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        Kleines Lexikon der asiatischen Regisseure      
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Filmografie:

Aaydha Ezhuthu/Yuva (2004)

Kan Nathil Mutha Mittal (2002)

Alai Payuthey (2000)

Dil Se (1998)

Iruvar (1997)

Bombay (1995)

Thiruda Thiruda (1993)

Roja (1992)

Dalapati (1991)

Anjali (1990)

Gitanjali (1989)

Agni Nakshatram (1988)

Nayakan (1987)

Mauna Ragam (1986)

Pallavi Anu Pallavi (1983)

 

 

 Indien Mani Ratnam
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Porträt bei Upperstall

Porträt bei Cinescene

Porträt anlässlich von Dil Se

Interview mit Anita Nair

Kommentare zu einzelnen Filmen bei Clipboard Conversations

Geboren 1955 in Madras im indischen Bundesstaat Tamilnadu. Zwar arbeitete sein Vater im Filmvertrieb - einen Abschluss aber machte Ratnam zunächst in Business Management. Ohne formale Ausbildung drehte er 1983 mit Pallavi Anu Pallavi seinen ersten Film, der freilich nicht sehr viel Aufsehen erregte. Ein Erfolg wurde Mouna Ragam, die Kritik wie das Publikum begeisterte Nayakan, die an Coppolas Der Pate angelehnte Geschichte eines Gangsterbosses in Bombay: der Film war der indische Oscar-Vorschlag des Jahres 1987.

Internationales Aufsehen erregte Ratnam erstmals mit seiner Trilogie von Filmen, in denen er Liebesgeschichten mit politischen Themen (Kaschmir, Terrorismus, Muslim-Hindu- Konflikte) raffiniert verbindet: Roja (1992), Bombay (1995) und das in Indien selbst wenig beliebte Meisterwerk Dil Se (1998) - Dil Se war auch Ratnams erster in Hindu gedrehter Film, nachdem die synchronisierte Version von Roja ein großer Erfolg geworden war. Keiner dieser Filme war politisch unumstritten - seit Bombay muss sich Ratnam vor angedrohten Anschlägen schützen.

Nicht zuletzt haben Ratnams Films - seit Roja - den ebenfalls tamilischen Komponisten A.R. Rahman zum derzeit größten Superstar der indischen Film- und das heißt hier immer auch: Popmusikszene gemacht; sein Erfolg scheint nach Bombay Dreams, der Londoner Musical-Kooperation mit Andrew Lloyd Webber, auch im Westen nicht mehr aufzuhalten. Ähnliches gilt für Ratnams häufigen Kameramann Santosh Sivan, der sich mit den Filmen The Terrorist (für den Westen entdeckt von John Malkovich) und dem Historien-Blockbuster Asoka inzwischen selbst einen Namen als wichtiger indischer Regisseur gemacht hat.


Dil Se

 

Kritiken bei Jump Cut

Yuva
 
               Stilistisch flüchtet sich Ratnam in Feuerwerksveranstaltungen, rafft und dehnt die Bewegung zum Videoclip, fällt vom Bollywood-Klischee ins MTV-Klischee. Wenig motiviert wirken auch die sich an Hongkong anlehnenden Actionsequenzen. "Yuva" ist ein Film, der von allem etwas zu bieten hat. Aber auch einer, der, zwar unterhaltsam, zwar virtuos inszeniert, sehr deutlich macht, dass das zu wenig ist, wenn nicht klar wird, wozu.

A Peck on the Cheek
 
               Die private Geschichte ist spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht viel mehr als der Anlass zur politischen Illustration, die allerdings bis zuletzt privat formuliert wird. Genau hier aber ist der Ort des Unbehagens an "A Peck on the Cheek": In der Sprache der Familienbande - die natürlich auch die der Allegorie ist: verlorene Tochter Indiens, die Adoption als ethisch-politische Maßgabe der Versöhnungsoption - werden einem politische Gefühle aufgenötigt. Der Film bewegt sich in ein Feld des Übergangs als Verwischung, das das Politische und das Private nicht mehr zu trennen erlaubt.

Alai Payuthey
 
               Das alles geht ab nicht ohne Sentiment, oder eher: große Gefühle. Sentimental nämlich ist das eigentlich nicht. Die Zuspitzungen sind stets Verdeutlichungen, hoch emotionale Formulierungen von Dilemmata, die im Realen wurzeln. Nach dem Überschwang des Beginnens steuert Alai Payuthey auf die Beschreibung einer emanzipierten Ehe zu, mit allen Problemen, die nicht ausbleiben können, wenn man von den traditionellen Bindungen, aus denen man sich gewaltsam gelöst hat, längst nicht frei ist. Die Komik, in Bollywood oft ins Drastische übersteigert, ist hier zu Humor gemildert; alle Forcierungen, auch die zum melodramatischen Ende, bleiben gedeckt durchs Thema, das Ratnam hier in vollendet gelungener Individualisierung verhandelt.

Dil Se
 
               Damit wird der an nicht ineinander aufgehenden Oppositionen reiche Film um eine weitere ergänzt. Offensichtlich ist die zwischen der Stadt (und ihren modernen Sitten in der, siehe Monsoon Wedding, typischen Ausprägung des bewussten Rückgriffs auf alte Heiratstraditionen) und dem Land - Amar bewegt sich vom vertrauten Bereich in den fremden, Meghanas Bewegung ist die umgekehrte. Amars Aufgabe ist die Dokumentation des Terrorismus, statt aber bloßer Beobachter zu bleiben, verliebt er sich in die Terroristin. Ihr, die - nun auf seinem Terrain, in der Stadt - ganz und gar auf den Anschlag konzentriert sein sollte, kommt die Liebe dazwischen. So treffen Terrorismus und Liebe als Gegensätze in der Terroristin Meghana zusammen - und zwar unlösbar, unüberwindbar.

Bombay
 
               Auch in diesem Film schlägt die Stimmung um, es kommt zu den religiös motivierten Anschlägen der Jahre 1992 und 1993, mit entschiedenem Willen zum Dokumentarischen jagt die Handkamera einerseits durch Stätten der Verwüstung, dreht sie sich insistierend andererseits um eine Zeitungsmeldung vom Anschlag. In den Hindu-Moslem-Konflikt wird die private Geschichte, auf diesen Zusammenhang hin thematisch natürlich bestens präpariert, hineingeflochten und familial erweitert: die Zwillingssöhne und die unerwartet in Bombay auftauchenden Elternpaare, die untereinander erst die Farcen-Version des Religionskonflikts austragen, dann aber die versöhnende Botschaft des Films zu verkörpern beginnen.

Thiruda...Thiruda
 
               "Thiruda...Thiruda" ist, in der Vollstreckung der schieren Lust an Dynamik, der Narration, der Züge und Kutschen, der Pferde und rennenden Menschen, geradezu perfekte Unterhaltung, reine Form, die die Zufälle feiert, wie sie fallen, ohne Rücksicht auf die Zügel der Psychologie und der Wahrscheinlichkeit, auf Sinn und Verstand. Ein Vertrauen darauf, dass der Sinn aus dem Tempo, dem Timing, der Frequenz der Running Gags, der Eigendynamik des Gegen- und Miteinanders von Komik, Sentiment und Spannung sich offenbart, als eine Notwendigkeit, die keinen anderen Grund hat als den ihrer Form.

Roja
 
               Die production values also sind sämtlich großartig, handwerklich kann Ratnam wie Sivan niemand in Indien etwas vormachen. Am aufregendsten wohl eine lange Handkamerabewegung durchs Dorf der Kaschmir-Rebellen; strahlend schön - und fraglos kitschig - die ins Bild gerückten Berglandschaften, Frühlingsfelder, Wasserfälle. Dennoch bleiben die ästhetischen Reibungsflächen zu glatt: allzu eindeutig sind die Sympathien verteilt, zu patriotisch ist der Held und sind die Songtexte und gänzlich unüberzeugend gerät die Bekehrung des Rebellen.

 
 

 

 

 
 
"It is important to me that I make films I am proud of. And who said good films can't be entertaining."
(Interview mit Anita Nair)

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