Nachtgestalten


Der erste Blick, den wir in die Welt von Nachtgestalten werfen, ist der eines Hundes. Konsequenterweise behält der Film diese Perspektive bei, von Anfang bis Ende, und erzählt drei Geschichten aus zeitgenössischen Berliner Hundeleben. Keine dieser à la Short Cuts nur sehr lose verknüpften Geschichten ist als solche originell oder überraschend. Nicht die des Landeis, das eine Nacht mit einer Prostituierten verbringt, nicht die der beiden Penner, die sich eine Nacht im Hotel gönnen wollen und nicht die des von seinem Chef tyrannisierten Firmenmitarbeiters, der einen kleinen afrikanischen Jungen am Flughafen aufgabelt und beharrlich beim richtigen Adressaten zuzustellen sich bemüht.

Nicht in den Geschichten liegt der Reiz des Films, eher schon in der Perspektive, vor allem aber in der Genauigkeit, die insbesondere eine der präzise geführten Schauspieler ist. Gwisdek wird immer kurz vorm Chargieren gebremst und einige der anderen Figuren, deren Weg ins Detlev-Buck-hafte mitunter nicht weit wäre, werden nicht zugunsten naheliegender Pointen verramscht, sondern dürfen ihren Charme und Eigensinn als narrativ eher dysfunktional am Rande liegendes Personal entfalten. So in einer Kreuzberger Kneipe ein Besoffener am Thresen, eine Frau am Spielautomaten, ein gutmütiger Polizist auf der Polizeiwache, der mit tröstenden Taschentüchern zur Hand ist. Die Balance zwischen bloßer Nettigkeit und düstrem Kitsch hält der Film im großen und ganzen mit einigem Geschick. Am höchsten ist ihm dabei anzurechnen, daß er sich nicht in falsche Versöhnlichkeit flüchtet. Die Prostituierte klaut ihrem Wohltäter das Geld und die Jugendgang zerstört das Auto des Gutmütigsten von allen, des armen Peschke.

Beinahe ist es schon wieder eine Stärke des Films, dass es ihm an der Eleganz der Verknüpfungen mangelt, dass Sentiment ein wenig ungelenk eingefordert wird. Hier zeigt keiner sein Können oder will mit Virtuosität beeindrucken und seine Einfallslosigkeit damit übertünchen. Es ist die Verbindung von Liebe zum Detail und dem Beharren auf den Reizen des Unspektakulären, Schmutzigen in Sujet wie filmischer Darstellung (Handkamera, grobkörniges Bild, schlechte Ausleuchtung), die einem diesen Film sympathisch machen.

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seit dem 26.8.1999