| Ein Gang, in der Ferne zwei Menschen, die sich nähern. Die
		    Kamera verharrt, die Kamera beginnt sich zu bewegen, schwenkt nach rechts,
		    an Säulen vorbei, ein exquisit ausgestattetes Gemach, dann Ende des
		    Schwenks, eine Figur am Fenster, kaum zu erkennen. Es nähern sich, noch
		    immer, spürbar, die zwei von links, außerhalb des Rahmens, dann
		    stehen sie im Raum, respektvoll, der Mann am Fenster wendet sich um. Er ist
		    der alte Kaiser (China, Tang-Dynastie), allein, abgeschoben, was ihm bleibt,
		    sind die alten Gemächer seines Palastes. Die soll er nun verlassen,
		    der junge Kaiser will ihn einsperren. Den Raum dominiert, die Kamera markiert
		    es gleich von links oben, eine Statue. Die Statue gibt die Geschichte, die
		    Erinnerung. Die Szene der Gegenwart wird sich für die Vergangenheit
		    öffnen.
		     
		     Der Tod der Kaiserin, der Kaiser trauert. Junge Frauen werden ihm,
		    in eindeutiger Absicht, zugeführt. Familienpolitische Erwägungen,
		    Hofintrigen, Ambitionen, der Kaiser weist sie zurück. Das ist das Milieu.
		    Die Liebe und die Politik, das Reine im Unreinen. Das ist das Thema. Eine
		    Cinderella-Version, aber das Märchen geht weiter, nach dem Ende, und
		    ist kein Märchen mehr. In der Küche findet sich eine Schönheit
		    für den Kaiser, sie ist rein, aber die Absichten, mit denen man sie
		    herausputzt und in seine Nähe rückt, sind es nicht. In den
		    schleierdurchwehten Gemächern des Palastes geht Prinzessin Yang Kwei
		    Fei ihrem Schicksal entgegen. Sie tanzt, sie ist glücklich. Sie führt
		    den Kaiser hinaus in die Welt. Für den Kaiser und seine Geliebte aber
		    gibt es nur das falsche Leben im richtigen. Die Unreinheit der Absichten
		    lässt sich verdrängen, aber im Zorn des Volkes auf die durch die
		    Prinzessin zu Einfluss gekommenen Schranzen rächt sie sich. An einer
		    der Schwestern entzündet sich die Wut und brandet gegen den Palast.
		    Der ist durchzogen von Intrigen, gegen die die Liebe keinen Schutz bietet
		    und keinen Freiraum. Der Kaiser versagt, indem er der Wahrheit, die er kennt,
		    nicht ins Gesicht sieht.
		     
		     Kenji Mizoguchi gibt seiner Geschichte ruhige Einstellungen, in die
		    die die sich überstürzenden Entwicklungen eindringen nach Art von
		    Botenberichten - nicht buchstäblich, sondern metaphorisch: die Unruhe,
		    der Umsturz werden nicht in Bild und Ton gesetzt. Die Bilder, die Einstellungen,
		    die Schönheit der Ausstattung, die Eleganz der Bewegungen, die Gefasstheit
		    der Prinzessin sind der einzige Freiraum, der hier tatsächlich
		    eröffnet wird. Poetische Gerechtigkeit der Filmerzählung. Der Tod,
		    das Ende, sie sind unausweichlich.
		     
		     Zuletzt aber Rückkehr in den Raum des Anfangs, der Tod des
		    ehemaligen Kaisers, vor der Statue der unvergessenen Geliebten Yang Kwei
		    Fei. Ein letzter, ein endgültiger Triumph, den Mizoguchi gewährt.
		    Wiederbegegnung im Tod, gemeinsam übertreten sie die Schwelle zur Ewigkeit,
		    lachend. Im Off das Gelächter, albern, glücklich. Sie führt
		    den Kaiser hinaus aus der Welt.
		     
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