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Interview mit Vilsoni Hereniko, Filmemacher aus Rotuma in Fiji (The Land has Eyes)

Von Ulrike Mattern

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Während des Workshops über Projektion und Repräsentation in Südseefilmen beim Freiburger Film Forum sagten Sie, dass Hollywood den Bewohnern Ozeaniens ihre Vitalität nahm und diese sie auf sich selbst projizierte. Wie können indigene Filmemacher die Bilder zurückerobern und damit ihre Identität wiedererlangen?

Sie müssen ihre eigenen Geschichten erzählen, in denen sie die Protagonisten sind und die Hauptrollen spielen. Wenn sie sich selbst darstellen, können sie Hula tanzen, den Hochzeitssong von Hawai interpretieren und an Stelle von Elvis Presley den Strandjungen spielen. Auf diese Weise können sie ihre Identität wiedererlangen.

Wie schwierig ist es für indigene Regisseure, ihre eigenen Geschichten zu erzählen, ihre eigenen Filme zu drehen?

Es ist ein harter Kampf, und einer der Gründe dafür ist, dass Filmemachen nicht billig ist. Man benötigt einiges an Geld dafür. Oft haben einheimische Regisseure gar nicht die finanziellen Möglichkeiten, um ihre Erzählungen für ein internationales Publikum auf die Leinwand zu bringen. Es ist daher als erster Schritt wichtig, Förderung durch Institutionen bzw. die Regierung zu bekommen, in Form von Stipendien beispielsweise. Darüber hinaus ist das Filmemachen eine Teamarbeit. Es gibt viele, die zum Gelingen eines Films beitragen: Cutter, Kostümdesigner, Drehbuchautor, Regisseur, Produzent etc. Die Leute vor Ort müssen in einem zweiten Schritt in diesen Bereichen trainiert werden, damit sie die Kontrolle über die Geschichte behalten, die sie erzählen. Es passiert häufig, dass indigene Filmemacher mit Leuten von außerhalb zusammenarbeiten, um ihre Filme überhaupt ins Kino bringen zu können. Auch bei mir ist das so. Meine Frau, die nicht von Rotuma stammt, hat THE LAND HAS EYES produziert. Der dritte Schritt wäre, die völlige Kontrolle über die Bilder und die Produktion der Filme zu erlangen.

Wie kam es zu dem Filmprojekt THE LAND HAS EYES?

Ich habe über 20 Jahre lang Theaterstücke geschrieben. Der Weg vom Theater zum Kino, von der Bühne zur Leinwand, war eine natürliche Entwicklung. Ich wollte eine Geschichte über die Ungerechtigkeit erzählen. Etwas, dass meinem Vater widerfahren war. Als ich ein kleiner Junge war, wurde er fälschlich angeklagt, Kokosnüsse gestohlen zu haben. Er kam vor Gericht, wurde schuldig befunden, weil ein korrupter Dolmetscher falsch übersetzte. Es war eine beschämende Situation für die ganze Familie. Dieses Ereignis prägte mich für lange Zeit und traumatisierte uns alle. Als ich anfing, darüber nachzudenken, worüber ich einen Film machen wollte, beschloss ich, dass diese Story im Mittelpunkt stehen sollte. Auf diese Weise wollte ich den Namen meines Vaters reinwaschen und allen erzählen, dass meiner Familie Ungerechtigkeit widerfahren war. Auf gewisse Weise wollte ich so mit meiner Vergangenheit abschließen. Um dieses zentrale Ereignis gruppierte ich Erlebnisse aus meiner Kindheit – zum Beispiel habe ich ein Stipendium erhalten und Rotuma Richtung Fidschi verlassen, um dort zu studieren.

Wenn Sie ihre eigene Geschichte erzählen, warum haben Sie sich dann dafür entschieden, die Hauptrolle mit einem Mädchen zu besetzen?

In der ersten Fassung war der Protagonist ein 14-jähriger Junge. Ich kam jedoch mit dem Drehbuch für den Film nicht voran, hatte eine Schreibblockade. An der Stelle schlug meine Frau vor, das Geschlecht des Protagonisten zu ändern, denn das könne meine Phantasie neu anregen. Ich lehnte es zuerst ab, weil es die Geschichte völlig veränderte. Aber heute bin ich froh, dass ich es gemacht habe, weil es eine bessere Geschichte geworden ist. Die Kriegerin inspiriert die Protagonistin, weil sie ein Mädchen ist. Es erscheint auf diese Weise natürlicher.

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