DVD-Informationen bei Jump Cut

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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
John Woo: Bullet in the Head  (Hongkong 1990)

 

Anbieter: Kinowelt Home Entertainment

VÖ: 13.01.2003

Regie, Drehbuch, Schnitt, Produktion: John Woo

Darsteller: Tony Leung, Jackie Cheung, Waise Lee, Fennie Yuen u.a.

 

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DVD-Informationen
Bullet in the Head (Hongkong, 1990)

Bullet in the Head, 1990 von John Woo in Hongkong gedreht, ist bis heute ein tragischer Fall der deutschen Filmzensur: Obwohl der Film weltweit als Woos großes Meisterwerk gilt, gelegentlich sogar als der asiatische The Deer Hunter (USA 1978) bezeichnet und - trotz Kassenflops in der Heimat - als einer der besten Filme der Hongkonger New Wave angesehen wird, der obendrein großen Einfluss auf die immense internationale Popularität des Hongkong-Kinos in den Neunzigern hatte, war und bleibt der Film hierzulande auf dem Index, mit den bekannten Konsequenzen: Keine öffentliche Bewerbung, kein Verkauf in öffentlich zugänglichen Medienkaufhäusern, kein Verkauf über das Internet und eine erhöhte Besteuerung. Auch aus diesem Grund ist uns beispielsweise die Illustration dieser Besprechung mit einem Coverbild untersagt. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, muss man wohl schon damit zufrieden sein, dass sich überhaupt ein Anbieter dazu entschlossen hat, den Titel in einer ungeschnittenen Fassung zu veröffentlichen - auch wenn das Ergebnis an und für sich kaum gelungen ist.

Erzählt wird die Geschichte dreier jugendlicher Freunde im Hongkong der späten 60er: Ben, Frank und Tom. Ihr Alltag ist von Gewalt bestimmt: Auf den Straßen werden protestierende Studenten von den Ordnungskräften niedergeschlagen, am Nachmittag vertreibt man sich die Zeit mit brutalen Keilereien unter Gleichaltrigen. Als bei einem Racheüberfall auf eine andere Gang deren Leader zu Tode kommt, flüchtet man ins nahe Kriegsgebiet Vietnam. Dort erhofft man sich mit einem schnellen Deal ebenso schnellen Reichtum, doch schlägt die Aktion in den chaotischen Zuständen des Krieges fehl. Man gerät in vietnamesische Gefangenschaft und wird von den Lageraufsehern aufgrund eines dummen Zufalls mit fatalen Folgen fälschlicherweise für Spione des CIA gehalten. Als die Flucht unter dramatischen Bedingungen gelingt, geht die Freundschaft der drei an Toms Raffgier zugrunde: In dem Glauben, den schwer verwundeten Frank zu erlösen, jagt er ihm eine Kugel in den Kopf. Doch die Kugel tötet Frank nicht: Er fristet von nun als schmerzgetriebener Geisteskranker in der Hongkonger Unterwelt eine Schattenexistenz. Ben nimmt Rache ...

Wenngleich Woo seine verschiedenen Gewaltdiskurse - reale politische Gewalt, coole Actionfilm-Gewalt, harte psychische Militärgewalt, etc. - vor allem in dieser Melange nicht immer ganz sicher im Griff hat, erzählt er doch eine spannende, dramatische und abwechslungsreiche Geschichte, der das klassische coming out of age Drama als Folie dient, um den Verfall freundschaftlicher Werte unter chaotischen Bedingungen nachzuzeichnen. Interessant ist der Film vor allem vor dem historischen Hintergrund der Beziehungen zwischen China und Hongkong zum Zeitpunkt seiner Entstehung: Ein Jahr nach dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens in Peking zitiert Woo hier deutlich die internationale Berichterstattung und lässt im Zuge seiner Darstellung der Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Ordnungskräften, die sich immer wieder wie beiläufig in die Handlung drängen und oft deren Kulisse bilden, einen Einzelnen stumm vor einen Panzer treten. Damit bringt Woo seine Sorge wie die vieler Hongkong-Chinesen zum damaligen Zeitpunkt bezüglich der Wiedereingliederung der Ex-Kolonie in die Volksrepublik China prägnant zum Ausdruck und erweitert seinen Film - seinen persönlichsten, wie er oft unterstreicht - somit auch um politische Dimensionen.

Auch wenn es erfreulich ist, dass dem Film eine ungeschnittene Fassung gegönnt wird, macht sich nach der langen Vorfreude doch etwas Ernüchterung breit: Auf der DVD finden sich weder Extramaterial noch die Originaltonspur. Mag man ersteres vielleicht noch leicht verschmerzen, ist zweiteres dann doch ein erhebliches Manko. Die Synchronisation ist zwar durchaus gelungen und qualitativ weit oberhalb der typischen Synchronisationen asiatischer Filme anzusiedeln, doch gehen dem Kenner vor allem in den dramatischen Lagersequenzen einige Nuancen des Spiels verloren, ganz abgesehen davon, dass ein vorhandener Originalton mittlerweile eigentlich zum Standardrepertoire jeder DVD gehören sollte. Auch die Bildqualität vermag nur wenig zu begeistern: Auch wenn ein direkter Vergleich mit anderen Fassungen (etwa mit dem britischen VHS-Tape oder den beiden Hongkong-DVDs) leider nicht möglich ist, scheint man hier nicht viel aus dem Film geholt zu haben. Das Bild stellt sich als konturenarm und entsprechend unscharf heraus und liegt außerdem mit 1,66:1 auch noch im falschen Format vor. Die Kontraste fallen eher gering mit entsprechend flächigem Effekt für das Bild aus, zudem ist in den ersten Minuten ein leichter Gelbstich zu bemerken, der ganz plötzlich, mitten in einer Einstellung, auffällig verschwindet - es scheint sich dabei also nicht um ein bewusstes Stilmittel zu handeln. Ein vor allem zu Szenewechseln gelegentlich instabiles Bild trägt ebenfalls nicht groß zur Freude bei. Alles in allem hat man somit eher den Eindruck, ein VHS-Tape von Mitte der Neunziger zu sichten, statt eine DVD aus dem Jahr 2004. Da obendrein auch noch einige handlungstragende Sequenzen in vietnamesischer Sprache nicht untertitelt wurden (obwohl diese etwa in den internationalen Fassungen Untertitel aufweisen), muss man sich bald leider ernsthaft fragen, ob man sich, von der in der Tat recht schönen Covergestaltung mal abgesehen, mit dieser Veröffentlichung überhaupt Mühe machen wollte. Es hätte ein kleiner Glücksfall werden können, leider wurde es, auf technischer Ebene, ein Reinfall. Schade.

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Technische Details:

Bildformat: 1,66:1 Letterbox
Sprachen: Deutsch (Dolby Digital Mono)
Untertitel: -
Regionalcode: 2

Zusatzmaterial:

Trailer

(Thomas Groh)