Blade 2 gleich platze ich damit heraus (denn nicht
anders wird er uns dargereicht, verabreicht: einer Droge gleich) ist
ein Film der äußeren Aktion, der aber sich abspielt im Innern
(dem Körper, dem Herz, dem Geist) von Geschöpfen, ist Ausdruck
von Gefühlen.
Drivin thru darkness / Durch die Dunkelheit
fahren
fast den ganzen Film hindurch, doch
zu Beginn auch auf Motorrädern. Wesley Snipes Blade er
ist noch immer der daywalker, also ein dem Tageslicht trotzender
Vampirjäger, der doch selber ein halber Vampir ist Blade
schlägt von solchen die reinen Vampire herunter. Ein Ballett auf engem
Raum ist das geworden, in den Gassen von Prag, wo in Mission Impossible 2
noch die Weite war und das Motorradduell an einem kalifornischen Strand
stattfand.
Zu John Carpenters klassizistischem Dramenfilm Vampires hat
Michael Althen geschrieben, es gebe da eine Ruhe und Klarheit der
Bewegungen, entschlossene(s), kundige(s) Handeln der
Vampirjäger, die Präzision ihrer Arbeit. Diese Formulierungen,
die damals zu Howard Hawks hin wollten (wie der Profis filmte bei der Erledigung
eines Jobs), treffen auch bei Guillermo del Toros Film. Schon in der ersten
Auseinandersetzung (allerdings ist die Geschwindigkeit hier deutlich
erhöht): Blades Tanz in dem Ballett, in dem er der Star ist und allein
er weiß, wo seine vampirischen Mitspieler sich im nächsten Augenblick
befinden werden. Eine Zirkelbewegung später: schon steckt in ihnen die
silberne Klinge des Samuraischwertes, zerfallen sie im hellen Licht
des letzten Lebenshauchs zu Asche und zu Staub.
Hell is into them / Die Hölle ist in
ihnen
und aus Blades Vaterfreund Whistler
(gespielt von Kris Kristofferson) muss sie erst herausgetrieben werden. Er
war unter die Vampire gefallen, ohne Hoffnung auf die Errettung, welche Blade
nun vollbringt. Jetzt, da er wieder unter den Menschen ist, sollen die Vampire
plötzlich nicht mehr die Gegner sein: Sie, die doch nur Leidende an
einem Virus sind, haben in den Reapern einen neuen Feind gefunden, der, wenn
er mit ihnen fertig ist, über die Menschen kommen wird. Deren Retter
ist Blade so sieht er sich unerwartet an der Seite der Bluttrinker
gegen die Reaper kämpfen.
Das blood pack neben ihm ist vielfaches Zitat der Filmgeschichte.
Eine bunte Schar von Vampiren: isolierte Helden ihrer Welt wie die glorreichen
Sieben, und wie diese durch die Verschiedenartigkeit gekennzeichnet (daher
sind sie Superhelden); Arbeiter gegen den Feind wie die Jäger in Vampires;
und sowieso ein dreckiges Dutzend das heißt, sie werden weniger
von Mal zu Mal. Zwei Jahre sind sie für den Ernstfall trainiert worden.
Doch der sah zunächst Blade als Ziel vor. Das bedeutet den
Konflikt.
Seinen eigenen Leuten ist jedoch bald ebensowenig zu trauen
zwei Bilder: Whistler hält sich die Hand ganz besonders vors Gesicht
geblendet, was Schmerz erzeugt , als er an den im gleißenden
Licht des Schweißgerätes stehenden Scud herantritt; dieser widmet
dem Blut, dass er gerade gespuckt hat, wohl etwas zuviel Aufmerksamkeit.
Wir bemerken das, nicht Blade.
Sie alle sind schön anzusehen, im Gegensatz zu den Reapern, die
mir vorgekommen sind, als wäre vom alten Nosferatu noch eine Zombieversion
denkbar. Den Weltverschiebern der Dark City sind sie ähnlich (das war
ein anderes dunkles Drehbuch von David S. Goyer, der auch The Crow geschrieben
hat). Sie sind außerdem alle gekleidet wie Penner die kläglich
Mächtigen. Ein reiner Nosferatu, das ist das Oberhaupt der Vampire:
Er hat die pure weiße Haut, die Glatze und die demutsvollen Bewegungen.
Sein Darsteller del Toro treibt weiter Kinospiele mit uns ist
Deutscher wie Max Schreck (in Murnaus Klassiker) und Kinski (in Werner Herzogs
Film).
more than ever / mehr als jemals
Auf Körperinhalte haben wir gefasst sein
müssen. Aber nicht allein das Blut des ersten Films, nein: die schlimmsten
Innereien aus Alien, Species und den Mangas. Doch zurück zum Schönen
Die Vampire, die sich küssen, haben vorher eine Rasierklinge
in den Mund genommen.
Dann nimmt die Tragödie ihren Lauf. Der Vater, der gleichsam
Oberhaupt seiner Familie wie der gesamten Vampirwelt ist der König.
Seine Tochter, die eine Rebellion gegen ihn anfängt, weil ihre Liebe
dessen gefährlichstem Gegner gilt. Ihr Bruder, der ebenso rebelliert,
nachdem er vom Vater hintergangen wurde, weil dieser um allen Vampiren
zu helfen das Wohl seiner Familie aufs Spiel setzte und ein
gefährliches Experiment wagte. Eine Intrige, die geführt wird gegen
den, der doch nur helfen wollte: Der böse Geist greift, von hinten,
den guten an. Und schließlich Verrat an allen Fronten.
Um die mutterlose Familie mit dem Göttervater herum gibt es die
Schergen (ebenso die Helden), wie wir es wissen von den Theaterwerken des
antiken Griechenland und denen, die in deren Tradition stehen. Ein Bild daraus
(dort wird es zumindest evoziert, hier explizit gezeigt): das Schlachtfeld.
Und aus all dem die Summe: das Drama.
Dennoch springen die Vampire umher gleich dem neuen Spider-Man und
bewegen sich die Reaper nach Art der Affen auf Tim Burtons neuem Affenplanet.
Das Zusammentragen von disparaten Stilelementen schafft dem ungeachtet
einen einzigartigen Film. Dazu Drehs in den Katakomben von Golems Stadt:
Prag. Die Schnitte sind gegen die Bewegung geführt und in diese hinein:
Es entsteht Dynamik auf engstem Raum reine Implosion: ein vertikales
Ereignis. Und immer (es ist mir beim Sehen so gegangen), wenn ich denke
z.B.: Hey, da fehlt doch Kristofferson! Ein Schnitt und er ist im Bild.
Blade out of blood / Blade aus dem Blut
Er taucht auf, wie die Monstren zu Tage treten
in Apocalypse Now oder in The Cell. Das meint: Hier wie dort ist der einfache
Prozess des Auftauchens (aus einer Flüssigkeit; was einem Bild von der
[Wieder-]Geburt gleichkommt) überaus ästhetisch gefilmt, was den
Gedanken erlaubt, hier werde entweder ein Monster kreiert oder eben :
ein Held, gewaschen wie einst Siegfried, doch da war kein Eichenblatt.
Und
Lässt er sie vom Blute kosten,
Dass davor sein eignes war, doch
Kann nichts tun und kann nichts wenden:
Die Liebe er ans Licht verliert.
Und jetzt kommt ein Knick: O wundervoller Pathoskrieg! Und ach: Einmal
in diesem Dunkel überall! ist die Leinwand weiß
Das noch Der Film ist der Kick. Er enthält drei der
trauerschönsten Liebestode des Kinos, jemals.
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