'Point Blank' von John Boorman ist einer der großen radikal düsteren Filme, wie sie Hollywood
nur sehr selten hervorbringt. Den Roman von Richard Stark, der als Vorlage diente, nun mit Mel
Gibson in der Hauptrolle erneut zu verfilmen, kann nur ein Witz sein. Genau das ist es auch, und
zwar, wenn man den etwas speziellen Humor der Macher von Payback teilt, noch nicht einmal
ein schlechter.
Die Geschichte ist dieselbe: da kommt einer zurück, dem Unrecht getan wurde und will Rache,
legt sich zu diesem Zweck mit den mächtigsten Männern der Stadt an. Das Ende ist in der neuen
Version allerdings ganz anders als in 'Point Blank'. Vor allem aber, und das eine hat mit dem
anderen zu tun,  hat sich der Ton gewandelt - von der ersten Minute an, schon in den ersten
Worten der Ich-Erzählung Porters, die davon berichten, wie radikal böse er sei, erst recht dann
in den folgenden Bildern, die diese Bösartigkeit illustrieren, ist klar, daß hier das farcenhafte,
mitunter ziemlich hemmungslos alberne Gegenstück zu 'Point Blank' beabsichtigt und gelungen ist
.
Der Spaß, den man sich mit der konsequenten Rächergeschichte macht, ist ein für Puristen sehr
bedenklicher. Die alten Genre-Versatzstücke sind noch da, aber zugleich ins Lächerliche suspendiert.
Es gibt die finstere Mafia, der Leben nichts gelten, der Frauen nichts als Tauschobjekte und Ver-
schiebemasse sind, aber ohne den bedrohlichen Ernst, die Undurchsichtigkeit und Undurchdring-
lichkeit ihrer Struktur ändert sich auch die Motivation des rücksichtslosen Einzelkämpfers. Wer
mit aller, sehr oft sehr brutalen, Gewalt gegen Karikaturen vorgeht, ist selber eine. Die Wahl Mel
Gibsons als Protagonisten ist da nur konsequent. 'Mad Max', frühe Gibson-Vergangenheit, entsprä-
che der Brechungslosigkeit von 'Point Blank'. Heute aber, da Mel Gibson zur  -stets ironischen,
oft verbeulten, unheroischen, aber zuletzt gerade dadurch souveränen - Mel-Gibson-Persona
stereotypisiert ist, kann sein Einsatz in straighten alten Genre-Geschichten diese nur mit Ironie und
dem Verlust der Ernsthaftigkeit infizieren. Was dabei herauskommt, bleibt spielerisch, nimmt die
Vorlage in ihre Bestandteile auseinander, so daß sie als solche sichtbar werden - und weigert sich,
sie wieder zusammenzusetzen. Das Ergebnis ist ein reflexiver V-Effekt, der den puristischen Lieb-
habern die Zornesröte ins Gesicht treiben mag. Alle anderen dürfen sich amüsieren.

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