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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Damiano Damiani: Töte Amigo (Quien Sabe?, Italien 1966)

 

Anbieter: Koch Media
VÖ: 28.04.2004
Regie: Damiano Damiani
Darsteller: Martine Beswick, Spartaco Conversi, Lou Castel, Klaus Kinski, Gian Maria Volonté, Andrea Checchi

 

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DVD-Informationen
Damiano Damiani: Töte Amigo (Quien Sabe?, Italien 1966)

Zu Beginn eine militärische Hinrichtung. "Wir kämpfen für unser Land und unsere Freiheit - es lebe Mexiko", ruft der eine noch, bevor er im Kugelhagel sein Leben lassen muss. "Ihr gottverdammten Schweine", bleiben seine letzten Worte. Es folgt ein Kommentar aus dem Off: 1 Million Tote, so die traurige Bilanz nach der blutigen Niederschlagung des Aufstands mexikanischer Landarbeiter. Keine Frage: Töte Amigo, 1967 vor den Eindrücken des Vietnamkriegs in einer Phase der italienischen Filmproduktion gedreht, in der viele Regisseure die Form des Westerns als Transportvehikel für ihre linken Überzeugungen nutzten, will von Anfang an ernstgenommen werden und sich der Reihe großer, epischer Western einfügen. Über weite Strecken gelingt ihm das auch sehr gut.

Erzählt wird die Geschichte des jungen, beinahe schon bilderbuchhaft anämisch-puritanisch charakterisierten US-Amerikaners Bill Tate (Lou Castel), der sich als Reisender nach einem Zugüberfall in der mexikanischen Sierra aus zunächst kaum durchschaubaren Gründen freiwillig in die Hände der "Revolutionäre" übergibt. Hierzu inszeniert er sich als Gefangener auf seinem Transport, der zudem - was hingegen der Wahrheit entspricht - den Zugführer niedergeschossen und die Bahn angehalten hat. Er bietet der Gruppe seine Dienste an und freundet sich im weiteren Verlauf zunehmend mit deren Anführer El Chuncho an. Dieser erweist sich schon bald weniger als Idealist, sondern eher als sorgloser Hedonist, dem es vor allem ums Geld geht - dem steht Chunchos Bruder El Santo (Klaus Kinski) gegenüber, ein Priester mit Gewehr, der wortwörtlich mit Feuer und Flamme seine Ziele verfolgt.

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Zum Zweck der Bereicherung verkauft die Gruppe die bei Raubzügen erbeuteten Waffen an den eigentlichen Revolutionsführer, an einen General, der sich in der Wüste versteckt hält. Nach mehreren gemeinsamen, erfolgreich bestandenen Raubzügen, die den Banditen zudem ein Maschinengewehr einbrachten, drängt Tate darauf, die Beute endlich zu Geld zu machen ...

Trotz seiner Actionlastigkeit - vor allem in der ersten Hälfte vergeht kaum eine Passage ohne kämpferische Auseinandersetzung - ist Töte Amigo ohne weiteres auch als ernstzunehmender, parabelhafter Kommentar zum Zeitgeschehen lesbar. Seine Figuren dienen ihm dabei als zum Teil ganz überspitzt dargestellte Prototypen aus dem Arsenal politischer Folklore: Santo als pervertiert-fanatischer Revolutionär, der seine Gegner einen sadistischen Tod sterben lässt, Chuncho als beinahe schon sympathischer Hedonist, der in der Revolution vor allem die Möglichkeit zu einem Leben voller Lust und Abenteuer sieht, dabei aber seine ganz eigene Hybris erfährt, und schließlich Tate als deutlich so zu erkennende Personifikation der USA und ihrem Verhalten auf dem internationalen Parkett, wie es der Einschätzung der Linken der späten 60er entspricht. Dass die Ausführung holzschnittartig bleibt, mag dabei zum einen dem Zeitgeist geschuldet sein, zum anderen dem die Narration stets bestimmenden Korsett des Genrefilms. Das im Film ausbuchstabierte Statement spricht dabei die deutliche Sprache der damaligen Zeit: "Kauf kein Brot, kauf Dynamit" sind die letzten Worte im Film. An die düstere Epik beispielsweise der Leone-Western lehnt man sich dabei zwar an, doch erreicht man dieses Niveau vor allem aufgrund der eher einfach gestrickten, vor allem aber leicht durchschaubaren Geschichte nur teilweise. Dennoch ist der Film ohne Zweifel zu den großen Klassikern des Subgenres zu zählen und die Tatsache, dass der Film hierzulande nun erstmals in einer ungekürzten Version zu sehen ist, ist mehr als erfreulich.

Die Fassung von Koch Media fällt an sich solide aus, hat allerdings auch mit ein paar Schwachpunkten im Detail zu kämpfen. Diese sind jedoch kaum Koch Media selbst anzulasten, sondern zeugen eher von dem saumseligen Umgang mit Genrefilmen der letzten Jahrzehnte im Allgemeinen, mit dem Italo-Western im Besonderen. Dies korrespondiert mit den Verlautbarungen anderer Labels, die Filme dieses Subgenres auf den Markt bringen und dabei zum Teil vor kaum zu bewältigenden Problemen beim Zusammenstellen einer einwandfreien Edition stehen. Die Bildqualität ist dabei ohne weiteres fabelhaft gelungen - das zugrunde liegende, offenbar sehr gut erhaltene Material und der solide Transfer verleihen dem Technicolor-Film über weite Strecken optische Brillanz. Nur gelegentlich, vor allem bei Aufnahmen mit viel Himmel im Bild, ist ein leichtes Bildrauschen zu bemerken. Die Tonspur entwickelt hingegen zumindest in der deutschen Sprachfassung beinahe schon Stückwerk-Charakter: Da der Film in Deutschland bislang nur erheblich gekürzt zu sehen gewesen ist, wechselt der Film in schöner Regelmäßigkeit zwischen der deutschen und englischen Tonspur. Zwar ist der Film in Deutschland seinerzeit komplett synchronisiert worden - die Liner Notes bestätigen dies -, doch war ein Zugriff auf diese Tonspur offenbar nicht mehr möglich. Die vorliegende Edition erscheint somit auch als Dokument des zweifelhaften Verhaltens mancher deutscher Filmverleiher gegenüber ihren Filmen: So fielen in der alten Fassung nicht nur einige Gewaltszenen (hier wurde bemerkenswert wenig gekürzt) der Verleihwillkür zum Opfer, auch zahlreiche handlungstragende Sequenzen wurden entfernt. Offenbar war man an der Vermarktung eines schnellen, reißerischen Films interessiert und rieb sich etwas an dessen epischen Ausrichtung. Die Rechnung zahlt der heutige Filmfreund, der nun in der deutschen Fassung mit einer beinahe schon nervig unsteten Tonspur zu kämpfen hat. Die wieder eingefügten Szenen wurden dabei mit eigenen Untertiteln versehen, die in den synchronisierten Stellen nicht zum Tragen kommen. Eine lobenswerte Vorgehensweise, die allerdings in ihrer Umsetzung etwas unbefriedigend bleibt: Gelegentlich springen die Untertitel etwas zu früh an und untertiteln bereits noch deutsch belassene Stellen. Zudem fallen in den letzten Minuten ein paar Masteringfehler auf der deutschen Tonspur auf: Dort sind einige Tonartefakte wie von schlecht erstellten MP3-Dateien zu hören.

In der Bildergalerie gibt es wie stets alte Aushangmaterialien zu sehen; ein wenig schade ist es, dass hierbei die einzelnen Repros das Bild selbst überlappen, bzw. nur auszugsweise zu sehen sind. Da war die alte Lösung - bildschirmfüllende und auf diesen auch ausgerichtete Reproduktionen - besser. Zudem finden sich ausführliche Biografien von Klaus Kinski und Gian Maria Volonté, die jedoch an der in Folge der Textmasse pro Tafel etwas klein geratenen Schrift leiden.

Insgesamt eine solide Veröffentlichung, der im Detail noch etwas mehr Sorgfalt gut getan hätte. Obendrein erfreulicher Umstand am Rande: Der Film wurde von der FSK mit dem Siegel "Keine Jugendfreigabe" (früher: FSK18) versehen und ist somit nach der Novellierung des Jugendschutzgesetzes im Jahr 2003 von der BPjM nicht mehr indizierbar - seine vormalige Indizierung ist somit aufgehoben, der Film ist frei erhältlich und bewerbbar.

Technische Details

Bild: 2,35:1 4:3
Ton: Deutsch, Englisch (je Dolby Digital 2.0)
Untertitel: deutsch (nur ehedem entfallene Szenen)
Regionalcode: 0 / PAL
Laufzeit: ca. 118 Min.

Zusatzmaterial:

Bildergalerie, drei Kinotrailer, Liner Notes

(Thomas Groh)