Bob Dolman: Groupies Forever  (USA 2002)

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Bob Dolman: Groupies Forever  (USA 2002)
Kritik v
on Ulrike Mattern

 

Alter schützt vor Torheit nicht

Ansprechende Rollen für Frauen der 50plus-Generation sind im Filmbusiness rar gesät. Schauspielerinnen wie Susan Sarandon (56) und Goldie Hawn (57) gehen den Weg alles Irdischen. Regisseure mit einem Hang zum Frischgemüse stufen diese Jahrgänge jenseits des Verfallsdatums ein. In einer Gesellschaft, die minderjährige Models auf den Laufsteg schickt und auf den Titeln von Frauenzeit­schriften als Ideal abbildet, verkauft sich die Illusion von ewiger Schönheit am besten im Gewand der Jugend.

Die Medien, allen voran die Filmindustrie, produzieren den Mythos von Wohlstand, Glück und Attraktivität wie am Fließband. Der alternde Körper taugt als Projektionsfläche, wenn er nicht weiblich ist. Von der weit verbreiteten Vorstellung, dass Falten einen Mann erst männlich machen, profitieren Schauspieler wie Pierce Brosnan, Robert Redford oder Sean Connery. Das Publikum zweifelt nicht am Verstand von Drehbuchautoren, die der Altherrenriege Partnerinnen an die Seite stellen, die ihre Töchter sein könnten.

Da das Alter nur den Mann adelt, nimmt die Attraktivität von Schauspielerinnen proportional zu der Anzahl der Geburtstage ab. Des Kults der Juvenilität überdrüssig, möchte man spontan applaudieren, wenn eine Komödie ins Kinos gelangt, deren Hauptdarstellerinnen über 50 sind. In seinem Debüt "Groupies Forever" besetzt Regisseur Bob Dolman drei superbe Schauspieler: Susan Sarandon, Goldie Hawn und Geoffrey Rush.

Goldie Hawn spielt die Barfrau Suzette, die mit ihren Verbalattacken den Wirt nervt. Er feuert sie. Abgebrannt und sentimental erinnert sich Suzette an die einstige Freundin Vinnie (Susan Sarandon), mit der sie in den 60er Jahren als Groupie von Konzert zu Konzert reiste. Ihren Ruf als "Banger Sisters" erarbeiten sich die Frauen in der Horizontalen bei Musikern wie Jim Morrison und Frank Zappa.

Die Männer sind längst tot und zu Legenden geworden. Ihre Betthäschen durchliefen den natürlichen Reifeprozess mit unterschiedlichem Resultat. Während die auf jugendlich getrimmte Suzette noch immer Rockmusiker angräbt, die dem Alter nach ihre Söhne sein könnten, trägt Vinnie nun ihren Taufnamen Lavinia und lebt mit ihrem Ehemann und zwei Töchtern im Reihenhaus in Phoenix.

Als Suzette unangekündigt vor ihr steht " nach einer Reise, die ihr der neurotische Autor Harry (Geoffrey Rush) als Mitfahrer finanziert hat ", will die propere Haufrau und Mutter nichts mit ihr zu tun haben. Sie bietet ihr 5000 Dollar an, wenn sie für immer aus ihrem Leben verschwindet. Gekränkt kehrt Suzette ins Hotel zurück und quartiert sich bei Harry ein. Dessen Schreibblockade kuriert sie in der selben Nacht mit einem Blow Job. Am Morgen taucht Lavinia überraschend im Hotel auf. Die Komödie nimmt ihren Lauf.

In den 90er-Jahren erzählte das amerikanische Kino einige starke Frauengeschichten. In "Thelma & Louise" erschießt die Kellnerin Louise (Susan Sarandon) einen Mann, der ihre Freundin Thelma (Geena Davis), eine biedere Hausfrau, vergewaltigen will. Eine Tat, die den Weg zurück ins bürgerliche Leben verschließt und die beiden Frauen am Ende bewusst über den Abgrund, in den Tod fahren lässt.

In "Groupies Forever" tauscht Susan Sarandon die Schürze der Kellnerin gegen das beige Kostüm einer Anwaltsgattin ein. Als patente Hausfrau und Mutter lässt sie sich von ihren verzogenen Töchtern tyrannisieren und vom geduldigen Ehemann langweilen. Dass sie auch anders kann, erlebt die Familie, als Lavinia, dem bürgerlichen Habitus überdrüssig, dem Gatten beim Abendessen als Zeichen der Rebellion das Brathuhn ins Gesicht schleudert.

Goldie Hawn machte außer in "Club der Teuflinnen" filmisch betrachtet bislang keinem Mann das Leben schwer. Sie wirkt mit prallem Dekolleté und schrillen Klamotten in "Groupies Forever" als eine in die Jahre gekommene Wiedergängerin der eigenen Tochter Kate Hudson, die in "Almost Famous" den Groupie Penny Lane spielte. Suzette - der französische Name unterstreicht die sexuelle Konnotation - ist ein leichtes, wenn auch gutes (altes) Mädchen, eine Hure mit goldenem Herzen, die den armen Poeten beglückt, Lavinia wach küsst und deren Familie zeigt, dass die Mutter auch eine ganz andere Seite hat.

Zu viel Tugendhaftigkeit schadet dem Verstand. Das weiß bereits Geena Davies als Thelma und nimmt nach ihrem Jahrhundertbeischlaf mit dem Tramper Brad Pitt ihr Leben in die Hand - als Erstes überfällt sie eine Tankstelle. Gegen die aufgeweckte Hausfrau aus der Vorstadt wirken die ehemaligen Groupies Suzette und Lavinia wie das monoton wiederholte Statement einer turbulenten Episode: Ich war wild, ich bin wild, ich werde wild sein.

Steh zu dir selbst und zu deiner Vergangenheit, ist die ebenso allgemeingültige wie kraftlose Botschaft dieses Films. Wenn ein trockener Joint, Polaroid-Fotos von den Genitalien längst verblichener Rockstars und die Erinnerung an wilde Nächte die einzigen Souvenirs aus der guten alten Zeit sind, reist man ohne Risiko dahin zurück. Wenn es nur darum geht, allen mitzuteilen, dass man mal über die Strenge schlug ("Eure Mama war ein wilder Feger"), bucht man die komfortable Rückfahrt inklusive. Gegen eine turbulente Vergangenheit in einer wohlbestallten Gegenwart lässt sich nichts Kritisches anführen.

Über das rebellische Potential von Lavinia würden "Thelma & Louise" nur müde lächeln. An "Groupies Forever" ist nichts wild und schmutzig. Die Befreiung Lavinias aus dem Puppenheim gerät zum kleinbürgerlichen Aufstand. Sie verliert nichts - außer beige­farbenen Kostümen und einen ordentlichen Haarschnitt -und bekommt nichts - außer einer zu engen Leopardenhose und einer rührseligen Abschlussrede von der Tochter.

Den Applaus für einen Film aus Hollywood mit zwei Schauspielerinnen im besten Alter spart man sich bei dieser Farce am besten.

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