Zak Snyder: Dawn of the Dead  (USA 2003)

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Zak Snyder: Dawn of the Dead  (USA 2003)

 

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Zak Snyder: Dawn of the Dead  (USA 2003)
Kritik v
on Stefan Höltgen

 [Image]

Dawn of the Dead

1978 war die Welt noch "in Ordnung": Es gab zwei gut gegeneinander abgrenzbare politische Ideologien. Es gab noch eine florierende Wirtschaft, die ihre Waren (zumindest in einem der beiden Systeme) für alle Zugänglich anbot; alles war käuflich und nichts schien mehr einen Wert zu haben, der nicht auch fiskalisch benennbar war. Der Kapitalismus jener Tage war kein Schimpfwort, sondern ein Glaubenssystem. Es gab noch Überblick und Langsamkeit: Man konnte alle wesentlichen Neuigkeiten noch einer einzigen Nachrichtensendung entnehmen und war danach total-informiert. Und dann gab es noch ein noch längst nicht verblasstes Bild vom Krieg, von den Genoziden, von der Treibjagd auf Menschen und dem Überlegenheitsdenken einer "Rasse". 1978 gab es noch allgegenwärtige "Motive" für Horrorfilme mit einer klaren Message.

25 Jahre später sieht das alles ganz anders aus. Die politischen Systeme existieren nicht mehr als klar gegeneinander abgrenzbare Ideologien; im Kapitalismus wird heute vor allem ein Problem gesehen, das die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht. Die Gemächlichkeit jener Tage ist einer Hektik gewichen, in der immer mehr Informationen immer schneller kursieren und immer schneller veralten. Auch am Waren-Besitz und -Zugang entzünden sich heute keine Leidenschaften mehr und der zweite Weltkrieg sowie der Nazismus stehen nicht mehr als das "letzte große Schrecken" da, haben Genozide und Kriege in Europa, Asien und im Nahen Osten längst wieder stattgefunden. Wovon kann ein sozial engagierter Horrorfilm also heute handeln?

In George A. Romeros 1978 erschienenem Zombiefilm Dawn of the Dead war die sozialkritische Stoßrichtung an dem Problemen jener Zeit ausgerichtet. Der Regisseur wurde nicht müde, seinen Film als "Kritik am System" zu verkaufen und die Exegeten fanden diese und jene Spur die darauf hindeuteten, Dawn of the Dead sei eine Allegorie auf Kommunismus, Konsumismus, Herrenmenschenideologie, Genozid etc. Die Parabelhaftigkeit sprang deshalb so sehr ins Auge, weil der situative Kontext des Films so plastisch und "einfach" war: Die Welt wurde von menschenfressenden Untoten überrannt und ein Hand voll Durchschnittsamerikaner verschanzte sich in einem Kaufhaus, in der Hoffnung dort überleben zu können.

Zack Snyders Remake des Films nimmt die erzählerischen Eckpunkte aus Romeros Skript auf, weigert sich jedoch, ein "reines Remake" zu sein. Zwar sind die Hommagen an die Vorlage mehr als eindeutig, doch parabolisiert Snyders Dawn of the Dead ein ganz anderes Projekt: Es stellt sich die Frage: Für welchen Horror können Zombies in einer Zeit ohne politische Ideologien noch stehen? Und die Antwort findet der Film ebenfalls verborgen im Romero-Film (oder genauer gesagt: in allen drei Filmen der Romero-Zombie-Trilogie): Es sind die Medien.

Radio, Zeitung, Fernsehen - das waren bereits bei Romero immer wieder die Boten, die den Helden zu verstehen gaben, dass die Welt ein Ende gefunden hat. Von den wilden Spekulationen über "Strahlen von der Venus als Verursacher der Zombieseuche" (Night of the living Dead) über hitzig-moralisierende Fernsehdebatten "Sind das noch Menschen?" (Dawn of the Dead) bis hin zu einem fliegenden Stück Zeitungspapier mit der Aufschrift "The Dead walk" (Day of the Dead), das durch die verwüsteten Straßen irgendeiner entvölkerten amerikanischen Stadt weht: Medien spielten eine Rolle, aber eben noch nicht die Hauptrolle. Das ändert sich im Dawn-Remake, denn die fundamentale Katastrophe der Untoten-Seuche wird nicht mehr vordringlich in der Auflösung der Gesellschaft gesehen, sondern in der Auflösung der die Gesellschaft stiftenden Kommunikationsuniversalie (Talcott Parsons). Nach und nach wird jeder Kommunikationskanal erst gleich- und dann abgeschaltet: Im Telefon sind nur noch Warteschleifen zu hören, im Radio laufen überall die selben Warnhinweis-Programme, die TV-Sender gehen zum Notprogramm, zum Testbild, zum Rauschen über. Schließlich ist das Gröhlen der Untoten in den Straßen und um das Kaufhaus, in dem sich auch die Überlebenden des Remakes versammeln, so laut und atonal geworden, dass nur noch Schrifttafeln als Einkanal-Kommunikate zwischen den auf den Häuserdächern der Stadt Überlebenden nützlich sind.

Innerhalb der Überlebenden-Gruppe ist Sprache indes die einzige Möglichkeit, die Lebenden von Untoten zu unterscheiden. Die Sprache wird zum Identifikationsmerkmal aber auch zum Integrationsmerkmal. Ist das erste Drittel des Film noch vom Misstrauen und der Habgier der im Kaufhaus verschanzten Einzelgruppen bestimmt, löst sich dies im weiteren Verlauf immer mehr auf, als man versteht, dass es nur noch zwei Systeme gibt: die sich artikulierende Zivilisation drinnen und das Stöhnen und Gröhlen der kannibalischen Horden draußen.

Wie in Romeros Filmen versucht auch im Dawn-Remake die Gruppe aus ihrer Belagerung auszubrechen. Doch leicht ist das nicht, denn in einem unterscheiden sich die Snyder-Zombies ganz wesentlich von den Romero-Zombies: Sie sind schneller geworden. Der zeitgenössische Zombie reagiert damit auf die Fehler , die seinen Vorfahren breits in die evolutionäre Sackgasse führten (das Ende des Modernen Zombiefilms in den frühen 1990er Jahren) und macht ihn bereit für die Anforderungen, die das junge 21. Jahrhundert an ihn stellt: Die Beschleunigug alles Lebens. Die Dromologie der Informationen macht diese Beschleunigung seines Fresstriebes, ja seiner gesamten Motorik notwendig. Und so verfolgen die Untoten ihre Opfer nicht mehr in jener alptraumhaften aber dennoch unaufhaltsamen Langsamkeit der Romero-Filme, sondern sie rennen und sie rennen, ohne das ihnen die Puste dabei ausgehen könnte. Das macht den Ausbruchsversuch der Überlebenden riskant. Mittels zweier Busse, die zahlreich verstärkt und bewaffnet zu fahrenden Festungen umgebaut werden, wird die Flucht gewagt. Durch Massen von Zombies und durch einsame Straßen, in denen nur noch sinnlos gewordene Papierfetzen umherfliegen, bahnen sich die Überlebenden einen Weg ins Paradies.

Snyders Remake, das zeigt sich recht bald, ist ist mehr ein Gedankenexperiment als ein Unterhaltungsprodukt. Schon im Kontrast der gelegentlichen Panorama-Aufnahmen, die den Weltuntergang in erschreckenden Bildern präsentieren zu den wackeligen, schnell aneinander geschnittenen, im Shutter-Verfahren aufgenommenen Bildern der kämpfenden Überlebenden zeigt sich der Unterschied zum Romero-Film überdeutlich. Wo Romero noch in epischer Breite "zeigen und beschreiben" wollte, setzt Snyder in seiner Clip-Ästhetik voll auf das Überwältigen. So opfert er bereitwillig die Charakterisierung der einzelnen Figuren und den dramaturgische Bogen des Originals einer Kakophonie von Bildern und Tönen. Das "diskursive Rauschen" des Subtextes verdoppelt sich im Remake auf der Oberfläche des Films als Stakkato, das dem Zuschauer entgegenwirbelt. Deshalb ist es auch schwer, im Dawn-Remake einen (gelungenen) Spielfilm zu sehen, denn dem für diesen notwendigen "Erzählen und Charakterisieren" verweigert sich der Film. Dort, wo sich Erzählungen und Figurenannäherungen im Kleinen herauszukristallisieren beginnen, bricht alsbald die Katastrophe in Form der Zombies ein und zerstört die sich entwickelnden sozialen Sinnkonstruktionen. Kommunikation ist, wie geschrieben, die letzte gemeinschaftsstiftende Struktur. Und als die kurz vor Ende jäh abbricht und die letzte Schrifttafel nur noch mit blut beschmiert ist, wissen die Überlebenden, dass sie ihren Traum von der Gesellschaft hinter sich lassen müssen.

Dawn of the Dead

(USA 2003)

Regie: Zack Snyder; Buch: James Gunn (nach der Vorlage von George A. Romero); Kamera: Matthew F. Leonetti; Musik: Tyler Bates; Schnitt: Niven Howie

Darsteller: Sarah Polley, Ving Rhames, Jake Weber, Mekkhi Phifer, Ty Burrell u. a.

Verleih: UIP; Länge: 95 Minuten

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