Fernando Meirelles: City of God (Brasilien  2002)

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Fernando Meirelles: City of God (Brasilien  2002)
Kritik von Ekkehard Knörer

 [Image]

Nehmen wir das Huhn. Es rennt. Um sein Leben. Und wie es flitzt. Um die Ecke pfeift. Davonschießt. Es rast dahin. Pfeilschnell. Wow! Und um die nächste Ecke. Jetzt zischt es fliegend, taumelnd, halb in der Luft, halb auf dem Boden, die Treppen runter. Flatternd gerät es vor ein Auto, darunter, zur Seite wieder weg. Das war das Huhn. Applaus.

So ist der Film. Das Huhn interessiert hier keinen, nur was man damit machen kann. Tempo nämlich. Dem Huhn hinterher, die Kamera rast und blickt, kein Problem, auch mal den Blick des Huhns, panisch auf der Flucht. Zehn Einstellungen (oder mehr oder weniger, wer Lust hat, kann nachzählen) schenkt der Film dem Huhn, später sehen wir's nochmal in Aktion, mit noch mehr Tempo, da wird's gebraucht, um die Erzählung elegant zurückzuschlingen an den Anfang, der eine Vorblende ist aufs Ende, das war's dann mit dem Huhn. An seine Stelle tritt Buscapé, der Erzähler. Allwissend, aber er spricht als ich. Er hat die Fäden in der Hand, nicht als die Figur, die auftritt, sondern als die Figur, die spricht (mit der deutschen Stimme von Xavier Naidoo). Gesten der Allwissenheit, mehrmals. Die Geschichte anhalten, freeze frame, und ganz souverän darauf verweisen, dass der oder jener, dieses Schicksal und jenes erst später drankommen. Erzählen aus des Großvaters Lehnstuhl, aber mit ganz viel Speed.

Dass das nicht zusammenpassen könnte, die Frenetik der Bilder (der Bilder über Bilder über Bilder) und die Behäbigkeit des Souveräns, der spricht, das kommt dem Film nicht in den Sinn, keine Sekunde lang. Doppelt virtuos ist "City of God", im - stets souveränen - Erzählen und im - vermeintlich fragmentierenden - Herausschleudern von Bildern; der eine Effekt aber hebt den anderen auf. Der Film beschleunigt und bremst, aber beides immer zugleich, das erzeugt viel Energie, nur kommt nichts in Bewegung. Unfreiwillig bringt er mit dem Ehrgeiz des Fotografen Busquapé sich selbst auf den Punkt: Was zählt, ist das Bild. Kontextlos, Hauptsache, es macht Eindruck. Die Kontexte, die er nicht bietet, substituiert der Film durch die Vervielfachung der Figuren, der Geschichten. Die werden dann zusammengeknüpft. Man erfährt so aber nichts, es wird so nur ein Text daraus, der keinen anderen Referenten hat als das eigene Können und das eine oder  andere filmhistorische Vorbild.

Kein Problem, wenn es gut geht, für zur Stilisierung entschlossene Epen, wie sie Scorsese einst gedreht hat, und keins für Tarantinos Pulp-Machée. Hier aber gibt einer vor, von der bitteren, brutalen und hoffnungslosen Realität der "City of God" von Rio de Janeiro zu erzählen. Statt es zu tun, behauptet er's: die Darsteller sind Laien, gedreht ist an Ort und Stelle, im Abspann sehen wir - mutmaßlich - die tatsächlichen Fernsehaufnahmen eines der Bandenhelden, von denen der Film erzählt. Wortwörtlich sagt er, was der Held des Films zuvor gesagt hat. Seht her: ecce Wirklichkeit, Wort für Wort und eins zu eins. Kompletter bullshit. Ganz und gar betäubt ist "City of God" von der Macht der Erzählung, die Bild für Bild ins Mythische zurückfällt. Es bleiben nur die alten Geschichten: der Junge, der klug ist und raus will: ein Aufstieg. Der Junge, dessen Vater ums Leben gekommen ist: eine Rache. Der alte Platzhirsch und der neue: ein Bandenkrieg. Der viel zu gute Gangster: ein Abschied. Und weil es so viele Geschichten sind, verharren sie im Generischen. Es ist keine Zeit für ein einziges Bild, eine einzige Regung, eine einzige Figur ab vom Schuss.

Ich habe in 135 viel zu langen Minuten nichts, wirklich nichts, über die "City of God" erfahren. Was ich sehe, ist x-beliebig. Werbefilmerei. Die Kamera plappert unaufhörlich und beschwatzt mich mit Bildern, die Kopien sind von Kopien. Man sieht nur: Wer von der Wirklichkeit berichten möchte, muss erst mal das Erzählen verlernen. Das nämlich erzählt nur von sich. Nicht mal ein Huhn ist ein Huhn. Nur eine gute Gelegenheit, Tempo zu machen.

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