Der Medien-Zorn: Die Jump-Cut-Medien-Kolumne von Carsten Zorn.

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Medienzorn 3
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Mit einem Aufsatz unseres Autors Carsten Zorn.

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 (Jump-Cut-Medienkolumne, 2. Folge, Erster Teil 14.11.00)

Talk - Talken - Talk-Show

Für ein unverzichtbares Handbuch der Fernsehformate. Erster Eintrag

In diesem Text findet sich der unbescheidene Vorschlag, nun doch langsam mal zur Gründung einer "Neuen Bielefelder Schule" zu schreiten

Von Carsten Zorn

Einige Überlegungen zu einem Vorwort

I. Zu Sinn und Zweck eines “Handbuchs der Fernsehformate”

Niklas Luhmann unterscheidet in seinem Buch zu den “Massenmedien der Gesellschaft” (Die Realität der Massenmedien, 1996), wie es allerdings auch sonst in der Fernsehforschung etwa geschieht, drei Hauptsegmente der massenmedialen Kommunikation: Nachrichten und Berichte, Werbung, Unterhaltung. Interessant wird die systemtheoretische Untersuchung entlang dieser (eben auch andernorts üblichen) Unterscheidungen erst durch den Versuch, diesen Segmenten einen je eigenen Anteil an der Erfüllung ein und derselben Funktion massenmedialer Kommunikation zuzuordnen. Interessant wird sie also erst durch den Versuch zu zeigen, daß sie alle auf eine je eigene, verschiedene Weise, etwas zur (“primären”) Realitätskonstruktion der modernen Gesellschaft beitragen - und damit zugleich über das informieren (von dem Kenntnis geben), wovon man unterstellen kann, daß es von allen als Realität geteilt wird. Dadurch also, daß sie zeigte, daß (und wie) zum Beispiel auch Unterhaltung informiert - über je gängige Individuierungsmöglichkeiten nämlich unter anderem.

Ein Handbuch der Fernsehformate, wie es mir vorschwebt, nun müßte zeigen, daß sich diese Art der Analyse auch noch bewährt, also “hinhaut”, vor allem aber: auch noch Interessantes zutage zu fördern in der Lage ist, wenn sie sich auf ein “niedrigeres Beobachtungsniveau” bzw. auf ein “höheres Konkretions-Niveau” begibt: wenn sie sich eben auf Fernsehformate (und in diesem Zusammenhang dann auch auf die Analyse einzelner Sendungen, Filme, Shows) einließe. Was tragen einzelne Sendungen zur gesellschaftlichen Realitätskonstruktion bei? Und worüber informieren zum Beispiel Musik-Video-Formate/Sendungen/Kanäle die Gesellschaft? Worüber Quiz-Sendungen? Interessant ist dieses Konkretions-Niveau unter anderem, weil einem, läßt man sich einmal auf diese Ebene der Konkretion ein, schnell auffallen muß, daß wohl kaum eine Sendung sich einfach einem einzigen Segment zuschlagen läßt: Musik-Videos etwa sind, mindestens, sowohl Werbung als auch Unterhaltung (vielleicht aber, in einigen Fällen wenigstens, eben auch Kunst). Eine Analyse des Fernsehens auf der Ebene der Formate und Sendungen dürfte darum eine interessante Herausforderung (und eine echte Bewährungsprobe) der systemtheoretischen Massenmedientheorie darstellen. Und sie zu bewältigen - dafür könnten, so stelle ich mir das eben gerade mal vor, “Handbuch” oder “Lexikon” passende Genres darstellen.

Ansonsten wären (mit diesen Mitteln) dann aber ganz praktische Zwecke zu verfolgen. Da es heute zum einen ja praktisch jeden treffen kann, es praktisch jedem passieren kann, daß er plötzlich mal im Fernsehen landet - sei es, daß man sich dann doch, gegen alle Skrupel, dazu entschließt, und weil man z.B. Geld braucht, sich für eine Quiz-Show zu bewerben, sei es, daß man auf der Straße interviewt wird, sei es, daß man eingeladen wird, und - wiederum - das Geld brauchen kann, sei es, daß man Karriere machen will mit irgendwas (Singen, Schauspielen, Tanzen, Comedy, junge deutsche Literatur), wofür ein Fernsehauftritt nun einmal hilfreich ist, sei es, daß es einen eben einfach unmittelbar und unumwunden ins Fernsehen drängt (was ja auch nicht wenige betrifft) - da dies also nun einmal so ist, dürften wohl inzwischen auch alle Menschen eine Handreichung gebrauchen können, aus der sie erfahren, was sie da im Fernsehen eigentlich jeweils erwartet, worauf es in den einzelnen Formaten ankommt und wie diese ihre je eigene(n) Funktion(en) im System der Massenmedien erfüllen. Anregungen dafür, sich darüber einmal Gedanken zu machen, bevor man dann plötzlich im Fernsehen gelandet ist, dürfte in jedem Fall hilfreich sein - egal, ob man sich dort dann möglichst erfolgreich so verhalten will, wie es erwartet wird, oder man sich doch lieber ein wenig entgegen des Erwarteten verhalten möchte. Das also betrifft den heutigen Menschen als ein immer schon potentiell im Fernsehen auftauchendes Wesen, als einen immer schon potentiellen Kandidaten für einen Fernsehauftritt.

Das zweite praktische Anliegen eines Handbuchs wie es hier einmal versuchsweise projektiert wird, würde den modernen Menschen als Fernsehzuschauer betreffen. Da es inzwischen einfach so viele Fernsehformate und -sendungen gibt, daß es unvermeidlich scheinen muß, daß nicht jeder alle gleichermaßen mag, ja nicht einmal mehr alle (auch nur noch dem Namen nach) kennen kann, scheint es sinnvoll, sie alle einmal (oder doch wenigstens eine vertrauenswürdig-kompetent-subjektive Auswahl der Interessantesten) übersichtlich vorzustellen - und so auch ein paar Aspekte an ihnen offenzulegen, die dem einen oder anderen noch nicht aufgefallen sind (und so auch dazu anregen könnten, sich “das mal wieder genauer anzusehen”). Es ginge, anders gesagt, auch einfach darum, zu einem umfassenderen Vergnügen am Fernsehen beizutragen.

II.

“Es handelt sich eher um eine Art von kognitivem Instrument, das von verschiedenen Kräften benutzt werden könnte. Eine kalte Theorie auf jeden Fall; aber man müßte den Mut haben, den Frosch zu küssen, auch wenn man nicht weiß, ob der Prinz erscheinen wird.”

Niklas Luhmann über seine Theorie (in: Berliner Debatte 2/1994, S. 7)

Sollte das hier ins Auge gefaßte Handbuch einmal in ein ernsthaftes Planungsstadium gelangen, wünschte ich mir ja, daß man sich hinsichtlich der es “grundierenden Haltung” auf so etwas wie die Haltung einer “Neuen Bielefelder Schule” einigen könnte. Diese wäre freilich allererst einmal zu begründen. Und da ich diesen Text hier nun doch nicht gerade für den richtigen halte, um so etwas zu leisten, bleibt mir nichts als zu versuchen, durch ihn (wie vielleicht auch durch die anderen Texte dieser Kolumne) eine Ahnung davon zu geben, worin diese Haltung einmal bestehen, wie sie eines Tages einmal “aussehen könnte” - wenn sie denn dann (hoffentlich) einmal (unter Mitarbeit vieler anderer: Bitte melden!) “voll ausgebildet” sein wird.

Um aber wenigstens mal ein paar Anhaltspunkte zu geben (und mich selbst unter Zugzwang zu setzen): Wie die “Neue Frankfurter Schule” müßte auch eine “Neue Bielefelder Schule” natürlich zunächst mal in Anspruch, Reflexionsniveau und Absichten ihrem “Vorbild” folgen. Sie würde außerdem natürlich ebenfalls eine recht intime Kenntnis der theoretischen Instrumente und Positionen ihres “Bezugsrahmens” voraussetzen müssen - um auf der Grundlage des dort Erarbeiteten möglichst frei ausprobieren zu können, wozu all das dort Erarbeitete außerhalb seiner ursprünglichen Grenzen und außerhalb einer Produktion für sein ursprüngliches Publikums (außerhalb der Wissenschaft also vor allem) auch noch taugt. Sie müßte also, um deutlicher zu werden, mit den “Popularisierungsmöglichkeiten” soziologischer Systemtheorie Bielefelder Provenienz experimentieren, auf der Klaviatur Luhmannscher Begriffe und Konzepte frei zu improvisieren verstehen - und dabei auch Resultate (also Texte natürlich vor allem) zu zeitigen vermögen, die nicht nur Wissenschaftler interessieren. Sie müßte dadurch schließlich auch Lust machen auf eine genauere Beschäftigung mit systemtheoretischer Gesellschaftstheorie - mal einfach gesagt. Darum müßte eine “Neue Bielefelder Schule” natürlich auch unterhaltsam sein - um auf diesem Wege zur Verbreitung der bei ihrem Vorbild entwickelten Erkenntnisse beitragen zu können. So wie es, “auf dem unterhaltsamen Wege”, dem populären Arm der Frankfurter Schule gelang, den Eindruck zu erzeugen, daß kein halbwegs Intelligenter sich so einfach auch weiterhin als solcher fühlen konnte, wenn er nicht mitreden konnte, nicht verstand, was da vor sich ging: bei F.W. Bernstein, Gernhardt, Henscheid, in der Titanic. Und daß einem eine Menge Spaß entginge, würde man sich “im Universum der Frankfurter Schule” nicht wenigstens so weit auskennen, wie es nötig ist, um den von den Genannten gepflegten Humor zu verstehen. (Und dazu war und ist ja nicht selten eine recht intime Kenntnis dieses Universums nötig.)

Talkshow a la Neueste Frankfurter Schule: Westbam bei Biolek:

WESTBAM: Ja, du samplest das Wasser hier ab, okay.
Biolek: Du meinst, man gießt das Wasser ab?
WESTBAM: Ja, absamplen, abgießen, neu aufgießen, alles eins. Kommt cool! (aus: Titanic)

Andererseits müßte eine “Neue Bielefelder Schule” (wie die “Neue Frankfurter Schule”) aber auch den Mut zu einer recht weitgehenden Untreue gegenüber ihrem Vorbild aufbringen: Adorno mochte keine Populärkultur, hielt nichts an ihr der (ja, eigentlich auch nur einer einzigen anständigen) Kritik für würdig, die “Neue Frankfurter Schule” zeigte dagegen, was das Instrumentarium der “Kritischen Theorie” in der Auseinandersetzung mit Werbeprospekten, Fernsehunterhaltung oder dem Kino zu leisten vermag, kümmerte sich um alles, konnte jedem Mist Pointen abgewinnen - und verstand so, im Resultat, vorzuführen, wie eine an der “Kritischen Theorie” geschulte Haltung im Verhältnis zu jeder noch so kleinsten Einzelheiten der modernen Gesellschaft aussehen könnte. Luhmann nun hat weder jemals irgendein Kunstwerk noch irgendeine populärkulturelle Erscheinung einer eigenen, detaillierten Untersuchung für Wert gehalten (sondern vor allem dem Eindruck Vorschub geleistet, daß alles Konkrete, Individuelle für ihn nur insoweit von Interesse ist, als es der Illustration seiner Theorie dient). Und ebenso wie die “Neue Frankfurter Schule” dem Eindruck entgegen zu treten vermochte, daß “die kritische Theorie” zu allem, zu dem “Übervater Adorno” nichts gesagt hatte, auch tatsächlich nichts zu sagen hätte, so müßte darum nun eben auch eine “Neue Bielefelder Schule” erfolgreich dem Eindruck entgegenzutreten vermögen, daß die Systemtheorie zu einzelnen Kunstwerken oder popkulturellen “Einzelerscheinungen” nichts zu sagen hat.

(Es ist hoffentlich klar geworden, daß sich hierdurch auch alle angesprochen/zur Rückmeldung aufgefordert fühlen sollen, die das Vorgeschlagene plausibel finden - oder vielleicht sogar selbst schon mal eine ähnliche Idee hatten. (?) )


Eine Einladung bei diesen netten Menschen kann man ja wohl nicht ausschlagen

Zum ersten Eintrag: Talk - Talken -Talkshow
.
seicht Adj. (< 13. Jh.). Mhd. [...] alem. [...] `sehr feucht, naß´. Semantisch gehört das Wort sicher zu `versickern´ und `versiegen´ [...]; doch ist der lautliche Ansatz mehrdeutig [...]. Die außergermanischen Vergleichsmöglichkeiten weisen auf ein nasaliertes [...bla bla; es käme dann jedenfalls von:] `fallen, sinken, versiegen´ [...], `die Stimme versiegte´ [jedoch vielleicht auch von:] `nicht versiegend, ohne Stocken´ [bzw., schließlich, von:] `trocken, unfruchtbar´.”

Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23., erw. Aufl., Berlin/New York, 1999

“Talkshows sind eine gute Werbemöglichkeit, aber höchst schwierig. Man hält es dort ja nicht aus, aber Gegenmaßnahmen aller Art wirken immer so unsympathisch und pseudopunkig. Ist unlösbar, eigentlich.”

Benjamin von Stuckrad-Barre (MAX 9/2000, S. 308)

I.

Es ist nicht wirklich unübersehbar, aber es leben nicht nur immer noch zahllose Daily-Talks, auch die Talk-Show ist alles andere als tot. Unverändert können Auftritte in ihr als Gradmesser für die Bekanntheit von Personen gelten. Und unverändert ist darum auch die Anziehungskraft, die sie auf alle ausübt, die davon leben, bekannt sein zu müssen. Nicht ganz nebenbei ist derzeit auch zu vermerken, daß es unter “jungen Schriftstellern” kaum noch verpönt ist “da hinzugehen” - wo auch immer man eben gerade eingeladen wird. Will man nicht mit jedem über alles reden, gilt man inzwischen schon leicht als jemand mit unverständlichem “Dünkel”. Aber als ob das nicht schon ausreichend auf die unverminderte (ja wohl eher: auf eine zunehmende) Bedeutung der Talk-Show hinweisen würde - daß kaum noch jemand “aus Prinzip” da nicht hingeht, sondern alle gerne da hinwollen -, kann man auch noch etwas anderes beobachten, was auf eine geradezu unheimliche Bedeutung der Talk-Show für die aktuellen Bewußtseine (oder Unterbewußtseine) hinzuweisen scheint: Es entsteht gerade eine ständig wachsende Textmasse, die mit der Frage befaßt ist, wie man sich verhalten, was man machen, wie man sich dazu stellen könnte, daß (und wenn bzw. falls) man dann mal in einer Talk-Show wäre. Der Talk-Show-Auftritt wird also selbst wiederum zu einem immer beliebteren Gegenstand von Literatur, Kunst, Wissenschaft und Kritik (wie überhaupt das Verhältnis der traditionell den Massenmedien eher fernen Künste und Wissenschaften zu denselben).

Beredtes Zeugnis legte davon zuletzt ein sechsseitiger Beitrag von Hubert Winkels für die erste Ausgabe des neuen Kritik-Periodikums “literaturen” ab. Irgendwie scheint man wohl doch noch ein schlechtes Gewissen zu haben - dem aber muß nun mit vielen Worten abgeholfen werden. Die Redaktion kündigte den Beitrag mit den Worten an: “Die alte Feindschaft zwischen Buch und Bild ist passé, unter dem Druck des Fernsehens muss auch die Literatur endlich bildmächtig werden. Der Düsseldorfer Publizist und Kritiker Hubert Winkels plädiert für ein neues mediales Selbstbewußsein der Autoren - ohne Preisgabe ihrer Besonderheit.” Passé. Muss endlich. Plädiert für. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Und so geht es dann über beinahe die gesamten sechs Seiten nur um die Situation: Autor in Talk-Show - und behauptet wird zwar eben, daß Autoren dort ihre >Besonderheit< behalten könnten, letztlich aber kann auch Winkels nur eines sicher versprechen: Was geht, das ist, daß man dort daran erinnern kann, daß es auch noch Bücher gibt; also: Werbung.

Aber auch Rainald Goetz hat sich schon mal ausführlich Gedanken darüber gemacht, wie man einen Talk-Show-Auftritt (bei Harald Schmidt!) so gestalten könnte, daß man hinterher guten Gewissens wieder nach Hause gehen kann (in: >Rave<, S. 263f., und das lohnt sich wirklich einmal vollständig nachzulesen). Daß wir die entsprechende Sendung bis heute - zwei Jahre nach Veröffentlichung von “Rave” - nicht gesehen haben, darf allerdings wohl als Hinweis darauf gedeutet werden, wie unwahrscheinlich Goetz es in Wahrheit dann eigentlich doch findet, aus der Nummer so gut rauskommen zu können wie er es in “Rave” imaginiert hatte.

Mir scheint ja, angesichts all dessen, daß die strukturellen Gründe für Erfolg wie Unerträglichkeit von Talk-Shows irgendwie noch nicht ganz klar zu sein scheinen. Und darum auch soll ihnen hier etwas genauer nachgegangen werden.


Nein, um Björk soll es hier nicht gehen.

II.

Wie kann man in “seinen Kreisen”, vor den Menschen, die man schätzt, vor seinen liebsten Freunden (die man doch nicht verlieren möchte), aber auch darüber hinaus, einen von dem dort üblichen (bei ihnen/den anderen/dem Rest der Gesellschaft) doch erheblich abweichend exzessiven Fernsehkonsum rechtfertigen? Es hängt offenbar von den jeweiligen Kreisen, vom jeweiligen “Referenzsystem” ab. Ich etwa, also nur mal so als Beispiel, bin meinem Selbstverständnis nach ja “erst mal Wissenschaftler” und zwar, genauer, und so bescheuert das auch klingen mag: “Gesellschaftstheoretiker”. Und sage darum dann immer: “Du mußt das verstehen, ich bin Gesellschaftstheoretiker. Und alles, was Kommunikation ist, gehört nun mal zur Gesellschaft. Und wenn ich über Gesellschaft theoretisieren will, muß ich drum eben auch möglichst alles kennen, was heute so an Kommunikation stattfindet. Und drum muß ich dann halt, nur mal so als Beispiel, auch alle Talk-Shows und Sex-Magazine - wenigstens oberflächlich - kennen. So ist das nun mal.” Ist man Künstler, kann man in solchen Fällen natürlich viel Lustigeres (und Pointierteres) sagen - wie Rainald Goetz zum Beispiel: “Für mich ist das Fernsehen so etwas, wie für andere die Natur” (zit. n. FAZ v. 15.8.98, S.35) Eben. Das klingt doch schon ganz anders. Und nun sah ich außerdem gerade mal wieder das Video zu “I´ve seen it all” (Björk)(aus “Dancer in the Dark”) - und würde jetzt eigentlich auch lieber etwas (überhaupt nicht Gesellschaftstheoretisches) d a r ü b e r schreiben. Das nun können andere aber wiederum wahrscheinlich viel besser als ich. (Dafür scheinen die aber die strukturellen Gründe für Erfolg und Unerträglichkeit von Talk-Shows eben nicht recht einsehen zu können!)

Warum ich das alles hier erzähle? Nun, ich möchte wohl für ein gewisses Vorverständnis, ja eigentlich: für Nachsicht werben - für Nachsicht nämlich gegenüber der Art und Weise, in der nun im weiteren das Phänomen des “Talkens im Fernsehens” (es gibt das inzwischen auch schon im Internet, es unterscheidet sich dort allerdings auch nicht wesentlich von seinen Fernseh-Vorbildern) betrachtet werden wird. Wird es doch halt (erst mal/bloß/in erster Linie) darum gehen, zu verstehen, warum “Talk-Formate” sich so hartnäckig halten, über alle Veränderungen im Fernsehen/den Medien hinweg; warum also, anders gesagt, “das Talken” nicht totzukriegen ist; und deshalb darum, daß “das Talken” wohl irgendeine unverzichtbare Funktion innerhalb der Massenmedien der modernen Gesellschaft, und damit: für die moderne Gesellschaft insgesamt, zu erfüllen scheint. Es wird also eigentlich bloß um die Frage gehen: Welche? Und darüber hinaus allenfalls noch darum: Warum, zum Teufel, eignet sich denn ausgerechnet “das Talken” so offenbar konkurrenzlos dazu, diese Funktion zu erfüllen? Warum hat es sich so unübersehbar bewähren können? Was “an ihm” macht es den Strukturen der modernen Gesellschaft so offensichtlich perfekt angepaßt? Warum scheint es ihnen so adäquat zu sein? Warum gelingt es nicht (trotz des Wissens aller um seine “Seichtheit”) “das Talken” zu delegitimieren? Warum zählt ausgerechnet das allseits gehaßte “Talken” zu den offenbar unkaputtbarsten “Eigenwerten” der modernen Gesellschaft?

to be continued

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