Jump Cut Kritik

Startseite -  Inhaltsverzeichnis - Klassiker - Archiv - Links - Forum - Mail

 

Byambasuren Davaa: Die Höhle des gelben Hundes (D 2005)

Kritik von Ulrike Mattern 

 

In diesem Jahr war „Die Geschichte vom weinenden Kamel” in der Kategorie Bester Dokumentarfilm für den Oscar nominiert. Jetzt startet der neue Spielfilm „Die Höhle des gelben Hundes” von der mongolischen Regisseurin Byambasuren Davaa und nimmt einen wieder mit auf die weite Reise zu einer verschwindenden Kultur.

Eine fünfköpfige Nomadenfamilie lebt im Nordwesten der Mongolei, Vater, Mutter und drei kleine Kinder. Beim Einsammeln von Dung hört die pfiffige Nansa Geräusche, die aus einem Felsspalt kommen. Dort findet sie ein schwarz geflecktes weißes Hündchen und nimmt es mit nach Hause. Aus Angst, dass das Tier mit Wölfen gelebt haben und damit die Schafherde gefährden könnte, fordert der Vater sie auf, es auszusetzen. Doch die Sechsjährige will sich nicht von ihrem Liebling trennen und versucht mit einiger List, ihn zu verstecken. Bei einem Spaziergang durch die Steppe trifft sie eine alte Frau, die ihr in einem Gleichnis von der Wiedergeburt erzählt.

Wie schon in der Erfolgsgeschichte vom weinenden Kamel verknüpft Byambasuren Davaa, die seit fünf Jahren in München lebt und an der dortigen Filmhochschule studiert hat, mehrere Ebenen. Durch eine Erzählung von Gantuya Lhagva angeregt, erfährt man ihrem Spielfilm viel über Alltag und Spiritualität in der Nomadengesellschaft. „Ich dokumentiere den Wandel einer Kultur.” Denn die Mongolen geben diese Existenz auf, werden nach und nach sesshaft. „In 20 bis 30 Jahren werden sie nicht mehr als autarke Selbstversorger in der Natur leben”, vermutet die Regisseurin. Die letzte Volkszählung im Jahr 2000 ergab, fügt sie hinzu, dass 41 Prozent Nomaden sind. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass heute nur noch ca. 25 Prozent mit Hab und Gut durch die Steppe ziehen. Auch die Familie aus ihrem berühmten Dokumentarfilm ist in die Stadt umgesiedelt.

Der neue Film der 33-Jährigen schwelgt in Großaufnahmen von einer Landschaft, deren Weite aus der Perspektive des urbanen westlichen Sesselhockers ebenso überwältigend ist wie das harmonische Dasein. Die Kinder tollen in traditionellen bunten Gewändern über die Wiese, reiten wie Profis und zanken sich, wenn eines von ihnen zu ruppig mit der Buddhastatue umgeht. „Mit Gott spielt man nicht.” Doch der Fortschritt macht auch vor der Jurte nicht halt: Der Vater fährt auf dem Motorrad in die Stadt, bringt eine Kelle aus Plastik mit, die im Kochtopf schmilzt, und einen batteriebetriebenen Plüschhund als Geschenk für die Kinder. Ist das nicht alles etwas zu idyllisch, als das es wahr sein könnte? „Es überrascht mich, dass dieses Leben im Westen idealisiert wirkt. Als wäre es eine Märchenwelt von vor hundert Jahren. Aber es existiert tatsächlich. Das Stadtbild zeige ich nicht, aber es ist eigentlich die ganze Zeit Thema. Ich bin bewusst bei den Nomaden geblieben, weil sie nicht mehr lange so leben werden. Aber ich habe keine Sorge, dass die Probleme in der Stadt verschwinden und nicht mehr zu filmen sind.”

Auf dem Münchener Filmfest, wo die „Die Höhle des gelben Hundes” Premiere hatte, erhielt Byambasuren Davaa sowohl den Förderpreis deutscher Film in der Kategorie Regie als auch den Publikumspreis. Es sieht also so aus, als würde auch dieser Ausflug in die Mongolei von deutschen Zuschauern wieder mit Begeisterung aufgenommen. Die Mongolen selbst, auch das erzählt die Regisseurin, wollten „Die Geschichte vom weinenden Kamel” nicht sehen. Der Film floppte.

zur Jump Cut Startseite

     

Suchen
 
Google
Web Jump Cut