Rezensionen: Philip K. Dick : Die seltsame Welt des Mr. Jones

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Philip K. Dick: Die seltsame Welt des Mr. Jones

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Kunstvoll schließt Philip K. Dick einen Kreis in der Romanstruktur: die Schlussszene ist eine Inversion des Anfangs, in einer Schutzkuppel eingesperrte Mutanten auf der Erde am Beginn, Menschen dann, gefangen auf der Venus, am Ende. Auf den Beginn folgt, ohne dass der Zusammenhang sogleich ersichtlich würde (und, um ehrlich zu sein: mit den Zusammenhängen ist das in diesem Roman ohnehin so eine Sache), eine Rückblende. Vorgeführt wird eine Welt, deren Verhängnis in Gestalt des Propheten Jones sich abzuzeichnen beginnt.

Jones ist Dreh- und Angelpunkt des Romans: geschlagen mit der Fähigkeit, ein Jahr in die Zukunft blicken, aber auch mit der Unfähigkeit, etwas an ihr ändern zu können, ist er der Extremfall des clever ausgedachten politisch-philosophischen Systems, das Dick hier vorführt. Der Relativismus ist ein umfassender Liberalismus: Meinungen aller Art sind erlaubt, zu unbewiesenen absoluten Behauptungen dürfen sie sich nicht verdichten. Strafsanktionen gibt es nur für Dogmen aller Art, absolute Wahrheiten sind verfemt. Außerdem gilt eine gesetzliche Toleranzvorschrift gegenüber allen Lebensformen - und nach einem nicht näher beschriebenen Krieg gibt es davon eine ganze Reihe, insbesondere auch der bizarren Sorte. Die Rückblende etwa beginnt mit einem Besuch der Hauptfigur Cussick auf einem Jahrmarkt der Freaks, auf dem er auch Jones als Wahrsager begegnet. Die Haltung zu dieser von ihren Bürgern immer wieder durch Vorurteile angefeindeten liberalen Toleranzgesellschaft ist eher positiv - durch den Vergleich von Jones mit Hitler ist jedoch ihre Gefährdung deutlich markiert. Jones nämlich ist der permanente Ausnahmezustand, gegen den die Verteidiger des Status Quo keine Mittel in der Hand haben: seine ex cathedra geäußerten Prophezeiungen sind die reine Wahrheit. Rasch hat er beträchtliche Gefolgschaft, droht die Macht im Staat zu übernehmen. Unklar bleibt, welche Ziele - neben einem extraterrestrischen Verteidigungsprojekt, dessen Scheitern das Ende für Jones bedeutet - Jones über die Gründung seiner Quasi-Religion hinaus verfolgt.

Eher nur narrativ an diese Kernhandlung werden SciFi-Versatzstücke unterschiedlicher Art gebunden: Mutanten- und Menschenzucht, damit lose verknüpftes Gender-Bending und außerirdische Eindringlinge, die tot zur Erde segelnden Drifter, hinter deren Geheimnis man erst spät kommt, die tatsächlich ohne präzise Pointe durch den Roman treiben. Auf der Venus, wohin ein Mutantengrüpplein auch eher ohne zwingenden Grund geschickt wird, hat Dick dann einen entzückenden Zoo mit fliegenden Pferden und Wusseln eingerichtet. Bei aller grundsätzlichen Dystopie, bei allem gesellschaftspolitischen Pessimismus, ist diese „seltsame Welt des Mr. Jones" auch eine kunterbunte Welt, voller frischer und verblüffender Einfälle. Fraglos hat Dick das nicht alles mit guten Gründen unter einen Hut gebracht, sehr lesenswert ist der Roman dennoch.

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