Es gibt einen guten Grund, diesen Film unbedingt zu sehen und dieser Grund hat einen Namen und
der lautet Maggie Cheung.

Ein nicht so guter Grund ist der Plot, der so geht: Chinesische Festlandtomate kommt nach Hongkong,
um sich dort ein Leben zu erarbeiten, das er mit seiner auf dem Dorf gebliebenen Verlobten eines Tages
teilen kann. Fleißig schreibt er Briefe an diese Verlobte, die als Voice-Over den enervierend törichten
Erzählton des Filmanfangs ausmachen. Hongkong aus der Fahrradperspektive dieses reinen Toren, der
bei seinem ersten Besuch bei McDonalds auf eine scheinbar weltläufige Frau trifft (Maggie Cheung!), die
aber, wie sich so langsam, entlang ihren kleinkapitalistischen unternehmerischen Erfolgen und Mißerfolgen,
herausstellt, auch nur aus Kanton kommt. Die beiden werden enge Freunde und in der Silvesternacht
schlafen sie miteinander, woraus aber hinterher nichts weiter folgen soll, wollen sie sich einreden. Die
Lebenwege gehen in Zeitsprüngen immer weiter auseinander. Er lebt sein solides, wenig aufregendes
Leben, das eines Tages genug Ertrag gebracht hat, daß er seine Verlobte nach Hongkong holen und
heiraten kann. Maggie Cheung hingegen, die immer schon groß rauskommen wollte, schnappt sich im
Massagesalon eine reiche Mafiabonze, ein Mann wie ein Schrank (aber ein kleiner und häßlicher Schrank),
mit dem sie im Laufe der Zeit dann doch so etwas wie Liebe verbindet. Diese Beziehung in ihrer Ambi-
valenz ist im übrigen weitaus interessanter als die titelgebende Hongkong Love Affair, die auf folgende
Weise zu ihrem Happy End findet: Nach einer erneuten Begegnung mit Maggie Cheung in Hongkong trennt
sich unser gereifter Held von seiner Verlobten, aber Maggie Cheung ist unterdessen ihrem von konkurrierenden
Gangstern und der Polizei verfolgten Schrank nach New York gefolgt (der dann praktischerweise
bei einem Straßen-Überfall aus dem Weg geräumt wird). In New York finden wir auch unseren
Helden wieder, der dort einen aus Hongkong ausgewanderten Koch zum Freund hat. Nun erleben wir
auch New York aus der Fahrradperspektive. Eines Tages begegnen sich die beiden vor einem Schaufenster,
das im Fernsehen das Bild einer gerade verstorbenen chinesischen Sängerinnen-Berühmtheit zeigt. So
geht die Geschichte, die noch einen sehr hübschen Prolog und Epilog hat.

Ein ebenfalls nicht so guter Grund, diesen Film zu sehen, ist die Art des Regisseurs, mit reichlich plumpen
Fingern auf der Klaviatur der Gefühle zu spielen. Alle paar Sekunden als Signal geplanter Gefühlserzeu-
gung jauchzen Geigen auf der Tonspur. Arg unmotiviert und stereotyp der Einsatz von Gegenlichtaufnah-
men, Weichzeichner, Zeitlupen. Da wird nur eine liebesromantische Kino-Topik unoriginell durchgespielt.

Auch die allzuvielen Großaufnahmen der Gesichter fielen unter das Stichwort eklatanter Mangel an Sub-
tilität, wäre es nicht das Gesicht von Maggie Cheung, auf dem, denkt man sich, der Film eigentlich die
ganze Zeit verweilen dürfte, so nuancenreich gibt es darauf ganze Welten zu beobachten, von Entschlossen-
heit bis Entmutigung, von verdrängter Liebe bis verbissener Zuneigung. Mehr gute Gründe gibt es nicht,
diesen Film zu sehen. Aber der eine reicht.

Besucher Nr.

seit dem 21.12.1998