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Berlinale 2006

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Oskar Roehler: Elementarteilchen (D 2006)

Von Ekkehard Knörer

Wenn an Michel Houellebecqs "Elementarteilchen" überhaupt etwas interessant ist, dann die Wurschtigkeit, mit der er die Romanform Romanform sein lässt und einfach seinen zu gleichen Teilen kindischen wie reaktionären Geschlechter- bzw. Geschlechtlichkeits-Philosophie-Sums cum Klonvision in unvermittelter Abwechslung mit pornografischen Höhe- und Tiefpunkten auf die Seiten schüttet, ein wenig Kabarett drüberstreut (chinesisch-deutsche Bedienungsanleitungen, sic!) und zwischen den ganzen Schrott Figuren setzt mit Biografien, ohne doch im Ernst an ihre psychologische Schlüssigkeit zu glauben. Manchmal legt er ihnen seine Traktate einfach so in den Mund und manchmal spricht auch irgendwer (sagen wir: der Erzähler) und tut SPIEGEL-Titelgeschichtenweisheiten kund. Zu einer solchen Gleichgültigkeit der Tradition abendländischen Erzählens gegenüber gehört immerhin Chuzpe.

Es ist unter diesen Voraussetzungen das Gegenteil einer guten Idee, das alles für die Verfilmung erst mal in der Form radikal zu konventionalisieren. Also eine Geschichte daraus zu machen mit einer Entwicklung und mit Figuren, die auf ihre Zusammenhängigkeit hin durchsichtig werden sollen. Daran müssten auch bessere Darsteller als Moritz Bleibtreu oder Christian Ulmen gnadenlos scheitern.

Und, oh wie sie scheitern! Und, oh wie erbärmlich dieser Film ist! Nicht die Spur eines Gedankens für die eventuelle Möglichkeit einer Form, in der diese Figuren und diese Geschichte irgendwas machen. Muss ja nicht gleich Sinn sein. Der "Ort der Wandlung", schon im Roman der Anlass zu denkbar dumpfer Satire, ist nun reiner deutscher 90er-Jahre-Filmkomödien-Horror, die chinesisch-deutsche Bedienungsanleitung hat selbstverständlich auch ihren Auftritt.

Verlegt haben Oskar Röhler und sein Mittäter, der große Nivellator Bernd Eichinger, die Geschichte in die Gegenwart und nach Berlin. Merken tut man davon nichts, so luftleer und tot hat man filmischen Raum lange nicht mehr gesehen. Kaum zu glauben, wie brav alles gerät, wie sehr sich der Film auf der Suche nach einem großen Publikum alles Pornografische verkneift. Freilich gibt es eine Art ästhetischer Eindimensionalität und Buchstäblichkeit, die an Stumpfheit alles Pornografische übertrifft. Davon gibt es in Röhlers "Elementarteilchen" mehr als genug zu sehen.

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