Michael Kohlhaas -2

von Ekkehard Knörer

III

Verschleppung des Prozesses, Stakkato der Erzählung

Freilich ist der Junker entkommen und Kohlhaas kann keine Ruhe finden. Auf der Verfolgung hindert ihn nichts daran, ein Kloster in Brand zu stecken. als ein Wetterschlag, eines jener Kleistschen Zeichen, mit denen der Dichter in seine Erzählungen immer wieder hineinzufunken pflegt. Diese Blitze, Schläge, die aus nichts im Erzählten selbst folgen, sondern stets aus dem Nichts eines allerdings auch nie heiteren Himmels der Erzählung niederfahren, taugen geradezu als Muster und zugleich Allegorie der von Hillis Miller so genannten 'new Kleistian Laws of storytelling'. Psychologisierung, etwa in der Rede vom "Rechtgefühl, das einer Goldwaage glich", die Handlungen über die Figurencharakterisierung glaubhaft machen soll, wird immer aufs neue vom Allerunwahrscheinlichsten, das in den Fortgang der Narration hineinereignet wird, konterkariert. Das fortgesetzt Abrupte des Kleistschen Erzählens aber ist nicht Manier, es ist die Form, die den Inhalt und seine unerhörten Begebnisse erst zu dem machen, was sie sind. Darauf werde ich im nächsten Abschnitt zu sprechen kommen.

Kohlhaas übt sich unterdessen weiter im Performativen - und zwar in Form sich radikalisierender Gewaltakte. Die Logik, in die er hineingerät, ist die der Revolution. Mag Rudolf Jherings Rede von Kohlhaas als Märtyrer des Rechts bisher zugetroffen haben, nun setzt er sich selbst außer alle Rechtsverhältnisse, bezeichnet sich als 'einen Reichs- und Weltfreien, Gott allein unterworfenen Herrn' (36) und führt das, was Wolf Kittler als Partisanenkrieg beschrieben hat. In Wittenberg wird Feuer gelegt, es brennt, unter neunzehn Häusern, eine Kirche nieder, ein Zeichen dafür, dass die Taten des Revolutionärs schwer zu begrenzen sind. Das Selbst(miss?)verständnis, das Kohlhaas nun entwickelt, folgt der Logik oder Alogik der Metalepse, die die der Setzung (inklusive Verstellung ihrer Willkür) ist. Die Ursache so großer Wirkung muss selbst bedeutend sein - oder, in den Worten, die Kleist Kohlhaas in den Mund legt: "Er nannte sich in dem Mandat (...) 'einen Statthalter Michaels, des Erzengels, der gekommen sei (...) mit Feuer und Schwert, die Arglist, in welcher die ganze Welt versunken sei, zu bestrafen.'" Unterzeichnet ist das Mandat: "Gegeben auf dem Sitz unserer provisorischen Weltregierung, dem Erzschlosse zu Lützen." (41) Fortan lässt Kohlhaas ein großes Cherubsschwert vor sich hertragen. Damit ist die Instanzwerdung des Michael Kohlhaas in einer Mischung aus überstürzter Selbst- und Feindesüberrumpelung zu einem Höhepunkt gekommen. Mehr Macht kann man sich auf Erden kaum anmaßen als im Namen göttlicher Instanzen Recht und Unrecht zu verkünden. Das Vertrackte ist: die Wirkung der waghalsigen Kohlhaasschen Performanzen ist in der Tat ungeheuer. Der Konflikt ist weder juristisch noch lokal begrenzbar. Die weitere Erzählung führt vor, welch kompliziertes Durcheinander das Verhalten von Michael Kohlhaas bei allen politischen Instanzen angerichtet hat. Bei allem Streit der Kompetenzen aber gelingt es, das von Kohlhaas angezettelte außergerichtliche Verfahren zu verschleppen. Die Mächte, die bis in den Ausnahmezustand herausgefordert sind, kämpfen um ihre Souveränität. Diesem Durchsetzen von Souveränität mangelt es allerdings an jeglicher Klarheit und Simplizität. Ganz im Gegenteil sind die Verwicklungen, die sich aus dem Versuch ergeben, Kohlhaas in "den Damm der menschlichen Ordnung zurückzudrrücken", so enorm, dass man sie gar nicht im Detail wiedergeben kann. Die Verschleppung der Revolte ist reich an Wendungen, an die Szenerie schlagartig verändernden Ereignissen. Ja, selten dürfte so vielen erzählten Ereignissen so wenig Raum gegeben worden sein wie in der Erzählung vom 'Michael Kohlhaas'.

Es greifen nacheinander ein: der Kurfürst von Sachsen mit 2000 Mann; Martin Luther in Wittenberg mit "der Kraft beschwichtigender Worte" (42); ein Nachahmungstäter, der in Kohlhaas' Namen spricht und ihn dadurch in große Bedrängnis bringt; der Prinz Christian von Meißen, der sich von Kohlhaas' Unschuld überzeugen läßt; das Volk von Sachsen, das nach einem unglücklichen Vorfall die Geduld mit Kohlhaas verliert; die Freunde des Junkers von Tronka, die mit immer neuen juristischen Raffinessen den Prozess in die Länge zu ziehen verstehen; der Freiherr von Wenk, der die Kohlhaas versprochene Amnestie bricht. In einer unglücklichen Verzweiflungstat setzt sich Kohlhaas zuletzt selbst ins Unrecht und wird mit Ketten beladen ins Gefängnis geworfen und verurteilt, "mit glühenden Zangen von Schinderknechten gekniffen, gevierteilt, und sein Körper, zwischen Rad und Galgen, verbrannt zu werden." (77)

Damit ist ein Punkt erreicht, an dem die Lage so heillos verworren wie für Kohlhaas hoffnungslos scheint, verfahren auf eine Weise, die nach einem Neueinsatz verlangt, nach einer Klärung, zu der nur ein Deus ex Machina verhelfen kann. Es braucht einen Kleistschen Blitzschlag, eine Instanz, die, mit Kleists Worten, "zu seiner Rettung aus den Händen der Übermacht und Willkür" (77) auftritt.

IV

Kurfürst, Kaiser und Zigeunerin

Und in der Tat mischen sich nun zwei Instanzen in den Fall ein, die bislang noch keine Rolle gespielt haben. Diese finden sich allerdings auf sehr verschiedenen Ebenen. Deutlich identifizierbar ist die Stimme des Kurfürsten von Brandenburg, der nun, erstmals über die Geschichte informiert, seinem im Ausland gefangenen Landeskind zu Hilfe eilt. Sein Eingriff ist mit einer sehr konkreten Einsetzung verbunden. Der der Tronka-Fraktion zuneigende Erzkanzler Graf von Kallheim wird durch einen auf Kohlhaas' Seite stehenden Nachfolger ersetzt - die Auslieferung Kohlhaas' nach Berlin wird beschlossen, zugleich aber wird die letztmögliche Instanz des Reiches angerufen, der Kaiser in Wien.

Sehr viel weniger merklich beginnt ein anderer Neueinsatz, nämlich einer der Erzählung, der seither vielen Lesern Kopfzerbrechen bereitet hat. Die Ermächtigung des Kohlhaas zum Subjekt der Rache erfolgt nicht durch dessen eigene Instanz (im Sinne des beharrlichen Verfolgens seines Rechts), sondern durch eine gänzlich fremde. Dem Eingriff des Kaisers in die juristischen Kompetenzstreitigkeiten ist ein zweiter, in seinem Willkürcharakter zunächst gar nicht recht ersichtlicher Eingriff einer anderen Instanz komplementär. Die Formulierungen, die diese Wendungen ankündigen und einleiten, sind gerade ihrer vermeintlichen Harmlosigkeit wegen verdächtig: "Es traf sich" (79), heißt es, kurz darauf "nun begab es sich" (81), dann wieder "nun traf es sich" (94) und "demnach traf es sich" (94). Was sich hier trifft, ist die Verknüpfung des Schicksals des Kurfürsten von Sachsen mit dem von Michael Kohlhaas, die durch das Eingreifen einer Zigeunerin hergestellt wird. Man erfährt, dass diese vor einiger Zeit schon Kohlhaas einen Zettel zugespielt hat, auf dem das politische und persönliche Schicksal des Kurfürsten vorhergesagt ist.. Die Einführung dieser Episode ist vollständig nachträglich: die Erzählung hat sie weder zur Erzeugung von Suspense noch für irgendeine Form dramatischer Ironie genutzt. Die Begegnung, von der man nun erfährt, sie habe sich am Tage nach der Beerdigung von Lisbeth, Kohlhaas' Frau, in Jüterbock zugetragen, kommt erzählerisch aus dem Nichts. Hinter den zögerlichen Formulierungen eines fortgesetzten "es traf sich" steht ein Kleistscher Blitzschlag eigener Art, der die Szenerie, aus einer Latenz heraus, von der man nichts ahnte, schlagartig verändert. Michael Kohlhaas wird in eine Machtposition eingesetzt, die er mit Lust am Sadismus auskostet:

"Wenn Euer Landesherr käme, und spräche, ich will mich, mit dem ganzen Troß derer, die mir das Szepter führen helfen, vernichten - vernichten, versteht Ihr, welches allerdings der größte Wunsch ist, den meine Seele hegt: so würde ich ihm doch den Zettel noch, der ihm mehr wert ist, als das Dasein, verweigern und sprechen: du kannst mich auf das Schafott bringen, ich aber kann dir weh tun, und ich wills!"

So spricht Kohlhhaas, der inzwischen den wiederhergestellten juristischen Instanzen gefügige Untertan. Wolf Kittler hat den Inhalt des Zettels auf seinen historisch plausiblen (das unheilvolle weitere Schicksal des Kurfürsten und seiner Kinder prophezeienden) Wortlaut zu bringen versucht, verpasst damit aber die Pointe, die die Verweigerung der Worte innerhalb der Erzählung hat.

Denn in mehr als einem Sinn gibt es keinen Beleg für die Wendung der Erzählung, die, wie zu Anfang erwähnt, auf der 'Vergleichung alter Chroniken' zu beruhen vorgibt - und in der Tat folgt Kleist bis zu diesem Zeitpunkt, ausschmückend zwar, dem Gang der historischen Ereignisse. Die Episode mit der Zigeunerin, die das letzte Viertel der Erzählung dominiert und alles vorige auf den Kopf stellt, ist hingegen frei erfunden. Oder doch nicht ganz, denn die Zigeunerin ist eine dea ex machina, nicht ex nihilo; und die Maschine, der sie entsteigt, ist keine andere als die Literaturgeschichte: denn ihre Beglaubigung ziehen die hellseherischen Kräfte der Zigeunerin aus einer anderen Prophezeiung: ein bestimmter Rehbock werde dem Kurfürsten auf dem Marktplatz von Jüterbock entgegen kommen. Dieser lässt das Tier töten - jedoch ein Hund schnappt ihn sich in der Küche und trägt ihn auf dem Marktplatz vor die Augen des entsetzten Kurfürsten. Für diese Begebenheit gibt es, selbstverständlich, keinen historischen Beleg. Der Literalität der historischen Chronik verschlägt es auf dem Zettel, um den sich alles dreht, folgerichtig die Sprache Und doch ist der gewaltsame Eingriff, der Kohlhaas die kaum zu übertreffende Macht über Leben und Tod (des Kurfürsten und Sachsen) in die Hände spielt, wie gesagt, nicht frei erfunden, sondern eine Übernahme aus einem Roman. Eine sehr ähnliche Bestätigung einer Prophezeiung gibt es in 'Die Kettenträger', einem, übrigens selbst wieder anonym erschienenen, Roman, den Kleist (wenigstens in den hier entscheidenden Teilen) kannte. Die Rettung, falls man so sagen will, des Michael Kohlhaas aus der Historie erfolgt also durch den Bezug auf eine Instanz, die ein anderer Text ist, aber kein historischer, sondern selbst ein durch und durch fiktionaler. Der Clou des ganzen aber besteht darin, dass sich noch der erzählerische Setzungsakt der Einführung der literarischen Fiktion in die Fiktion des historisch Literalen eine historische Beglaubigung geben will. Das Unwahrscheinliche aber, das mit beeindruckender Mutwilligkeit immer weiter gesteigert wird, erfährt nämlich folgendee verblüffende Kommentierung:

"und wie denn die Wahrscheinlichkeit nicht immer auf Seiten der Wahrheit ist, so traf es sich (!), daß hier etwas geschehen war, das wir zwar berichten: die Freiheit aber, daran zu zweifeln, demjenigen, dem es wohlgefällt, zugestehen müssen" (96).

Ich erlaube mir, diese Passage durch ein aus einem anderen Text (der Anekdote 'Unwahrscheinliche Wahrhaftigkeiten') geholtes Kleist-Zitat kommentierend zu ergänzen:

Es geht hier um ein Ereignis, von dem es heißt "...daß ein Dichter von diesem [nämlich höchst unwahrscheinlichen] Faktum keinen Gebrauch machen könne, der Geschichtsschreiber aber, wegen der Unverwerflichkeit der Quellen und der Übereinstimmung der Zeugnisse, genötigt sei, dasselbe aufzunehmen."

Diese Argumentation nun ist, verlängert man sie in den Kontext der Kohlhaas-Stelle, komplett auf den Kopf gestellt. Der Erzähler, der sich als bloßer Chronist fingiert hat, beruft sich nun, da er zu fabulieren beginnt, auf diese Fiktion , um sich jene Freiheit des Unwahrscheinlichen nehmen zu können, die damit überhaupt keine, also auch nicht die in ihrer Maßlosigkeit unerlaubte dichterische wäre, sondern schlicht die Fatalität der historischen Fakten. In 'Wahrheit' ist die Fiktion dabei eine doppelte: die Fiktion der Nichtfiktion des nun erstmals in dieser Geschichte völlig Fiktiven.

Die Frage der Setzung und ihrer Legitimation ist damit vom nachgezeichnet Juristischen des historischen Falles Michael Kohlhaas auf ein anderes Gebiet herübergespielt. Auf das der poetologischen Frage nach dem Verhältnis von Wahrheit und Fiktion, oder genauer: von der Lizenz zum Unwahrscheinlichen in der Fiktion. Die Frage wird hier, ohne Zweifel, in ihrer raffinierten Brechung nicht ohne Ironie behandelt. Das Nichts der Legitimation der fiktionalen Setzung wird ins intertextuelle Zitat verdoppelt, die Unwahrscheinlichkeit der erfundenen Ereignisse mit einem nicht anders als ironisch zu verstehenden Verweis aufs Unwahrscheinliche der Wahrheit, die keine ist, nur auf die Spitze getrieben. Die triumphale Macht der ins Historische geschmuggelten Zigeunerin und ihres nie zu lesen gegebenen Zettels ist die Macht der aller Bindung noch ans Wahrscheinliche ledigen Fiktion übers historisch Tatsächliche. So gesehen ist der 'Michael Kohlhaas' die Erzählung vom Sieg der Setzung des Fiktiven mit seinen (übrigens vorbildlich intertextuellen) eigenen Gesetzen. Übrigens enteilt Kohlhaas mit dem Fortgang der Erzählung ins Fiktive vollends dem souveränen Erzähler-Urteil des Beginns. Das sadistische Rachebedürfnis ist sowenig zu rechtfertigen oder auch motiviert aus dem ersten Akt des Unrechts zu Beginn wie das Häufen des Unwahrscheinlichen, mit dem Kohlhaas seine Zerstörungsgewalt in die Hände bekommt. Diese Verbindung freilich von Sadismus und Fiktion könnte einem zu denken geben.

V

Schlussbild

Die Schlussbilder von Kleists Erzählungen sind fast stets versuchte Revokationen des Ungeheuerlichen, von dem zuvor berichtet wurde, Rücknahmen in ein stillgestelltes Tableau, ein Szenario wiederhergestellter Ordnung. Sie sind in diesem Sinne pure Ideologie, als solche lesbar gerade als Antwort auf die Ungeheuerlichkeit des sich zuvor Ereigneten. Und doch kann die Eintragung der zerstörten Ordnung in die wiederhergestellte nicht ausbleiben.

Der Ausgang des juristischen Falles ist bekannt: Michael Kohlhaas werden seine Rappen in vollem Umfange restituiert, d.h. er bekommt Recht in seiner Klage gegen den Junker Wenzel von Tronka - und zugleich verliert er sein Leben "wegen des allzuraschen Versuchs, sich selbst in [der Welt] Recht verschaffen zu wollen". Das Urteil ist letztinstanzlich, der Ankläger ist der Anwalt des Kaisers, unterzeichnet ist es vom Kurfürsten von Brandenburg. Die Wiederherstellung von Recht und Ordnung gerinnt zudem zu einer veritablen allegorischen Darstellung:

Kohlhaas "zur Rechten der kaiserliche Anwalt Franz Müller, eine Abschrift des Todesurteils in der Hand; ihm zur Linken, mit dem Konklusum des Dresdner Hofgerichts, sein eigener Anwalt, der Rechtsgelehrte Anton Zäuner; ein Herold in der Mitte des halboffenen Kreises, den das Volk schloß, mit einem Bündel Sachen, und den beiden, von Wohlsein glänzenden, die Erde mit ihren Hufen stampfenden Rappen." (101). Der Anwalt des Kaisers und Kohlhaas' Anwalt sind wie Schwert und Waage der Jusitita um das zur Räson gebrachte Rechtssubjekt Kohlhaas gruppiert, das Tableau ist ergänzt um die Insignien einer doppelten und vollständigen Versöhnung: das Volk schließt den Kreis um die Rechtsparteien und die vor Zufriedenheit mit der versöhnenden Kraft des Rechts glänzenden Pferde. Das letzte Wort aber ist das nicht. Die ins Historisch-Juristische hineingedrängte ganz persönliche Rache-Geschichte um das verweigerte Wort drängt auch hier, zuletzt, ins Bild. Noch im Moment, bevor ihm der Kopf abgeschlagen wird, vollendet Kohlhaas, das Subjekt eines intertextuellen und unwahrscheinlichen Coups, seine persönliche Rache:

"Kohlhaas löste sich, indem er mit einem plötzlichen, die Wache, die ihn umringte, befremdenden Schritt, dicht vor ihn trat, die Kapsel von der Brust; er nahm den Zettel heraus, entsiegelte ihn, und überlas ihn: und das Auge unverwandt auf den Mann mit blauen und weißen Federbüschen gerichtet, der bereits süßen Hoffnungen Raum zu geben anfing, steckte er ihn in den Mund und verschlang ihn. Der Mann mit blauen und weißen Federbüschen sank, bei diesem Anblick, ohnmächtig, in Krämpfen nieder.. Kohlhaas aber, während die bestürzten Begleiter desselben sich herabbeugten, und ihn vom Boden aufhoben, wandte sich zu dem Schafott, wo sein Haupt unter dem Beil des Scharfrichters fiel. Hier endigt die Geschichte vom Kohlhaas." (103)

Noch nicht ganz. Die Produktion der Leiche und der dauerhafte Entzug der Worte wären ja nun eine schöne Sistierung von Michael Kohlhaas und seinen Instanzen. Die andere, die eingeschmuggelte Geschichte aber unterläuft auch diesen Abschluss noch. Die Söhne des Kohlhaas, so wird berichtet, werden zu Rittern geschlagen, seine Nachkommen sichern das Fortleben des Geschlechts. Über die Zukunft des Kurfürsten von Sachsen aber wird jede Auskunft verweigert. "Das Weitere", wird man beschieden, muss man "in der Geschichte nachlesen." Die Erzählung verweigert sich der Neugier des Lesers und verweist, nach gelungener Geschichtsklitterung, zurück auf die Chroniken. Dies ist eine letzte ironische Pointe, der ich keine hinzuzufügen habe.

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