Eric Rohmer: Die Lady und der Herzog (F 2001)

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Eric Rohmer: Die Lady und der Herzog (F 2001)

F 2001

Regie: Eric Rohmer

Mit Lucy Russel, Jean-Claude Dreyfus, Charlotte Very

 

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Eric Rohmer: Die Lady und der Herzog (F 2001)
Kritik von Ekkehard Knörer

 

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Die ersten Einstellungen des Films: Gemälde. Straßenszenen aus dem Paris des 18. Jahrhunderts. Dann aber, Wunder der Kinematographie, setzen sich die Gemälde in Bewegung. Genauer: es löst sich eine bewegte Schicht von der unbewegt bleibenden, ein Vorder- vom Hintergrund. Die Gebäude, die Wolken - nicht aber die Seine! - verharren im Gemäldezustand, sind Kulissen, deren Leinwandtextur in einigen der schönsten Einstellungen deutlich wird. Rohmer ist ein Verfechter des Realismus, aber à la Bazin, nicht à la naiver neuester CGI-Ideologie, die ihr Heil in der totalen Verschmelzung von Realem und Computeranimation sucht, auf dass sich der Betrachter im Illusionsbild verliere. Zitat Rohmer: "Die Wahrhaftigkeit kommt aus den Bildern und nicht aus der Montage. Ich halte mich treu an Bazins These, auch wenn er bei der Tiefenschärfe und den langen Einstellungen zu systematisch gewesen ist. Ich bin der Überzeugung, dass der Einsatz eines extrem sichtbaren Kunstgriffs Wahrhaftigkeit verleiht."

Obwohl für keinen Moment die Kulissenhaftigkeit der Kulisse in Frage steht, gibt es doch ein Ineinander von Spielszenen und Hintergrund - abgesehen davon, dass die Innenräume "echte" Studiokulisse sind. Die Wahl der Videokamera verdankt sich, neben den technischen Möglichkeiten, die sie bietet, dem Ton in Ton der Farben, das die Gemälde und die Kamerabilder zu wunderschönen Kompositionen wieder vereint. Die ganze technische Raffinesse wird jedoch, sonst wäre Rohmer nicht Rohmer, nie zum Selbstzweck, sondern selbst wieder zur Leinwand, auf der die authentische Geschichte Grace Elliotts, der Engländerin, die in Paris die Französische Revolution mit-, aber beinahe nicht überlebt, erzählt wird. Ganze Passagen übernimmt das Drehbuch aus ihren Memoiren, sie ist der Angel- und auch der Ruhepunkt, um den herum die revolutionären Geschehnisse entwickelt werden. Nur sehr selten entwirft Rohmer dabei Ereignisbilder - etwa einen Massenaufmarsch, eine Leichenszenerie, der Kopf einer Prinzessin auf der Pike -, die Regel sind diskursive Bilder, Dialoge, die genau kadriert sind, die Kamera bleibt meist statisch, verzichtet auf Closeups, folgt nur unmerklich den Bewegungen der Personen im Raum, ganz also der auf Distanz setzende Stil (ein Stil freilich, der eine Philosophie ist), den man aus allen Filmen Rohmers kennt.

In Frankreich hat sich der Regisseur mit diesem Film Feinde gemacht wie selten zuvor. Erst musste er ohne alle staatlichen Fördermittel auskommen, dann verweigerte ihm Cannes die Aufnahme in den Wettbewerb, aus politischen Gründen, wie gemutmaßt wurde. Der - angesichts des komplexen Realismus-Konzepts des Films allerdings sehr kurzsichtige - Vorwurf lautete und lautet, dass Rohmer mit Die Lady und der Herzog eine royalistische Position vertritt. Schon der Titel macht aber klar, dass dem so einfach nicht ist. Der königsfreundlichen Haltung Grace Elliotts steht bis zu seinem Ende der zwischen Loyalitäten hin- und hergerissene, aber entschieden auf Seiten der Revolution kämpfende Herzog von Orléans, Cousin des Königs, gegenüber. Beiden aber ist der Fanatismus fremd - und die Geschichte, die der Film erzählt, ist eine doppelte. Das Politische lässt sich vom Privaten - Grace und der Herzog waren einst ein Paar und sind noch immer engste Freunde - nicht trennen. Nur in der Verweigerung des Fanatismus, die beide, über den Graben der politischen Anschauung hinweg, verbindet, ließe sich, falls man zu solchen Verrechnungen überhaupt Lust hat, eine Position ausmachen, und zwar gegen den mörderischen Elan des Terreur, dem zuletzt auch der Herzog zum Opfer fällt.

Viel interessanter als eine politische Position muss Rohmers Herangehen sein. In gewisser Weise ist sein Film die Fortsetzung des Schulfernsehens mit anderen Mitteln - übrigens hat Rohmer in den 60er Jahren tatsächlich (literar)historische Filme fürs französische Schulfernsehen gedreht, an die leider kaum ranzukommen sein dürfte. Sein Ziel ist eine Objektivität, die nicht im Ideologischen liegt, sondern in der Darstellung. Eine Zurückhaltung, die Programm ist - und zwar gerichtet gegen alle Schein-Verlebendigungen des Historischen, die Nähe durch Überwältigung suggerieren wollen. Rohmers Konzept ist didaktischer, kühler und intellektueller zugleich - und deshalb geradezu unendlich altmodisch. Aufregend ist das für den, der bereit ist, Filme als Denkstücke zu nehmen, statt emotionale Vereinnahmung zu fordern. Darüber hinaus aber ist Die Lady und der Herzog eine visuelle Lust für jeden, der Augen hat zu sehen.

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