Rolf Schübel

Rolf Schuebel (*1942)

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Über Rolf Schübel

Rolf Schübel hat seine Karriere als linker Dokumentarfilmer begonnen und ist nun nach bald dreißig Jahren zum Spielfilm gelangt. Dieser Weg ist in seinem Fall von nachweisbarer Konsequenz. Dokumentation heißt für ihn nicht Dabeisein, sondern in erster Linie Rekonstruktion. Was gewesen ist, soll so gezeigt werden, wie es gewesen sein könnte. Nicht die Behauptung des Faktischen steht im Vordergrund, nicht eine These, sondern das Interesse für die möglichen Perspektiven, die die akribische Recherche noch übrig läßt.

Umgekehrt sind es nun historische Fälle, wahre Begebenheiten, an denen sich die Freiheit des Spielfilm-Regisseurs ihre Grenzen sucht. Selbst der Fernsehfilm 'Woanders scheint nachts die Sonne' beweist, dass die Phantasie und die Sensibilität Rolf Schübels sich nicht am großen erzählerischen Entwurf entzünden, sondern an der Genauigkeit der Beobachtung, die die Charaktere bei aller Glaubwürdigkeit und Stringenz der Figurenentwicklung ganz unberechenbar macht. 'Zweieinhalb Minuten' ist in der Filmografie Schübels der klare Hybrid des Übergangs vom Dokumentar- in den Spielfilm. Es ist die genau recherchierte Geschichte eines so bitter selbstverschuldeten wie in seiner Überflüssigkeit sehr traurigen Todes; der Sog, den die brillant erzählte Geschichte erzeugt, wird durch die Authentizität des Vorfalls, dessen Vorgeschichte mit liebevoller Aufmerksamkeit dargestellt wird, noch verstärkt, ohne je auf sie angewiesen zu sein.

Bei Gloomy Sunday, dessen Drehbuch Schübel wie bereits 'Woanders scheint nachts die Sonne' mit Ruth Toma geschrieben hat, gewinnen die fiktiven Momente endgültig die Oberhand. Ilona, eine der Hauptfiguren des Films, ist der Vorlage, die die Wirklichkeit und der Romanautor Nick Barkow gegeben haben, ebenso hinzugefügt wie viele der Details des Films. Die alle genommenen Freiheiten beinahe überkompensierende Sorgfalt des Drehbuchs ist dem Film allerdings in die Glieder gefahren; er hat ein Interesse an den Wendungen des Plots zu nehmen, das, ausweislich seiner früheren Filme, nicht unbedingt das Schübels ist. Die Dichte und auch die emotionale Wirkung, die 'Zweieinhalb Minuten', den besten Film des Regisseurs (von denen, die ich kenne) auszeichnen, kann er dabei nicht entwickeln.

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Assayas biografie

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*1942
Studium der Literaturwissenschaft und Soziologie in Hamburg
Mitglied des SDS, seit 1967 Zusammenarbeit mit dem
Filmemacher Theo Gallehr bei 8 Dokumentarfilmen für WDR und NDR
Nach der Trennung von Gallehr eigene Filmproduktionsfirma
häufige Zusammenarbeit mit Harald Reetz
lebt und arbeitet in Hamburg
1979 Mitbegründer des Hamburger Filmbüros.



Assayas Interview

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Assayas Filmografie

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F I L M E :

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Landfriedensbruch (1967)

Der deutsche Kleinstädter (1968)

Das 20-Milliarden-Ding (1969)

Newark - Stadt im Quadrat (1969)

Zwischen Wohlstand und Klassenkampf (1969)

Ausbeutung der Lehrlinge (1970)

Trau keinem über 30? (1970)

ROTE FAHNEN SIEHT MAN BESSER (1970/71, WDR / RB)

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Arbeitskampf (1971/72)
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DIE AUFSTEIGER-SAGA (1973 / 74, WDR)

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Das Jubiläum - Unsere Firma wird 50 (1975/76)

Lebenshilfe reichlich- Jugendzeitschriften und ihre Macher (1977)

Das Tor zum Garten der Träume (1977)

Rund um die Uhr (1978)

Eine Zeitung, die es wirklich gibt - Das Buxtehuder Tageblatt (1980-82)

Gemeinsam können wir viel erreichen (1980/81)

BIER FUR LAMA KARA (1979-1982, ZDF)

(imdb)

"Dokumentarfilm über zwei junge Arbeiter aus Norddeutschland, die für ein Unternehmen mit deutscher Kapitalmehrheit in Afrika eine Brauerei aufbauen helfen. Die Zeit der Bauarbeiten in Togo wird zur Zeit der Veränderung für beide: ihrer Hoffnungen und Ängste, ihrer Einstellung und ihrer Vorurteile gegenüber der Dritten Welt." (Lex. des. Int. Films)

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NACHRUF AUF EINE BESTIE (1982/84)

(imdb)

"Ein filmisches 'Lebensprotokoll' des vierfachen Kindermörders Jürgen Bartsch (verhaftet 1966) - mit persönlichen Aussagen des Verurteilten und Stellungnahmen von Zeitzeugen aus den jeweiligen Lebensphasen des Adoptivsohns eines Handwerker Ehepaars. Sachlich und fast unterkühlt dokumentiert, aber voll Anteilnahme für einen Menschen, der vielfach als Bestie angesehen worden ist." (Lex. des int. Films)

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DER INDIANER (1985-1987)

(imdb)

Dokumentarfilm über einen an Kehlkopfkrebs erkrankten Mann. unter Verwendung einer autobiografischen Erzählung und nachgestellten Szenen, die ganz mit subjektiver Kamera gedreht sind, gelingt es dem Film, beim Zuschauer Betroffenheit auszulösen, aber auch Hoffnung und Lebensmut zu vermitteln. (Lex. des int. Films)

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DAS HEIMWEH DES WALERJAN WROBEL (1990 / 91)

(imdb)

Regie: Rolf Schübel
Drehbuch: Rolf Schübel, nach dem gleichnamigen Buch von C.U. Schminck-Gustavus
Kamera: Rudolf Körösi
Musik: Detlef Petersen
Darsteller: Artur Pontek, Michael Gwisdek, Peter Striebeck, Andrzej Mastalerz, Michal Staszczak
Produktion: Studio Hamburg/ Produktion für Film & Fernsehen GmbH/ ZDF

"Keiner der Deutschen, denen Walerjan auf all diesen Stationen begegnet, hat persönlich viel gegen ihn. Aber für ihn haben die meisten auch nichts - und das ist das Schreckliche. Walerjan Wróbel hat wirklich gelebt. Die Dokumente über seinen 'Fall' gehören zu den wenigen dieser Art, die bei Kriegsende nicht vernichtet wurden. Vielleicht schien die Geschichte zu klein und unbedeutend, um sie zu vertuschen. Für uns war sie wichtig genug, um einen Film daraus zumachen." (Rolf Schübel, Hermann Kirchmann)

"Ein 16jähriger polnischer Bauernsohn wird im Zweiten Weltkrig als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt und nach einem harmlosen, aus Heimweh begangenen Delikt zum Tode veruteilt. Um Authentizität bemühtes Spielfilmdebüt eines engagierten Dokumentarfilmers, das seine inszenatorischen Unebenheiten durch die ehrliche, klare Auseinandersetzung mit deutscher Vergangenheit und die großartige Leistung des Hauptdarstellers mehr als wettmacht." (Lex. des int. Films)

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TODFEINDE - VOM STERBEN UND ÜBERLEBEN IN STALINGRAD (1992-1994)

Regie: Rolf Schübel, Grigorij Tschuchraij

Produktion: Studio Hamburg Produktion für Film & Fernsehen GmbH, Filmstudio Nerv Moskau i.A. des ORB, Bundesrepublik Deutschland 1992/93

Inhalt: Im Januar/Februar 1993 jährte sich die deutsche Kapitulation bei Stalingrad zum 50. Mal. Sie leitete die Wende im Zweiten Weltkrieg ein: Für das NS-Regime bedeutete sie den Anfang vom Ende, für die Sowjetunion war sie der Anfang des Aufstiegs zur Supermacht.

Aus Anlaß dieses Jahrestages entstand in deutsch-russischer Zusammenarbeit eine Fernsehdokumentation, die nach klassisch-dokumentarischem Muster 6 Zeitzeugen, ehemalige Kriegsgegner, vor der Kamera rückblickend ihre persönlichen Erlebnisse schildern läßt.

Ihre Erinnerungen ergänzen und verdichten sich mosaikartig zu einem Gesamtbild, das dem Zuschauer das Geschehen differenziert und unter wechselndem Blickwinkel nahebringt und gleichzeitig den Berichtenden ihren individuellen Entfaltungsspielraum gewährt.

Rolf Schübel und Grigorij Tschuchraij gelingt damit eine atmosphärisch dichte Mischung aus Privatem und Politischem, aus persönlicher und allgemeiner Geschichte, die weder militärische Rekonstruktion noch den Entwurf eines heroisierenden Schlachtengemäldes zum Ziel hat. Es entsteht vielmehr einnachvollziehbares, direkteres Bild von Geschichte an Hand authentischer Einzelschicksale.

Im ersten Teil der Dokumentation berichten die Zeitzeugen über den Zeitraum vom Kriegsausbruch 1939 bis zur Kapitulation der deutschen Armee im Januar/Februar 1943.

Im zweiten Teil der Dokumentation schildern die Zeitzeugen aus ihrer Sicht den Fortgang der Ereignisse ab Februar 1943, der für die einen die Kriegsgefangenschaft, für die anderen zunächst die Fortsetzung der Kriegshandlungen bedeutete. Die Schilderungen schließen mit dem Wiedereintritt in das Zivilleben nach Kriegsende.

Ein Epilog zeigt die ehemaligen Gegner bei einem gemeinsamen Besuch der Gedenkstätten inStalingrad.
(informationen der bpb)

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2 1/2 MINUTEN (1995 / 96, ZDF)

Rolf Schübel. Zweieinhalb Minuten

"War eigentlich ein lustiger Kerl"

In einer Berliner S-Bahn geraten sechs angetrunkene Deutsche um die zwanzig und drei Türken mit ihren deutschen Freundinnen aneinander. Die Türken werden mit Nazi-Parolen beleidigt und körperlich attackiert. Einer der Türken verteidigt sich mit einem Messer und verletzt dabei einen der jungen Deutschen tödlich. Zweieinhalb Minuten rekonstruiert die Vorgeschichte des authentischen Falles.

Rolf Schübel über den Film

Der Anfang: eine dpa-Meldung

Dem ZDF-Redakteur Willi Segler war eine dpa-Meldung aufgefallen, die nüchtern den Fall vermeldete: 16. November 1990, Kampf zwischen deutschen und türkischen Jugendlichen in Berliner S-Bahn. Um herauszufinden, ob sich dahinter eine erzählenswerte Geschichte versteckt, beauftragten wir Peter Reichard mit der Recherche.

Als Polizeireporter weiß er, wie man an Gerichtsakten herankommt und Zeugen zum Reden bewegt. Hätte sich dabei gezeigt, daß André, das Opfer, ein dumpfer Skinhead ist und Kemal, der Täter, ein lieber Kerl oder umgekehrt, hätten wir den Film wegen der klischeehaften Konstellation nicht gemacht.

Doch die Gerichts- und unsere Gesprächsprotokolle - sie füllen fünf Aktenordner - ergaben ein anderes Bild. Die beiden hätten Brüder sein können, ihre Vita verlief ganz ähnlich.

Nach Reichards Vorrecherchen haben wir dann Gespräche mit allen Beteiligten geführt, mit der türkischen Gruppe, mit Andrés Eltern, mit Anett, Dieter (um nicht zu verwirren bleibe ich bei den Film-Namen) und Andrés Saufkumpanen.

Von denen war allerdings einer unauffindbar, ein anderer im Drogenmilieu untergetaucht. Beeindruckt hat mich, mit wieviel Wärme Anett von ihrem damaligen Freund gesprochen hat, der ja nun schon einige Jahre tot ist. Sie hat damals sehr gelitten.

Nah an den Fakten

Natürlich haben wir Szenen dramatisch verdichtet und auch Ereignisse, die sich über einen längeren Zeitraum hinzogen, auf einen Tag reduziert. Doch die - ich nenne sie mal so - großen Fakten sind alle korrekt. Andrés Unterschlupf im Containerdorf, seine Pornovorführungen gegen Eintritt, Kemals Rauswurf zu Hause, und so weiter.

Es stimmt auch, daß der Song von Sinead O’ Connor Anetts Lieblingslied war, und daß Kemal dieses Lied von Hildegard Knef liebte - so was könnte man gar nicht erfinden. Auch Dieters Worte am Ende des Films sind Originalzitate: "War eigentlich ein lustiger Kerl, der André. Wenn er nicht die Macke mit der Nazi-Scheiße gehabt hätte, würde er heute noch leben".

Die Geschichte geht weiter

Kemal wurde freigesprochen. Nach seiner Entlassung aus der U-Haft ging er für einige Monate in die Türkei. Er wollte erst einmal aus allem raus, Abstand gewinnen. Während der Haft haben er und seine Freundin Karin sich noch glühende Briefe geschrieben. Doch kurz darauf ging die Beziehung auseinander.

Als wir ihn trafen, hatte Kemal gerade - das schlechteste, was er machen konnte - einen Job bei einer privaten Wachschutzfirma angenommen. Das fördert natürlich Tendenzen zu Macho-Gehabe und Gewalt. Allerdings war er mit dem Job nicht recht glücklich...

Ein kleiner Lichtblick: Anett hat Andrés Freund Dieter geheiratet, sie haben mittlerweile ein einjähriges Kind. Dieter hat sich selbständig gemacht und betreibt ein kleines Fensterputzgeschäft. Andrés Eltern leben inzwischen getrennt. Als wir beim Vater waren, rief zufällig die Mutter an und erkundigte sich nach ihrem 15jährigen Sohn, Andrés Bruder. Er war anscheinend wieder mit seiner Clique nachts unterwegs gewesen, bewaffnet mit Messer und Gaspistole. Laut dem Vater ist André sein großes Vorbild. So perpetuieren sich die Verhältnisse.
(erschienen in TV Spielfilm)

(imdb)

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WOANDERS SCHEINT NACHTS DIE SONNE (ZDF 1997)

(imdb)

Rolf Schübel - Woanders scheint nachts die Sonne

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EIN LIED VON LIEBE UND TOD - GLOOMY SUNDAY (1999)

(imdb)

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P R E I S E (eine Auswahl):

Adolf-Grimme-Preis in Gold (dreimal)
Preis der Deutschen Filmkritik (zweimal)
Goldener Bildschirm
Großer Preis der Biennale des Europäischen Dokumentarfilms Lyon
Deutscher Filmpreis (zweimal)
Filmband in Silber
Hessischer Filmpreis
Goldener Spatz
Artur-Brauner-Preis
Goldener Panda
Grand Prix Festival Paris
Best Film Award Cinemagic Festival Belfast
1. Preis Festival Antwerpen
1. Preis Filmfest Schwerin
DAG-Preis in Silber
Nominierung für den Europäischen Filmpreis "Felix"

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