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		    Auf den ersten Blick, mit der ersten Einstellung: Ein Yakuza-Film.
		    Bandenkämpfe, Ehre, Konkurrenzen. Bald aber merkt man, wie sich der
		    Fokus verlagert, wie ein Drama anderer Art in den Blick gerät, dessen
		    Verschränkung mit der Yakuza-Geschichte einigermaßen der Notwendigkeit
		    entbehrt. Das Ganze scheint nur der Verwirrung klarer Zurechnungen zu dienen
		    - und zwar im dritten Genre-Spiel, das eröffnet wird, dem Whodunit.
		    Ein Mord geschieht und alle Beteiligten - der Zuschauer nicht zuletzt - haben
		    Mühe, ihn zuzuordnen: Yakuza, Melodram oder Krimi? Der Film prallt dabei
		    von einer Bande zur anderen und verliert jedesmal, wenn er von hier nach
		    da gerät, genau jene Intensität, die er zuvor mit viel Mühe
		    aufgebaut hat.
		     
		    Dem Regisseur Negishi, der hier einen erfolgreichen Roman verfilmt,
		    ist das fast noch am wenigsten anzulasten. Er verlässt sich nirgends
		    auf schiere Handlungsoberflächen, also Action oder auch nur Tempo in
		    der Entwicklung, des, genauer: der Plots. Stattdessen zeigt er seine Figuren
		    am liebsten im Gespräch, eine statische Einstellung folgt der
		    nächsten. Wirklich statisch sind sie freilich nicht, denn in langsamen
		    und kaum einmal direkt auf Gesichter, auf die Sitzenden zufahrenden Zooms
		    findet der Film zu seiner eigentlichen, ganz formalen Bewegung oder
		    Nicht-Bewegung. Gelegentlich löst Negishi seine Szenen allerdings auch
		    anders auf: mit Schnitten, deren erstes Anliegen gewiss nicht der Erhalt
		    der Raumkohärenz ist. Die Achsensprünge, die ihm dabei - gewiss
		    absichtlich - unterlaufen, wären dann die Antithese zur sonstigen Ruhe
		    des Blicks und formales Äquivalent der Plotverwirrung.
		     
		    Durch die dem Hin und Her geschuldeten Intensitätsabbrüche
		    verliert "Kizuna" viel der Wirkung, die sich in einzelnen Momenten, die gerade
		    darum aus der Geschichte aber wie herausgefallen scheinen, entwickelt. Etwa
		    der Blick auf Koji Yakushos kaum merklich berührtes Gesicht während
		    eines klassischen Konzerts. Apropos Musik: Sehr schön der Soundtrack,
		    der nicht auf verdoppelnde Untermalung angelegt ist, sondern mit deutlich
		    Distanz zu den Bildern und zum Geschehen herstellender klassischer Moderne
		    ein beinahe aufregendes Eigenleben entwickelt. Bedauerlich, weil sentimental,
		    der Rückfall in die schlichte Flötenweise, mit der des stoischen
		    Helden unglückliches Ende noch gerahmt wird. 
		     
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