Scherpunkt Indien/Klassiker: Raj Kapoor: Sangam (Indien 1964)

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Sangam

Regie: Raj Kapoor

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Raj Kapoor: Sangam (Indien 1964)
Kritik von Ekkehard Knörer

zum Indien-Schwerpunkt

Ein Dreieck aus Liebe und Freundschaft gibt dem Film die Struktur: es ist eine strenge Struktur, denn kaum einmal tritt die Geschichte neben das Dreieck, aus ihm heraus, perspektiviert sich, sei es im Ernst oder im Scherz, auf einen Nebenplot oder Nebenfiguren. Schon der Prolog macht es klar: Sunder (Raj Kapoor), Gopal (Rajendra Kumar) und Radha (Vyjayantimala) beim Kinderspiel, doch hier bereits zeichnen sich Risse in die Freundschaft: die Jungs konkurrieren um Radha - und Sunder, als der sozial deklassierte, ist im Nachteil. Nicht ihn liebt Radha, sondern Gopal, Sunders besten Freund. In der ersten Gesangseinlage, die die bis zur Ermüdung wiederholte und variierte Situation der ersten Hälfte des Films vorgibt und vor-spielt, sitzt Sunder im Baum, stibitzt der badenden Radha die Kleider, spielt dazu auf dem Dudelsack das Lied von Sangam, das Wort steht für den Ort der Vereinigung der drei heiligen Flüsse Ganga, Jamuna, Saraswati. Um diese Dreier-Vereinigung geht es, genauer gesagt: ihre Unmöglichkeit.

Raj Kapoor: SangamWas diese erste Hälfte des Films, heute, für westliche Augen jedenfalls, ermüdend macht, ist die fortgesetzte gegenseitige Verkennung aller Beteiligten, die die notwendige Voraussetzung des Dramas abgibt: Gopal liebt Radha und sie liebt ihn, einfach genug, auch die Eltern wären über die Verbindung glücklich. Sunder aber, der blinder ist, als selbst die Liebe erlaubt, ahnt davon nichts, umwirbt Radha ohne Unterlass, nimmt ihre Weigerungen als überwindbare, missversteht alle an Gopal gerichteten Signale als Zeichen der Hoffnung in eigener Sache und verordnet sich selbst, auf überinterpretiertes Anraten Radhas, eine Reifungskur als Flieger im kriegerischen Einsatz des Militärs. Das Freundschaftsversprechen verpflichtet Gopal, Radha in der Zeit von Sunders Abwesenheit nicht anzurühren. Sunder zeigt, als Soldat, selbstmörderischen Heldenmut, man hält ihn für tot, Gopal und Radha verloben sich und unmittelbar vor der Hochzeit ist Sunder zurück im Bild: will, sich ihrer würdig fühelnd, Radha nun erst recht. Gopal verzichtet, aus Freundschaft, Radhas Flehen bleibt vergeblich. Sunder, der nichts ahnt und nichts ahnen soll vom Glück, in das er geplatzt ist, heiratet Radha. Die Hochzeitsreise geht nach Europa.

Hier genehmigt sich Sangam eine Auszeit aus den Banden des Melodrams und zeigt sich von der komödiantischen Seite: erste scherzhafte Ehestreitigkeiten beim Shopping in Paris (neue Handtasche vs. neuer Dudelsack), entzückte Blicke der Touristen auf das indische Paar: im Moment der Ausbeutung indischer Europaklischees wird gleich der westliche Orientalismus mitverspottet. Im Hotelzimmer eine Diskussion über Genderfragen mit Gesang: Sunder will ins Varieté, alleine, für die Frau schickt es sich nicht. Es folgt ein Hohnlied von ihrer Seite, Radha wirft sich in aufreizende Schale, tanzt im westlichen Stil und klagt, im offensiven Verstoß gegen hergebrachte Frauenbilder, sie habe einen alten Mann geheiratet. Der Protest gegen geschlechterpolitischen Konservatismus und, unter der Hand, Spott über Sunders vermeintliche Impotenz, gehen zusammen. In Rom spaziert man über den Petersplatz, in den Schweizer Bergen kugelt man durch den Schnee. Hier aber hat Sunder die Idee, Gopal möge zu Radhas Geburtstag einfliegen. Als Überraschung steht er in wilder Gebirgslandschaft plötzlich neben dem Wasserfall: und unglücklich sind beide, er und Radha. Sie nimmt ihm das Versprechen ab, nie wieder in ihrem Leben aufzukreuzen, noch vor dem Abendessen ist er wieder davon (das Versprechen lässt sich nicht halten). Sunder versteht, wie immer, nichts.

Raj Kapoor: SangamDann aber, zurück in Indien, fällt ihm ein nicht signierter Liebesbrief in die Hände, adressiert an Radha, die er fortan vorehelicher Untreue verdächtigt. Die Offenbarung des Verfassers schiebt sich auf und auf bis ans Ende, an dem, bevor einer der drei sterben muss, der tödliche Revolver von einer Hand in die andere wechseln wird. Zuvor aber noch die aufwühlendste Musikszene, eine vorletzte (Nicht-)Vereinigung aller drei noch unter dem Vorzeichen der Verkennung. Sunder singt das dramatische Lied vom untreuen Freund, dem er - fälschlich und doch nicht - Gopal entgegenhält. Frontal blickt Sunder über das Klavier in die Kamera, flankiert von Gopal und Radha. Mehrmals schneidet Kapoor auf Großaufnahmen beider Gesichter, überblendet sie mit Szenen des Vorangegangenen: ein Resümee, Zwischenbilanz vor dem schlimmen Ende. Dies arrangiert alle Beteiligten aus der Halbdistanz im Zimmer, verschiebt die Figuren gegeneinander, zum glücklichen Dreierbund aber wollen sie sich nicht fügen. Hier kulminiert Sangam zum Melodrama von hoher Wucht und beinahe erleichtert konstatiert der Betrachter den schließlichen Umschlag vom Schrecken ohne Ende zum Ende mit Schrecken. Das verbleibende Paar streut, nach dem Tod des Geliebten und Freundes, Blumen aufs Wasser.

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