halbdutzend kommt es an, moralisch gesehen.

Zwei Schrauben, zugleich und im Wechsel, zieht Aldrich an in diesem Film. Momente purer, wenngleich, der Struktur, erst recht der Musik nach, konventioneller Spannung, bei der Bombenentschärfung, das Seil erst, dann die Hand an der Bombe, die hochgeht oder nicht. Sofort oder mit Verzögerung. Unmittelbar tödlich oder nach langer Qual. Aufgeladen wird die ständige Lebensgefahr mit existenzialistischen Anmutungen. Das Lager im Rücken, die Bombe in Händen, den Tod vor Augen, sieht Erik Koertner (Jack Palance), im zivilen Leben ein promovierter Architekt, keine Zukünfte mehr, nirgends. Nichtsdestotrotz macht er in der Liebe einen neuen Anfang, mit der Französin Margot Hofer (das mit dem Namen ist merkwürdig), die sein Gegenspieler Karl Wirtz (Jeff Chandler) zuvor als Gespielin benutzen wollte. Der Lebemann gegen den Moralisten, darauf läuft es hinaus. Es kann nur einer überleben.

Aldrich setzt auf Dramatisierung. Silhouetten, Gesichter, Fäuste im Vordergrund, in Großaufnahme. Er kann sich nicht entscheiden, könnte man sagen, zwischen Spannung und philosophischem Entwurf, die vier in rascher Folge Sterbenden sind zudem nichts als, hier ist's buchstäblich wahr, Kanonenfutter als teils retardierendes, teils aufs böse Ende weisendes Moment. Am Ende verlässt der Überlebende den Schauplatz des Todes seines Konkurrenten und läuft der Erzählerstimme in die Arme. Die resümiert das Geschehen in einer Überblendung und perspektiviert um aufs große historische Ganze der Nachkriegszeit. Die Männer vor im Wiederaufbau befindlichen Gebäuden, als verblasste Gesichter, der Phönix Berlin ("The Phoenix" ist der Titel des zugrunde liegenden Romans) und die Leichen, über die er, beim Aufstieg aus der Asche gegangen ist. Als letztes dieser Gebäude das Haus der Kulturen der Welt. Ein kurioser Film, kein großer Film.

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