Frank Arnold/Michael Esser (Hg.): Dirty Harry. Don Siegel und seine Filme

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Daten zum Buch

Frank Arnold/Michael Esser (Hg.): Dirty Harry. Don Siegel und seine Filme
Vertigo Verlag

München 2003
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Klappentext
DIRTY HARRY ist der einsame, entschlossene Polizeidetektiv, dem Gerechtigkeit mehr bedeutet als die Dienstvorschrift. DIRTY HARRY ist ein Film mit Clint Eastwood. Und ein Film von Don Siegel. DIRTY HARRY ist der typische Siegel-Film.

Regisseur Don Siegel hat in Hollywood mit billigen, kleinen B-Pictures angefangen. Er drehte Western, Films Noir, Melodramen, Cop Movies, Actionfilme. Klassiker wie INVASION OF THE BODY SNATCHERS, MADIGAN oder ESCAPE FROM ALCATRAZ.

Im Mittelpunkt stehen seine Filme und seine wichtigsten Mitarbeiter. Und es geht um DIRTY HARRY. Um den Mythos, die Kontroversen, die Folgen. Und um die Realität, die hinter der Film-Story steht.

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Frank Arnold/Michael Esser (Hg.): Dirty Harry. Don Siegel und seine Filme
Von Ekkehard Knörer

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An Don Siegel scheiden sich die wenigen Geister noch, die sich für ihn interessieren. Als auteur zeigt er zu wenig eigene Handschrift, am ehesten darin noch, dass er aus schlechten Büchern das beste, wenngleich gewiss nicht immer was Gutes gemacht hat. Wirklich bekannt ist nur "Dirty Harry", darum ist's verkaufsstrategisch einleuchtend, das Buch, das sich auch um die anderen Filme kümmert, so zu betiteln. Es ist dies ja auch einer der ambivalentesten Filme, die man sich vorstellen kann. Man kriegt diesen Helden, der auf der richtigen Seite sich falsch verhält, nicht geradegebogen. Ein Mörder, der eine Bestie tötet. Ein Film, der sich eine abscheuliche Bestie ausdenkt, um das Recht, das hier die Gesetze vor Vergeltung setzt, schlecht aussehen zu lassen. Ein Held, der aus dem Wilden Westen entlaufen ist in die Zivilisation und sich aus deren Regeln nichts macht. Pauline Kael, die sich immer einen etwas begrenzten Begriff von dem gemacht hat, was Kino heißt, hat sich nicht anders zu helfen gewusst, als "Dirty Harry" zu hassen und Clint Eastwood und Don Siegel gleich hinterdrein. Das ist die berühmteste Stimme, die wir haben zu dem Mann, der in listiger Weise bescheiden berichtet: "Godard sagte, ich sei ein Künstler. Gut, warum nicht. John Cassavetes hat uns einander vorgestellt, auf einer Party in Hollywood. Da steht dieser dunkelhaarige kleine Franzose und erzählt mir, was für ein großartiger Regisseur ich sei und alles, was ich zustande bringe, ist ein: 'Danke, sehr freundlich.' Ich hatte keinen einzigen seiner Filme gesehen." (Die Anekdote stammt nicht aus dem besprochenen Buch.)

Das Buch, sagen seine Herausgeber, ist "eine Liebeserklärung", "eine Hommage" an den Regisseur, den sie als auteur begreifen wollen. Letzteres sagen sie so deutlich nicht, aber die Konzeption des Buchs impliziert es, da es funktioniert wie die meisten Filmbücher zu einzelnen Regisseuren hierzulande funktionieren, die exzellenten (nämlich aus der seligen Hanser-Reihe) ebenso wie die einfallslosen: Allgemeinere Essays an den Beginn, dann eine kommentierte vollständige Filmografie, am Ende ein biografischer Abriss und filmografische Angaben. Es gibt Versuche, Siegel hier und da anzudocken, am Film Noir etwa, dem frühen und dem späten, aber das ist eine arg biedere Rekapitulation von Thomas Christen, die weder über den Film Noir noch über Siegels einschlägige Filme noch über ihre Einschlägigkeit besonders viel mitzuteilen hat. Gerhard Midding informiert uns über die Rezeption in Frankreich, die bei den Verfechtern der Autorenpolitik nicht allzu überschwänglich ausfiel (kein auteur, sondern nur ein metteur-en-scene oder gar nur ein réalisateur) und darüber hinaus erst recht nicht. Am tröstlichsten noch, aus Perspektive der Autorenpolitik, dass Siegel sich ständig herumstritt mit seinen Produzenten, um dann oft genug interessante Filme zu machen, bei denen man sich dennoch jeweils fragen kann, ob es sich um "a Siegel film" handelt. Sehr zurecht widmet Mitherausgeber Michael Esser Siegels Mitarbeitern ein Kapitel, das dann, statt Anschauungsmaterial über Studioproduktionen als kollektive Arbeit zu liefern, doch ein wenig sehr an der anekdotischen Oberfläche verbleibt. Sehr aufschlussreich dagegen Peter von Baghs kurze Hinweise auf Siegels frühe Jahre als Montage-Handwerker bei Warner und die Folgen: "Als hätte er nie den Schneideraum bei Warner Brothers verlassen, konzentrierte sich Siegel auf das Triviale und die Routine und bevorzugte das Unspektakuläre, Schlichte, deutlich Unkünstlerische. Er scheint beinahe zärtlich mit der Anonymität der Bilder umzugehen, die oft fast wie Archivmaterial wirken." Bliebe hinzuzufügen, dass diese Kunstlosigkeit bei Siegel immer etwas sehr Bewusstes hat, dass der Verzicht auf ausgetüftelte Komposition Kalkül ist und die Idee dahinterzustehen scheint, dass die Bilder und die Montage Luft zum Atmen brauchen, das Unscharfe, das Flirren an den Rändern, das wie zufällig Eingefangene. Es gehört dazu auch, dass im Bild vieler Siegel-Filme (spätestens seit "The Killers") die Figur selten als Kraftzentrum erscheint, sondern als Moment des Raums, der allemal weit mächtiger ist als sie selbst. Es kann dies der taghelle, heiße Raum der Stadt sein oder der staubige Wüstensand, das schwüle Haus, in dem Clint Eastwood in "The Beguiled" zu Tode kommt oder die Finsternis in "Die Flucht von Alcatraz", die den Betrachter vielfach zwingt, sich auf den im Raumbezug viel diffuseren Gehörsinn zu verlassen.

Faszinierend, wenngleich, streng genommen, am Rande zur Themaverfehlung, Ulrich von Bergs Bericht über den wahren Zodiac-Killer und die Obsession eines Mannes, der ihn (vermutlich) nach langen Jahren, nach dessen Tod, zu identifizieren vermochte. Unterschiedlich fallen dann, das ist bei der Vielzahl der Autoren nicht anders zu erwarten, die Texte - jeweils ungefähr zwei Seiten - zu den einzelnen Filmen aus. Immer wieder der sympathische Versuch, auch an den vermeintlich oder offenkundig weniger gelungenen Werken ein punctum auszumachen, mit Barthes gesprochen, etwas, das Lust macht, den Film zu sehen und sei es vom Rande her. Wer zur Suche nach den teils kaum aufzutreibenden Filmen verführt werden will, muss Doris Kuhns Text zu "The Big Steal" lesen oder Ulrich von Bergs Hinweis auf einen erstaunlichen drinking contest in "China Venture". Michael Esser weckt im Leser die Sehnsucht nach den Farben von "Annapolis Story" und "Crime in the Streets" möchte man haben, schon um den jungen John Cassavetes als Anführer einer Gang zu sehen, in den Straßen der Studiodekoration.

Ein Resümee des Bandes fällt nicht ganz leicht. Er scheint mit Liebe gemacht und scheint doch mitunter arg beliebig zusammengestellt, die Artikel bewegen sich im weiten Spektrum zwischen Fandom und Expertise.Wunderbar in jedem Fall die Bildmontagen (nicht unbedingt die etwas didaktischen Bildunterschriften). Ein Projekt, soviel steht auch fast, das man bewundern muss, ein Buch, nach dem keiner gerufen hat und ein Gegenstand, der das Beste verkörpert, das Hollywood hervorgebracht hat, obwohl vielleicht nur ein Film zum wirklichen "Meisterwerk" geraten ist. Wenn einen die Filme Don Siegels - und in Grenzen auch dies Buch - eines lehren, dann das, solche Kategorien über Bord zu werfen. Das wahre Kino ist immer auch ein Kino des Unreinen, des Hybriden, das B-Movie, in dem das Klischee und der Blödsinn auf Momente der Größe stoßen, die es ohne ihre etwas schmuddelige Umgebung gar nicht gäbe. Dafür liebt man die Filme von Don Siegel; und in diesem Sinne ist dies eine kongeniale Würdigung. Ein sympathisches Buch ohne übertriebene Ambitionen, ein Liebhaber-Projekt im allerbesten Sinne.

(Übrigens: Die interessanteste Literatur zu Don Siegel stammt vom amerikanischen Filmwissenschaftler und Krimiautor Stuart Kaminsky. Nicht nur hat er die erste Monografie zu Siegels Werk geschrieben - in Zusammenarbeit mit dem Regisseur -, er hat Siegel auch zum Helden einer Reihe von Kriminalromanen gemacht, genauer gesagt: einen Don Siegels Persönlichkeit nachempfundenen Detektiv mit Namen Abe Lieberman. Eine Hommage ganz einmaliger Art.)

Mehr zu Don Siegel bei Jump Cut:

Don-Siegel-Seite mit Informationen zu allen und Kritiken zu vielen seiner Filme

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