Bill Paxton: Frailty (USA 2002)

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Fantasy Filmfest 2002

[Image]Regie: Bill Paxton
Buch: Brent Hanley
Darsteller: Bill Paxton, Powers Boothe, Matthew O´Leary, Jeremy Sumpter, Matthew McConaughey
Verleih: Lions Gate (USA), n.n. (Deutschland)
 

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Bill Paxton: Frailty (USA 2002)
Kritik von Thomas Groh

 [Image]

Die christliche Ornamentik und Mythologie sind mit ihrer pathologischen Todessehnsucht und den zahlreichen Erlöserkomplexen schon immer ein dankbares Motiv für Horror- und Thrillerfilme unterschiedlichster Machart gewesen. William Friedkins ‚Exorzist’, Scorseses ‚Taxi Driver’, Ferraras ‚Bad Lieutenant’, Finchers ‚Se7en’ oder de Palmas ‚Carrie’ - mal mehr, mal weniger offensichtlich fallen in diesen Einzelbeispielen der christlichen Mythologie und Ikonographie eine tragende Rolle zu. Mit ‚Frailty’ hat der „ewige Nebendarsteller Bill Paxton“ in seinem Regie-Debut diesem Reigen nun einen weiteren Film hinzugefügt.

Auf dem Fantasy Filmfest 2002 wurde diesem Debut gar die Ehre der „Opening Gala“ zuteil, im Programmheft wurde es vollmundig als „viel zu seltener Genre-Glücksgriff“ angekündigt, ein „ernster, intelligenter Horrorfilm, der sich zu Recht auf ein cleveres, twistreiches Script (...) stützt“. Filmecho/Filmwoche nennt sogar Stephen King, das Alte Testament und Alfred Hitchcock in einem Satz, um die für das Genre scheinbar nachhaltige Bedeutung des Films zu unterstreichen. Eine Reihe von Gründen also, um sich mit Heißhunger auf einen vermeintlich neuen Meilenstein des Genres eine Karte zu besorgen!

Der Film beginnt mit einem stimmungsvollen Vorspann - alte, vergilbte Zeitungsausschnitte erzählen, unterlegt von tief melancholischer und düsterer Musik, von grausamen Morden, von vermissten Menschen und einem Serienmörder, der als „God’s Hand“ bezeichnet wird. Ein Schnitt auf ein FBI-Gebäude der Jetzt-Zeit und wir wissen: offensichtlich wurde der religiös motivierte Killer nie gefasst. Es ist Nacht, es regnet unerbittlich - in solchen Momenten finden erfahrungsgemäß in den Gebäuden der staatlichen Exekutive die interessantesten Dialoge statt! So auch hier: ein sozial offenbar gestörter, ungepflegter junger Mann namens Fenton Meeks legt dem zunächst skeptischen und distanzierten Agent Doyle gegenüber seine Lebensbeichte ab: er kenne die Identität der „Hand Gottes“, ja, es sei sogar sein Bruder, der für die Morde - 6 an der Zahl - verantwortlich zeichnet. So entblättert der Film langsam seine Geschichte in Form von Rückblenden und führt uns zurück in das Jahr 1979.

Fenton ist gerade mal neun Jahre alt und lebt mit seinem Bruder Adam und seinem namenlos bleibenden Vater alleine in einer typischen Vorstadt. Der Umgang der drei miteinander ist herzlich und liebevoll, die Schrecken der Kleinfamilie, wie sie der Zeitgeist der frühen 70er und zeitlich analog der moderne Horrorfilm aufgedeckt hatten, scheinen hier nicht stattzufinden. Bis eines Nachts der Vater die beiden Kleinen aus dem Bett schreckt: er habe eine Vision gehabt, von einem Engel Gottes persönlich. Die Menschheit sei unterwandert von Dämonen - nur wenige Menschen seien von Gott auserwählt, um diese zu „zerstören“ und er und seine beiden Söhne gehörten diesem Zirkel an. Schon bald schicke ihnen der Engel drei heilige Waffen (ein Paar Mechanikerhandschuhe, eine Axt und Eisenstange) und eine Liste mit den Namen der von Menschen nicht unterscheidbaren Dämonen, die es von der Erde zu fegen gelte. Allein, Fenton meldet Zweifel an, die sich nur noch verstärken, als der Vater seine Visionen des Kampfes „Gut gegen Böse“ unter den Augen und der erzwungenen Hilfe seiner Sprößlinge in blutige Realität umsetzt. Während der noch kleine, beeinflussbare Adam naiv lächelnd und ob der „Superheldenmission“ sichtlich beeindruckt dem Vater zur Seite steht, kommt es zwischen Fenton und dem Vater zum Bruch, der in pure Psychofolter ausartet, als der Vater den kleinen von seinem „Auftrag im Namen des Herrn“ zu überzeugen versucht. Währenddessen brennt im FBI- Gebäude der Jetztzeit in einem einzelnen Büro zu fortgeschrittener Stunde noch immer Licht. Zugegeben, die Story weist einiges an Potential für einen hochgradig spannenden Psychothriller auf, doch um schnell auf den Punkt zu kommen: das gute Blatt wird ungenutzt verspielt, die reichlich vorhandenen Möglichkeiten für wohlig-kitzelnde Spannung kaum genutzt.

Da wäre nämlich zunächst das größte Problem: der Film weiß eigentlich nie, was er denn nun eigentlich ist. Die Ausgangssituation - ein FBI-Gebäude, nicht enden wollender Regen, ein Dialog mitten in der Nacht - verspricht einen spannungsgeladenen Psychothriller. Die Rückblenden, in denen Fentons Schicksal - die Familie mutiert naiv lächelnd zum Serienmörder-Clan und wendet jedes Mittel auf, um aus Fenton das gleiche zu machen - zusammengefasst wird, verspricht ein Jugend-Drama mit den üblichen Komponenten 'religiöser Fanatismus', 'unerbitterlichen Eltern' und dem Gefühl, in den sozialen Strukturen einer kleinen Vorstadt jämmerlich unterzugehen. Das Serienmörder-Motiv hingegen lässt einen kalten Slasher-Film mit religiöser Grundthematik erhoffen, zudem einen, der die Reglements aufzubrechen scheint: so wird der Film entgegen aller Genrekonventionen streng aus der Perspektive der Mörder erzählt (wobei wir bei dieser Festellung, wohlwissend um dessen Ausnahmepostion, ‚Henry - Portrait Of A Serial Killer’ übersehen) und zudem mit einer leicht ironisierenden Haltung dem Genre gegenüber, aufgepeppt. Deutlich wird dies vor allem in dem Moment, als Daddy Meeks die erste heilige Waffe überreicht wird. Eine Axt, die wie Excalibur präsentiert wird: ein von Sonnenstrahlen durchfluteter Geräteschuppen, in der Mitte ein einzelner Baumstumpf, darin die Axt - gestatten, Otis ihr Name!

Was aber im postmodernen Sinne eine durchaus interessante hybride Melange hätte werden können, verkommt bei ‚Frailty’, einer weitgehend hausbackenen Inszenierung im Stile eines biederen Fernsehfilms sei Dank, zu mediokrem Einerlei: keiner der Wege wird konsequent beschritten oder zu Ende gedacht. Für einen Thriller wirkt der Rahmen-Plot im FBI-Gebäude zu aufgesetzt und zu schnell durchschaubar, ohne dabei Suspense aufkommen zu lassen, für ein Jugend-Drama bietet der Film kein sonderlich gelungenes Script und vor allem keine mitreißende, Emotionen weckende Charakterzeichnung. Für einen Slasher, einen ironischen und mit Erzählstrukturen brechenden obendrein, mangelt es an ästhetischen Reizen, an inszenatorischer Spannung und - das größte Manko - an Basiswissen der Grundregeln, die besagen, dass das Faszinosum eines Slasher-Films im Slasher und seiner persönlichen Mythik zu verorten ist. Während bei den üblichen Verdächtigen, Jason und Michael, das Slashen zum Partyevent mutiert, während Kevin Spacey alias John Doe als sardonisch-selbstgerechter Mastermind Angst vor den Möglichkeiten menschlicher Intelligenz verbreitet und Hannibal als Kulturmensch und Genießer die kannibalistischen Tendenzen des libertinen Bildungsbürgertums demaskiert, ist Daddy Meeks in dieser illustren Gesellschaft eher ein naives Lamm, überzeugt von der eigenen Gutmütigkeit und der Gültigkeit des ihm übermittelten Gottesauftrages, fernab von Selbstgerechtigkeit oder Erhabenheit. Zwar wird dieses Bild gegen Ende des Filmes noch etwas zurecht gerückt und um einige dämonische Facetten bereichert, doch ein hastig hinten angehängter Plottwist, mag einem die vorher belanglosen 90 Minuten nicht unbedingt versüßen. Dafür fehlte es ihnen schlicht und ergreifend an dramaturgischer und inszenatorischer Faszination.

Dass dieser Plottwist zudem nicht wirklich so unvorhersehbar auf den Zuschauer einbricht, wie es sich viele Kritiker gerne einreden wollen, tut sein übriges. Wer in den letzten 5 bis 10 Jahren ein paar Mal im Kino gewesen ist und Filme wie ‚The Usual Suspects’, ‚Fight Club’ oder ‚The Sixth Sense’ nicht verpasst hat, wer also ein klein wenig Wissen um den 'movie with a gimmick ending' mitbringt, kann eigentlich schon im Verlauf des Ganzen das ungefähre Ende ohne größere Probleme erraten, da die zahlreichen MacGuffins schon fast zu auffällig sind und die Inszenierung - gesetzt den Fall, man hat dafür einen kleinen Blick und denkt während des Filmes ein wenig mit - eigentlich auch keine anderen Schlüsse zulässt.

Besonders schade ist dieses vergeudete Potential hinsichtlich der überdurchschnittlich guten Leistungen der Schauspieler. Bill Paxton und vor allem die beiden Jungs geben sich sichtlich Mühe, dem Film ein wenig Ätmosphäre zu geben und das Beste aus dem Skript zu holen. Allein, was nutzt die Mühe, wenn die Charaktere schlichtweg simple Konstrukte sind, die sich im Laufe des Films weder entwickeln noch sonderlich gut gezeichnet sind - viel zu sehr wirken sie wie aus dem Handbuch fürs Drehbuchschreiben und aus diversen Genre- Verwandten entnommen, um dem Zuschauer emotional zu packen und so zu involvieren. Es könnte einem wohl kaum egaler sein, was da auf der Leinwand geschieht, eher wünscht man sich, dass doch nun endlich wirklich etwas passiert!

Alles in allem bleibt also ein relativ belangloser Film, der viel Potential mitbringt, dieses aber leider weder umzusetzen weiß noch sich dessen überhaupt gewiß zu werden scheint. Ein Film, der sich selbst nur zu gerne in den Pantheon der „Filme mit unerwartetem Schluß“ einreihen möchte, dies jedoch so krampfhaft erzwingen möchte, dass er dabei hemmungslos scheitert. Für einen Fernsehfilm oder eine Folge einer x-beliebigen Mystery-TV-Serie am Abend wäre ‚Frailty’, auch aufgrund seiner ästhetischen Ausrichtung, sicherlich gewohnter Standard und nette Zapping-Unterhaltung. Von einem Kinofilm, dem Eröffnungsfilm des Fantasy Filmfests noch obendrein, erwarte ich mir allerdings etwas mehr Finesse. Durchschnitt, bestenfalls. Leider.

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